Ein singender Oberbürgermeister:"With a little help from my friends"

Tobias Eschenbacher findet Zeit für seinen Festival-Auftritt - gerade noch

Birgit Goormann-Prugger und Kerstin Vogel

Ein bisschen Szenenapplaus gab es schon, als der neue Freisinger Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher am Donnerstag beim Uferlos-Festival ganz schnörkellos aus den Kulissen kam, sich ans Mikrofon stellte und - völlig unpolitisch - einen alten Beatles-Hit sang. "With a little help from my friends" war sein Titel, und manch ein Weggefährte im Publikum hat sich da sicher auch noch einmal an den Wahlkampf erinnert. Knapp drei Wochen ist es jetzt her, dass Eschenbacher den Chefsessel im Freisinger Rathaus übernommen hat - tatsächlich ist es auch immer noch der alte Stuhl auf dem er sitzt, trotzdem hat sich in dem alten Büro von Dieter Thalhammer schon einiges geändert.

Das fängt beim Computer an, der neuerdings auf diesem Schreibtisch steht und bei den Bildern. Thalhammers Auswahl hat Eschenbacher abhängen lassen und lässt nun die Holzvertäfelung für sich alleine wirken. "In bin ein historisch sensibler Mensch, für mich ist eine Holzvertäfelung ein Kunstwerk an sich", begründet er das. Zu den abgehängten Bildern gehören auch Konterfeis von Adolf Schäfer und Max Lehner. Die möchte Eschenbacher lieber dort platzieren, wo sie alle Freisinger Bürger sehen können, "Außerdem lasse ich mir bei der Arbeit nicht gerne über die Schulter schauen", sagt er scherzend. Neu aufsetzen und den Text ein wenig zeitgemäßer formulieren lassen, hat er auch die offiziellen Glückwunschschreiben an Jubilare, die er nun als Freisings Oberbürgermeister unterzeichnet. Dass er diesen Titel trägt, das gibt er zu, ist für ihn selbst noch ein wenig ungewohnt. "Neulich beim Wochenmarkt hat mich ein Standbesitzer mit ,Guten Morgen, Herr Oberbürgermeister' begrüßt, da habe ich mich fast erschrocken," erzählt Eschenbacher, der in den vergangenen Tagen eigentlich nur damit beschäftigt war, Antrittsbesuche zu absolvieren, sich im Rathaus überall vorzustellen und Besucher zu empfangen, die sich wiederum ihm vorstellen wollen. Wenn Eschenbacher wieder an seinem Schreibtisch sitzt, liegt ein Berg von Akten vor ihm, die er lesen und unterzeichnen muss. Auch das koste Zeit "und das habe ich ein bisschen unterschätzt", sagt er. Als er die Frage beantworten soll, wann er denn das letzte Mal einen Abend zu Hause verbracht hat, kann er sich nicht gleich erinnern und muss dafür in seinem I-Pad nachschauen. Es waren übrigens genau zwei Abende. Das es in diesem Arbeitstempo nicht weitergehen kann, weiß er. "Dann halte ich die nächsten acht Jahre nicht durch." Einpendeln will er sich auf "irgendetwas zwischen ununterbrochen und 40 Stunden".

Mit dem über das Internet organisierten Protest der Auenstraßenbewohner, die ihren Straßennamen entgegen einem Stadtratsbeschluss behalten wollen, sei es gleich "rasant losgegangen", erzählt Eschenbacher. Er glaubt, dass das auch ein Zeichen eines neuen Bürgerselbstbewusstseins ist. "Auf der ganzen Welt wollen die Menschen nicht mehr alles so einfach schlucken, was von oben beschlossen wurde. Ich finde das schön, das ist doch tolles Bürgerengagement". Auch das Internet habe da ein Übriges getan. "Man kann sich schnell vernetzen, miteinander kommunizieren, schnell mal was googeln". Wie hat sich nun der Umgang ihm gegenüber verändert? Für viele war Freisings neuer, junger Oberbürgermeister schließlich in der Vergangenheit einfach nur "der Tobi". Wer ihn vorher geduzt habe, der könne das auch jetzt tun. Manche, die "nur so halb vertraut" mit ihm gewesen seien, wirkten ein bisschen verunsichert. "Aber ich kann auch den Respekt von jemandem einfordern, mit dem ich per Du bin". Den Respekt verliere er auch nicht, wenn er mal als Sänger auf der Bühne stehe, meint er, "wobei ich davon ausgehe, dass solche Auftritte nicht mehr so oft vorkommen, allein aus Zeitmangel". Bleibt noch zu erwähnen, dass das Beatlesprojekt der Freisinger Musikschule auch in der Uferlos-Variante eine großartige, hochprofessionelle Abendunterhaltung war, die auch ohne Gastauftritt eines Oberbürgermeisters begeistert hätte. Sollte Eschenbacher in Zukunft trotzdem noch einmal mitsingen, könnten Titel wie "Help", "Eight days a week" oder "Fool on the hill" verräterisch wirken. "Come together" oder "I feel fine" dagegen würde man gerne als Botschaft des Stadtoberhaupts hören.

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