Tennis in der Region:Die falsche Jahreszeit

Tennis in der Region: Bei der SpVgg Zolling wird auch im Winter fleißig trainiert. Hier üben Anika, Amelia und Jasmin (v.l.) mit Trainer Iri Ciszewski den Volleyschlag am Netz.

Bei der SpVgg Zolling wird auch im Winter fleißig trainiert. Hier üben Anika, Amelia und Jasmin (v.l.) mit Trainer Iri Ciszewski den Volleyschlag am Netz.

(Foto: Marco Einfeldt)

Nach dem Grand-Slam-Erfolg von Angelique Kerber hatten auch die Tennisvereine im Landkreis Freising auf einen Boom wie in den Achtzigerjahren gehofft. Noch ist er ausgeblieben, bald könnte sich das aber ändern

Von Anna Dreher, Landkreis

Als alles vorbei war und die ganze Anspannung von ihr abfiel, ging sie zu Boden und weinte, 14 500 Kilometer entfernt sprangen alle auf und jubelten. Der Grand-Slam-Sieg von Angelique Kerber Ende Januar in Australien war mit seiner Dramaturgie und Geschichte ein besonders emotionaler, nicht nur für den Tennisprofi selbst, sondern für alle Fans und Spieler - besonders in Deutschland. 22 Jahre nachdem Stefanie Graf in Melbourne gewann und 17 Jahre nach dem letzten großen Turniersieg einer Deutschen, den 1999 ebenfalls Graf holte, hat Kerber Erinnerungen geweckt. Und Hoffnungen.

"Wenn jetzt Kinder, Jugendliche und Erwachsene zu uns kämen, die durch Kerbers Sieg einen Draht zum Tennis gefunden haben, wäre das schon schön", sagt Dieter Fahrmeier, Vorsitzender der SpVgg Zolling. "Aber so extrem wie damals wird es wohl nicht werden." Damals, das waren die Achtziger- und Neunzigerjahre, als neben der Rekordspielerin Graf auch Boris Becker und Michael Stich besonders erfolgreich waren. Tennis boomte, alle waren begeistert von diesem Sport. Die Mitgliedszahlen in den Vereinen stiegen so schnell an, dass mancher Club einen vorübergehenden Anmeldestopp verhängen musste. Seit dem aber ist die Euphoriewelle abgeebbt und die Vereine sind froh, wenn sie die Mitgliederzahlen stabil halten können. Vergangenes Jahr gab es in Bayern 2073 Vereine mit etwa 303 000 Mitgliedern, 2011 kamen auf 2141 Vereine noch 323 000 Personen.

"Wichtig wäre es, dass eine Deutsche Wimbledon oder die French Open im Juni und Juli gewinnen würde. Da ist mehr möglich als jetzt", sagt Zollings Sportwart Stefan Hegedusch. Denn: Gerade ist Hallensaison und in dieser haben die meisten Vereine weniger Plätze als auf den Außenanlagen, Trainingsstunden und Platzbuchungen sind oft schon im Oktober abgeschlossen - da bleibt wenig Spielraum für neue Mitglieder. "Aber auch so erinnern sich Eltern vielleicht an alte Zeiten und motivieren sich selbst und ihre Kinder, dann im Frühjahr und Sommer Tennis zu spielen", sagt Hegedusch. Die Tennisabteilung in Zolling könne bei etwa 340 Mitgliedern, davon an die 50 Kinder, jedoch nicht klagen. Die Talsohle sei vor drei Jahren durchschritten worden.

Auch der TC Au in der Hallertau hat bis jetzt nicht durch neue Mitgliedsanträge von Kerbers Grand-Slam-Sieg profitiert. Auch hier liegt das an der Jahreszeit: Der TC Au hat keine Tennishalle, der Spiel- und Trainingsbetrieb pausiert daher im Winter. Erst im April werden hier wieder Vorhand und Rückhand geschlagen. "Ich glaube aber schon und hoffe natürlich, dass der Titel auch auf uns Auswirkungen hat. Vor allem, wenn weitere Erfolge dazukommen sollten", sagt Vorsitzender Franz Asbeck. "Die Mitgliederzahlen sind ja bei den meisten Clubs nicht ganz so erfreulich. Kinder und Jugendliche haben weniger Freizeit und dafür mehr Angebote als früher. Aber Idole animieren ja immer zum Nacheifern."

Alois Birnkammer, Sportwart des TC Moosburg, will die wärmeren Monate abwarten, wenn die Plätze wieder geöffnet sind: "Ich finde, gerade kann man noch gar nichts sagen." Norbert Daimer, Vorstand des TCM, ergänzt: "Vor allem müssen die Vereine selbst etwas tun. So ein Selbstläufer wie bei Graf und Becker wird das nicht. Und selbst wenn - ich weiß gar nicht, wie groß unsere Kapazitäten bei den Plätzen und Trainerstunden noch wären." Der TC Moosburg gehört mit seinen etwa 400 Mitgliedern zu den größeren Vereinen im Landkreis - und im ganzen Bundesland. "Durchschnittlich haben die Vereine im Bayerischen Tennis-Verband 146 Mitglieder. In Bayern gibt es nur 57 Vereine mit mehr als 400 Mitgliedern", sagt Achim Fessler, Pressesprecher des BTV. "Aber der Verband hat 2015 ein umfangreiches Programm aufgelegt, mit dem spätestens ab 2018 wieder ein Mitgliederwachstum erreicht werden soll. Und wir hoffen natürlich alle auf einen nachhaltigen Angie-Effekt bei den Vereinen."

Auch beim TV Nandlstadt wäre ein Zuwachs gerne gesehen. "Grundsätzlich haben eigentlich alle Vereine in der Region Probleme mit dem Nachwuchs", sagt Nandlstadts Vorstand Ludwig Langwieser. "Aus diesem Grund sind wir letztes Jahr auf das Schulprojekt 'Sport nach 1' aufgesprungen, in der Hoffnung, junge Menschen für den Tennissport zu begeistern. Mal sehen, was am Ende des Schuljahres als Ergebnis zu verzeichnen ist." Die Zeugnisse gibt es bekanntlich im Sommer - bis dahin könnte in Wimbledon, bei den French Open in Paris und den US Open in New York noch der ein oder andere Titel eines deutschen Tennisprofis dazugekommen sein.

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