Asylbewerber in der Turnhalle:"Da gibt es keine Diskussion"

Asylbewerber in der Turnhalle: Damit eine Turnhalle zum Schlafsaal werden kann, werden wie hier in der Freisinger Wirtschaftsschule Trennwände aufgestellt.

Damit eine Turnhalle zum Schlafsaal werden kann, werden wie hier in der Freisinger Wirtschaftsschule Trennwände aufgestellt.

(Foto: Marco Einfeldt)

Für Gertraud Weber, Leiterin der Echinger Realschule, ist es eine Selbstverständlichkeit, die Turnhalle vorübergehend für Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen. Die Gemeinde sucht unterdessen neue Räume für die Sportvereine.

Von Kerstin Vogel

In der Turnhalle der Echinger Realschule sollen in den kommenden Wochen 240 Flüchtlinge eine vorübergehende Bleibe finden. Das hat mit Beginn des Schuljahrs am 15. September natürlich Konsequenzen für den Sportunterricht. Aktuell wird noch nach Ausweichmöglichkeiten gesucht, doch Schulleiterin Gertraud Weber räumt ein, dass Sportstunden ausfallen könnten.

Ebenfalls noch nicht geklärt ist, wie es für die Sportvereine weitergeht, die sich in die Halle der Realschule eingemietet haben. In der Gemeindeverwaltung hat man die Liste der betroffenen Vereine gerade erst vom Landratsamt erhalten und prüft nun, ob es in der Schule an der Danziger Straße oder in der Dreifachturnhalle an der Dietersheimer Straße Kapazitäten zumindest für die Ortsansässigen gibt. "Es könnte aber sein, dass auswärtige Vereine in den kommenden Wochen hintan stehen müssen", heißt es im Rathaus.

Klare Haltung der Schule

Nachdem sich die Echinger von der Entscheidung des Landratsamts, weitere Asylbewerber in die Gemeinde zu schicken, Anfang September etwas überrumpelt fühlten, hat zumindest die Realschule zu einer klaren Haltung gefunden, die sich auf ihrer Homepage nachlesen lässt: "Auch wenn es zu Einschränkungen kommen wird, sehen wir es als Schule, die Imma Mack als Namenspatronin hat und demnächst als ,Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage' ausgezeichnet wird, als selbstverständlich an, den Menschen, die ihre Heimat verlassen mussten, auf diese Weise zu helfen." Imma Mack schmuggelte als Ordensschwester Essen und Briefe ins Dachauer KZ.

Asylbewerber in der Turnhalle: Ein Bett und ein Stuhl pro Asylbewerber: So spartanisch ist die Ausstattung in der Turnhalle der Freisinger Wirtschaftsschule.

Ein Bett und ein Stuhl pro Asylbewerber: So spartanisch ist die Ausstattung in der Turnhalle der Freisinger Wirtschaftsschule.

(Foto: Marco Einfeldt)

Das klare Bekenntnis zur Hilfe unterstreicht Schulleiterin Weber auch kurz vor Schuljahresbeginn noch einmal: "Da gibt es keine Diskussion, das ist eine Aufgabe, die wir gemeinsam meistern müssen", sagt sie - und auch wenn anderswo schon Eltern protestieren, weil sie um den Sportunterricht ihrer Kinder fürchten: Gertraud Weber hat noch keine einzige negative Rückmeldung erhalten, wie sie sagt. Die Sportlehrer seien noch nicht im Haus, trotzdem habe man mit der Suche nach Ausweichquartieren begonnen. Die nahe Grundschule an der Nelkenstraße sei sehr kooperativ, die Halle dort jedoch sehr klein. Auch bei der Mittelschule habe man schon angefragt, so Weber - allzu weit von der Realschule entfernt dürften die Ausweichräume jedoch nicht liegen, sonst rentiere sich der Umzug für die Sportstunde nicht. Solange das Wetter schön bleibe, könne man Sport im Freien anbieten, andernfalls drohten schon Ausfälle.

Weber appelliert deshalb dringend an die Gemeinde, die geplante Traglufthalle zwischen Kleist- und Goethestraße, in welche die Flüchtlinge umziehen sollen, möglichst bald aufzustellen und bezugsfertig zu machen. Dabei geht es ihr allerdings nicht allein um den Sportunterricht ihrer Schüler, wie sie klarstellt: "So eine Unterbringung in einer Turnhalle kann ja nicht das Ziel sein. Das ist, was die Menschenwürde angeht, hart an der Grenze."

Nicht wegschauen

Ähnlich sieht das Werner Kusch, Leiter der Freisinger Wirtschaftsschule. Auch er wird mit Beginn des neuen Schuljahres nicht über die Sporthalle seiner Schule verfügen können, weil diese anders als geplant immer noch mit Flüchtlingen belegt ist. "Bis Januar", sei ihm gesagt worden, "doch wenn man sich die Flüchtlingsströme anschaut, kann es natürlich sein, dass die Halle länger beschlagnahmt bleibt", so Kusch. Der Elternbeirat habe sich an Landrat Josef Hauner gewendet und gebeten, so schnell wie möglich Abhilfe zu schaffen. Ansonsten sehe man die Sache pragmatisch, so Kusch: "Für das Flüchtlingsproblem braucht es eine europäische Lösung. Bis dahin können wir nicht wegschauen. Also müssen wir den besten Weg finden."

Kusch hat schon im Juli "alle angeschrieben, die Hallen haben", andere Schulen, das Eisstadion, das Hallenbad. Sehr solidarisch habe sich das nahe Camerloher-Gymnasium gezeigt, wohin man nun teilweise ausweichen könne, sogar Fitnessstudios und der Alpenverein mit seiner Boulderhalle hätten sich den Wirtschaftsschülern angeboten, so Kusch. Nun werde man einen Teil des Sportunterrichts ins Freie verlegen, vielleicht Jogging-Tage einlegen und vermehrt ins Eisstadion gehen, so sein Plan. Ganz ohne Ausfälle werde es trotzdem nicht gehen, bedauert er - und das sei natürlich nicht gut, kämpfe man doch bei den Schülern heutzutage schon in jungen Jahren gegen Übergewicht und bräuchte die Sportstunden daher dringend.

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