Eching:100 spannende und volle Tage

Eching: Der Sprung ins unbekannte Rathaus, Sebastian Thaler hat ihn geschafft.

Der Sprung ins unbekannte Rathaus, Sebastian Thaler hat ihn geschafft.

(Foto: Marco Einfeldt)

Der parteilose Bürgermeister Sebastian Thaler zieht eine erste positive Bilanz seiner Amtszeit. Noch sammelt er Erfahrungen, Duftmarken will der 30-Jährige erst setzen, wenn er sich fundiertes Wissen angeeignet hat

Interview von Klaus Bachhuber, Eching

Vor einem Jahr war Sebastian Thaler Münchner und Projektmanager bei Siemens; jetzt ist der 30-jährige Dietersheimer und Bürgermeister von Eching - und das auch schon wieder gut 100 Tage. Die SZ hat mit ihm über die ersten Monate im Rathaus gesprochen.

SZ: Als Neuling in Eching, in Verwaltungsarbeit und in Kommunalpolitik - was hätten Sie so gar nicht erwartet?

Sebastian Thaler: Sehr positiv überrascht hat mich das Echo aus der Bevölkerung. Ich habe viel Zuspruch dafür erhalten, dass ich das Amt des Bürgermeisters angetreten habe - von allen Seiten und über alle Parteigrenzen hinweg. Mir ist jedoch bewusst, dass dies Vorschusslorbeeren sind und ich die hohen Erwartungen nach und nach mit Leistung erfüllen muss. Die Mechanismen einer guten deutschen Verwaltung konnten mich bisher nicht erschrecken, war ich doch von Siemens perfekte Prozesse gewöhnt. Ganz im Gegenteil - ich war sogar oft positiv überrascht, wie schnell manche Vorgänge im Echinger Rathaus erledigt werden. Einzig bei einigen rechtlichen Bestimmungen und daraus resultierenden Gerichtsverfahren fällt man als Nicht-Verwaltungsjurist manchmal vom Glauben ab. Eine Stilblüte ist, dass wir erst im Dezember 2016 die Endabrechnung für unseren im Jahre 2000 eingeweihten Autobahnanschluss A 92 Eching-Ost erhielten, von Gerichts- und Anwaltskosten ganz zu schweigen. Den Ortswechsel vom pulsierenden Schwabing ins beschauliche Dietersheim haben wir sehr gut verkraftet.

Bei Ihren ersten Bürgerversammlungen wirkten Sie präpariert und sattelfest. Wie fit fühlen Sie sich nach 100 Tagen?

Durch den intensiven Wahlkampf wusste ich schon vor Amtsantritt über viele Themen ganz gut Bescheid. Über manches sogar mehr als mir lieb war. Bevor ich im Rathaus gestartet bin, konnte ich von vielem allerdings nur oberflächlich wissen oder erhielt natürlich eine recht einseitige Sicht aus dem Kreise meiner Unterstützer vermittelt. Während der ersten Monate habe ich nun ein komplettes Bild erhalten. Förmlich überrollt haben mich die vielen Termine in den ersten vier Monaten. Ich erinnere mich lediglich an einen Tag, an dem ich zwischendurch einmal drei Stunden Luft zum Durchatmen hatte, sonst ging es Schlag auf Schlag. Aber ich will nicht jammern, denn es war eine sehr interessante, wenn auch anstrengende Zeit und die Arbeit bereitet mir Freude. Ich muss nur lernen, mehr Arbeiten zu delegieren und weniger selbst erledigen zu wollen.

Abgesehen von neuen Öffnungszeiten im Rathaus und kosmetischen Korrekturen an den Rathausplänen: Haben Sie schon irgendwo Ihre Handschrift eingebracht?

Im September bin ich mit vielen neuen Ideen, reichlich Einflüssen von außen und zahlreichen Ratschlägen Dritter ins Amt gestartet. Hätte ich direkt eine Duftmarke setzen wollen, hätte ich im Eiltempo zahlreiche Änderungen in Verwaltung und Gemeinde vornehmen können. Das ist jedoch nicht meine Art, denn ich möchte eigene Erfahrungen sammeln, um fundierte Entscheidungen treffen zu können, anstatt mich auf die Ratschläge anderer zu verlassen. Nicht jede Änderung ist notwendig und gut und nicht alles bisher Praktizierte ist automatisch schlecht. Die Wichtigste mir von vielen Kollegen bestätigte Änderung ist, dass die Beschäftigten merken, dass da ein junger dynamischer Mann an der Spitze steht, der sich für ihre Arbeit interessiert und sie wertschätzt. Das gleiche gilt auch für die Bürger, denen ich versuche, offen gegenüber zu treten. Zu einigen Projekten, wie dem weiteren Breitbandausbau, dem Aufbau eines öffentlichen Wlan-Netzes, der Förderung der Elektromobilität sowie dem "Online-Bürgerbüro" und einer neuen Gemeinde-Homepage habe ich umgehend Förderanträge auf den Weg gebracht und erste Beauftragungen erteilt. Und bei unserem - von mir nicht favorisierten - Rathaus-Umbau handelt es sich durchaus um größere Korrekturen, die ich mir vom Gemeinderat in meiner ersten Sitzung freigeben ließ. Es könnte ein völlig anderes Rathaus werden als bisher geplant.

Ihr Fahrplan für 2017?

Jetzt begebe ich mich auf dünnes Eis, da ich die zeitliche Dimension vieler Projekte noch nicht abschätzen kann. Mein Wunsch und Plan für 2017 ist es, den Radweg an der Garchinger Straße zu bauen, Fördermittel sind bereits in Aussicht, das Baugebiet an der Böhmerwaldstraße baureif und in die Vergabe zu bekommen, das dafür notwendige Einheimischen-Modell mit dem Gemeinderat zu erarbeiten, die Baugebiete Eching-West und Dietersheim Süd-Ost zu einem satzungsreifen Bebauungsplan voranzubringen, die Umfahrung für Dietersheim gemeinsam mit Garching und Neufahrn sowie der TU München zu beschleunigen, die Gestaltung des Hollerner Sees gemeinsam mit Unterschleißheim zu beschließen, das Neubauvorhaben der Firma "Ikea" genehmigungsrechtlich voranzubringen, einen Entwurf für ein zweckdienliches Feuerwehrhaus für Günzenhausen in Auftrag zu geben und ein funktionales Rathaus final zu planen. Unterwegs hoffe ich, viele positive Überraschungen einsammeln zu können. Wenn ich einmal träumen darf, dann würde ich mir die Akquise eines neuen, ertragreichen Gewerbebetriebs wünschen, dessen Steuerkraft uns mehr Spielraum für die vorher aufgelisteten Projekte ermöglicht.

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