Eching:Der Gemeinderat verlässt das Rathaus

An diesem Dienstag findet die letzte Versammlung im jetzigen Sitzungssaal statt, der Bauausschuss macht das Licht aus. Weil das nahe Alten- und Servicezentrum behindertengerecht ist, tagt man dort, bis alles saniert ist

Von Klaus Bachhuber, Eching

Als der Echinger Gemeinderat am 16. Oktober 1973 entschied, im neuen Handwerkerhof nördlich der Bahn einen Bauhof aufzubauen, war dies ein historischer Beschluss. Weniger wegen des Bauhofs, der ist in der Form nie gekommen; aber das mit 17:2 Stimmen gefasste Votum war der erste Gemeinderatsbeschluss im neuen Rathaus. Fast 44 Jahre lang wurde die Echinger Ortspolitik seither in dem Sitzungssaal gemacht, der mit seiner Glasfront so markant aus dem Rathaus in den Ort ragt. Als Vorbote des anstehenden Rathausumbaus hat der Gemeinderat nun das Kapitel geschlossen. Die Sitzung des Bau- und Planungsausschuss an diesem Dienstag ist die letzte in dem Saal.

Weil der Sitzungssaal im ersten Stock des Rathauses nicht behindertengerecht ist, hat sich das Gremium zum Umzug in das nahe Alten- und Service-Zentrum entschieden. Während des geplanten Umbaus ist das Rathaus ohnehin nicht mehr zugänglich. Vor dem Bau des Rathauses hatte der Gemeinderat im Schulhaus an der Danziger Straße getagt. Am 1. Oktober 1973 zog die damals elfköpfige Gemeindeverwaltung mit dem damals gut ein Jahr amtierenden Bürgermeister Joachim Enßlin (SPD) in den Neubau um. Am 2. Oktober war schon eine Sitzung anberaumt, die aber wurde nochmals in der Schule abgehalten. Erst am 16. Oktober war Premiere im neuen Saal. Weil der Gemeinderat damals 20 Mitglieder zählte, ein Wachstum auf 24 aber absehbar war, wurde der massive Ratstisch als ideelles Zentrum des Gebäudes bereits auf 24 Plätze ausgerichtet. In den Anfangsjahren war das Vieleck allerdings noch nicht geschlossen, die 20 Räte saßen in einer Art Hufeisen.

Der erste Tagesordnungspunkt der ersten Sitzung, der 1973 behandelt wurde, fasst wie eine Inhaltsangabe die Themen zusammen, die im Sitzungssaal über Jahre präsent blieben: "Großflughafen München II, Standortübungsplatz, Großkläranlage". Weiter wurde in der Premierensitzung der Vorschlag des Landratsamtes akzeptiert, dass die Orte Deutenhausen, Günzenhausen und Ottenburg nach Eching eingemeindet werden sollten. Zur Betreuung der Jugendlichen wurde ein Sozialarbeiter eingestellt, die Raiffeisenbank in die freien Räume im Rathausneubau eingemietet und eine neue Erschließungskostenbeitragssatzung einstimmig verabschiedet. Aus dem Gemeinderat wurde eine Zusammenstellung angefragt, "wie viele Gastarbeiter in der Gemeinde Eching ansässig sind und in welchen Betrieben sie arbeiten". Um 22.15 Uhr war die erste Sitzung zu Ende.

Wie viele werden in den 44 Jahren seither gefolgt sein? Die Gemeinderatsausschüsse tagten zunächst im kleinen Sitzungssaal, ehe das Kämmerchen Mitte der 1990-er Jahre ausrangiert wurde und fortan nur noch als Besprechungszimmer diente. Dienstag, 19 Uhr, ist seit dem 16. Oktober 1973 regelmäßig und fast wöchentlich - außer in Schulferien - die Schaltzentrale der Ortspolitik. Dort wurden die Bürgermeister Rolf Lösch, Josef Riemensberger und Sebastian Thaler vereidigt. Die Beschlüsse seither werden in die Tausende gehen. Von Grundsatzentscheidungen, die den Ort prägen, über parteipolitische Scharmützel nach jeweiligem Zeitgeist, bis immer wieder hin zu Verwaltungsungetümen, die seit der Erschließungskostenbeitragssatzung aus dem Jahr 1973 nicht unkomplizierter geworden sind. Statistiker könnten auch eruieren, wer die meisten Sitzungen absolviert haben mag. Erhard Engelhardt, der ab der ersten Sitzung 30 Jahre im Gemeinderat war? Josef Riemensberger, 26 Jahre im Gremium, aber in 18 Jahren als Bürgermeister bei jeder Sitzung dabei? Oder Hans Grassl, jetzt 27 Jahre Gemeinderat?

In den Saal hat's seit Jahren reingeregnet, das Klima war im Sommer unerträglich. "Geschmückt" war er, nach karger Echinger Art, mit Luftbildaufnahmen der Gemeinde, mutmaßlich nur wenig jünger als der Saal selbst. Am Dienstag ist nun Schluss. Wenn Bürgermeister Thaler die Bauausschusssitzung beendet - mit hoher Wahrscheinlichkeit später als 22.15 Uhr -, ist der Raum als Sitzungssaal Geschichte.

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