Durch die Gewächshäuser:"Man muss der Pflanze ansehen, wann sie was braucht"

Durch die Gewächshäuser: Pflanzen aus dem Reagenzglas sind das Spezialgebiet von Professor Dr. Bernhard Hauser, der Freizeitgärtner am Wochenende in das Thema einführte.

Pflanzen aus dem Reagenzglas sind das Spezialgebiet von Professor Dr. Bernhard Hauser, der Freizeitgärtner am Wochenende in das Thema einführte.

(Foto: Marco Einfeldt)

Beim Weihenstephaner Tag für den Freizeitgartenbau lernen die Besucher, was man tun muss, damit alles sprießt, blüht und später Früchte trägt

Von Katharina Horban, Freising

Grüne Knödel sind systematisch in Petrischalen und anderen Plastikbehältern aufgereiht. Manche sind noch ganz klein, andere haben angefangen zu sprießen. Über das Mikroskop wird der Inhalt einer Petrischale auf einen größeren Bildschirm projiziert, die winzigen grünen Arme der Pflanzenteile wirken ganz groß. "Die Pflanzen können eine Menge. Eine einzelne Zelle kann den gesamten Organismus wieder neu entwickeln", klärt Professor Bernhard Hauser über die In-vitro-Kultur auf.

Am Samstag hat er mit seinem Team beim Weihenstephaner Tag für den Freizeitgartenbau ein abwechslungsreiches Programm auf die Beine gestellt, etwa 180 Anmeldungen hat die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf verzeichnet. Nach einem theoretischen Teil am Vormittag ging es in Kleingruppen am Nachmittag in die Gewächshäuser und Gärten der verschiedenen Institute.

"Wir hegen und pflegen unsere Pflanzen halt in anderen Gefäßen", antwortet Hauser auf die skeptische Nachfrage einer älteren Dame. Pflanzen aus dem Reagenzglas wirken erst einmal befremdlich, sind aus unserer Gesellschaft aber nicht mehr wegzudenken. Für die Massenvermehrung von Pflanzen wie Jungpflanzenproduktion, Vernichtung von Krankheitserregern und Pflanzenzüchtung ist die Zell- und Gewebekultur essenziell. Bei einer von Viren befallenen Pflanze nimmt man die oberste Triebspitze ab. Nach sechs bis acht Wochen kann dieser Trieb wieder ins Gewächshaus gebracht werden, die kranke Pflanze wurde gerettet. "Durch eine Verdopplung des Chromosomensatzes bekomme ich größere Pflanzen", berichtet Hauser. So kann man bereits im Labor das Erscheinungsbild und die züchterische Aufspaltung entscheidend mitbestimmen. Auch eine Rückkreuzung der Pflanze ist manchmal sinnvoll, denn man wolle schließlich keine Pflanze mit Dornen im Salat. Resistenzen gegen Blattläuse bei Salatpflanzen werden so erzeugt. Der Professor hat auch einige Präparate seiner Studenten mitgebracht, hält gute und weniger gut gelungene Exemplare in die Höhe: "Hier haben sich Bakterien gebildet. Da weiß ich, wo die Schwätzer gesessen sind", sagt er grinsend. Was im kleinen Rahmen an der Hochschule beginnt, schafft es bis in die Regale der Gärtnereien: Orchideen werden zum großen Teil aus in vitro vermehrten Jungpflanzen produziert.

Bewundernd stehen die Zuhörer vor üppig blühenden Beet- und Balkonpflanzen, diese decken die ganze längliche Wand des Gewächshauses ab. Hans-Peter Haas, Betriebsleiter für Zierpflanzenbau, gibt Ratschläge, wie so eine Blütenpracht zuhause gelingen kann. Neben dem regelmäßigen Gießen ist das Erfolgsgeheimnis der richtig ausgewählte Dünger, Hormone würde er den Pflanzen nicht geben. Doch es ist nicht so leicht, den richtigen Dünger zu finden. Schafwolle, Maisprotein oder Hornklee sind nur ein paar Beispiele für organische Dünger. "Man muss der Pflanze ansehen, wann sie was braucht", betont Haas ausdrücklich. Auch Thomas Jaksch gibt seine jahrzehntelange Berufserfahrung an seine Zuhörer weiter. Im heimischen Garten lassen sich mit dem nötigen Wissen nämlich Pflanzen vermehren. Die Süßkartoffel kauft man am einfachsten im Vorjahr im Gartencenter, erntet im Herbst die Knollen und lagert diese über den Winter bei etwa 13 Grad. Im nächsten Frühling sollte man sie für etwa drei Wochen in die Wärme legen, bis Sprösslinge austreiben. Dann werden die neuen Süßkartoffelpflanzen in die Erde gepflanzt.

Die Tomaten könnten unterschiedlicher nicht sein. Mit der Hybridsorte "Mountain Magic" bekommt man kugelrunde, gleichmäßige Tomaten - sät man die Samen dieser Früchte wieder aus, erntet man ovale oder auch spitze Früchte. "Die Weitervermehrung von Hybridsaatgut ist reines Glücksspiel", eröffnet Katrin Kell der Gruppe. Sie ist technische Leiterin des Kleingartens für Gemüse und gibt wertvolle Tipps für den Umgang mit Tomaten, Feldsalat und Petersilie. Gärtnern ist lebenslanges Lernen, auch Kell ist schon auf die Nase gefallen. Und doch findet sie es immer wieder faszinierend, was ein Organismus, der nicht weglaufen kann, sich alles einfallen lasse.

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