Dritte Startbahn:Der "Ergraute" wehrt sich

Aufgemuckt-Sprecher Hartmut Binner beschwert sich bei Söder über die "unglaublich taktlose Beleidigung" von FMG-Chef Kerkloh

Von Birgit Goormann-Prugger, Freising

Sind die Demonstrationen gegen die dritte Startbahn etwa nur eine Protestaktion von ergrauten Pensionären mit viel Zeit? Es protestiere doch vor allem die Rentnergeneration und diese Generation der über 70-Jährigen brauche sich schließlich nicht mehr darum zu kümmern, wie es in 50 Jahren um den Wohlstand in Bayern bestellt sei, hatte Flughafenchef Michael Kerkloh in der jüngsten Ausgabe des Spiegel erklärt.

Wenn der FMG-Chef am Sonntagabend bei der Großkundgebung jedoch in der Freisinger Innenstadt dabei gewesen wäre, hätte er schnell bemerken können, dass das nicht etwa nur ein Aufmarsch der "Silver Ager" war. Unter den 2000 Teilnehmern waren auch viele junge Familien mit ihren Kindern, um gegen das Flughafen-Ausbauprojekt zu protestieren. Dennoch: Es sei doch interessant, dass der Anführer des Protestes ein 75-jähriger Pensionär sei und nicht jemand, der aktiv im Berufsleben stehe, hatte Kerkloh weiter gesagt und damit Aufgemuckt-Sprecher Hartmut Binner im Visier. In einem offenen Brief an den Aufsichtsratsvorsitzenden der FMG, Finanzminister Markus Söder, beschwert sich Aufgemuckt jetzt über diese "diffamierenden Aussagen eines Flughafenchefs" und fordert von Söder, den FMG-Chef "Zur Ordnung zu rufen". Es sei eine "unglaublich taktlose Beleidigung" , wenn Kerkloh die Rentnergeneration als verantwortungslose Egoisten darstelle, denen die Zukunft egal sei. Viele Startbahngegner, ob jung oder alt, kämpften um den Erhalt ihrer Heimat. Gerade Söder als Heimatminister müsse dafür doch besonderes Verständnis haben. Im übrigen befänden sich 80 Prozent der Aktivisten bei Aufgemuckt noch im Berufsleben und im Sprecherrat von Aufgemuckt arbeite nur ein Pensionär. Kerkloh diskriminiere überdies mit seinen Äußerungen ältere Gegner von "menschenverachtenden Projekten" in unsäglicher Weise. Einer Protestbewegung werde allein mit Bezug auf das höhere Alter das Recht auf die Sorge um eine noch lebenswerte Zukunft für ihre Kinder und Enkelkinder abgesprochen.

Großkundgebung gegen 3. Startbahn

Unter den 2000 Teilnehmern waren auch viele junge Familien mit ihren Kindern, um gegen das Flughafen-Ausbauprojekt zu protestieren.

(Foto: Lukas Bart)

Für anmaßend halten die Startbahngegner auch Kerklohs Bemerkung, die dritte Startbahn bringe Vorteile für 80 Millionen Deutsche. Das sei "grundfalsch". Die meisten Flughäfen steckten trotz Subventionen in den roten Zahlen. Die deutsche Wirtschaft - vor allem die bayerische - wachse dennoch prächtig und exportiere auch mit nur zwei Startbahnen. Kerkloh wolle nur davon ablenken, dass die Wirtschaft den Flugverkehr trage und nicht umgekehrt. Er wolle verschleiern, dass er im Ressourcen verschleudernden Wettbewerb zwischen den Flughäfen nur einen Vorteil für die FMG erwarte.

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