Zukunft im Landkreis Freising:Podiumsdiskussion der Jung-Politiker

Junge Politiker diskutieren bei der ökumenischen Hochschulgemeinde Freising: Mit dabei sind die Bundestagskandidaten Andreas Mehltretter (SPD), Robert Weller (Freie Wähler) und Johannes Huber (AfD).

Von Petra Schnirch, Freising

Jung-Politiker haben vier Monate vor der Bundestagswahl den Anfang gemacht: Im Saal der ökumenischen Hochschulgemeinde Freising diskutierten sie am Montagabend vor etwa 70 Zuhörern über Europa und die Energiepolitik, den Wohnungsmarkt und den öffentlichen Personennahverkehr. Auf dem Podium saßen Jens Barschdorf (FDP), Johannes Huber (AfD), Emilia Kirner (ÖDP), Verena Kuch (Grüne), Andreas Mehltretter (SPD), Simon Pfenninger (Linke), Simon Schindlmayr (CSU) und Robert Weller (Freie Wähler). Huber, Mehltretter und Weller sind Bundestagskandidaten ihrer Parteien. Es moderierten Hochschulpfarrerin Anne Lüters und SZ-Redaktionsleiterin Kerstin Vogel.

Europapolitik - Den Zusammenhalt stärken, das ist fast allen ein zentrales Anliegen. Skepsis zeigt nur die AfD

Den Zusammenhalt in Europa stärken - das ist fast allen der jungen Politiker ein zentrales Anliegen, Skepsis zeigt hier nur die AfD. Die größte Herausforderung sei, dass auch junge Leute an Europa glauben, sagte ÖDP-Politikerin Emilia Kirner. Die 19 Jahre alte Studentin der Ernährungswissenschaft setzt sich dafür ein, auch die Zusammenarbeit im kulturellen Bereich auszubauen. Einen Schritt weiter geht Jens Barschdorf: Der 35-jährige Patent- und Markenreferent fordert eine Stärkung des Europäischen Parlaments, es sollte mehr gestalten dürfen, findet er. Ganz anderer Meinung ist Johannes Huber: Europa sollte nicht "so überbetont" werden, sagte der 30-jährige Finanzbuchhalter. Er warnte davor, die eigenen Wurzeln aufzugeben und forderte mehr Mitbestimmung in Europa für die Bürger. Verena Kuch hielt dagegen, dass "wir neue Wurzeln schlagen, wenn wir als Europäer zusammenstehen". Die 20 Jahre alte Grünen-Politikerin studiert Geografie und arbeitet im Landtag.

Für ein Europa der unterschiedlichen Geschwindigkeiten treten sowohl Simon Schindlmayr als auch Andreas Mehltretter ein. Ziel sei so etwas wie eine europäische Identität, sagte der CSU-Politiker. Wenn man jedoch keine gemeinsamen Lösungen finde, müsse man Partner in der EU suchen, mit denen die Umsetzung möglich sei. Für Mehltretter ist das "der Königsweg", er wünscht sich aber mehr Tempo. Und der 25 Jahre alte Student der Volkswirtschaftslehre und Politikwissenschaften fügte hinzu: "Ich fühle mich als Freisinger, Bayer, Deutscher, warum nicht auch als Europäer?".

Zukunft im Landkreis Freising: Der Mann mit der Hupe: Florian Hartmann trötete im Saal der Hochschulgemeinde unerbittlich dazwischen, wenn einer der Diskussionsteilnehmer auf dem Podium zu lange redete. Anders als viele Berufspolitiker hielten sie ihre Beiträge jedoch eher kurz.

Der Mann mit der Hupe: Florian Hartmann trötete im Saal der Hochschulgemeinde unerbittlich dazwischen, wenn einer der Diskussionsteilnehmer auf dem Podium zu lange redete. Anders als viele Berufspolitiker hielten sie ihre Beiträge jedoch eher kurz.

(Foto: Marco Einfeldt)

Angesprochen auf einen EU-Beitritt der Türkei, meinte Weller, dies sei "sehr schwer zu handeln". Europa sei eine Wertegemeinschaft und das, was der türkische Staatschef Erdoğan derzeit an den Tag lege, passe nicht dazu. Pfenninger ergänzte: "Wer die Meinungsfreiheit mit Füßen tritt, kann in Europa keine Zukunft haben."

Energiepolitik - "Allein können wir schlecht das Klima retten"

Die Energiewende ist für ÖDP-Politikerin Emilia Kirner eines der Themen der Zukunft. Atomenergie hat für sie keine Zukunft, zumal die Endlager-Frage nicht geklärt ist. Wie aber kann die Umstellung finanziert werden? Barschdorf nannte es "übertrieben", dass der reine Strompreis bei 19,3 Prozent der pro Kilowattstunde erhobenen Summe liegt, der Rest seien Steuern und Umlagen. Die hätten vor allem die privaten Haushalte zu bezahlen. Dass Betriebe, vor allem wenn sie nicht im internationalen Wettbewerb stehen, davon ausgenommen seien, versteht er nicht.

Deutschland komme bei der Energiewende eine Vorreiterrolle zu, sagte Simon Schindlmayr. "Allein aber können wir schlecht das Klima retten." Investitionen in innovative Energienutzungssysteme werden sich aber auch wirtschaftlich auszahlen, davon zeigte sich der 32-jährige Politikwissenschaftler überzeugt. Gerade junge Leute an den Hochschulen müssten hier angesprochen werden, meinte Verena Kuch. "Hier ist ganz viel Wissen, ganz viel Energie." Und an den Universitäten könne man noch weitgehend unabhängig forschen, ergänzte Robert Weller. Der 32 Jahre alte Polizeibeamte macht sich, wie Kuch, für eine regionale Stromerzeugung stark. AfD-Politiker Huber hält es dagegen nicht für nötig, den Anteil erneuerbarer Energien zu erhöhen. "Wir haben genug Strom-Energie", ein Teil werde sogar nach Österreich geschickt, deshalb sollte es keine weitere Förderung geben. Auch gegen den Ausbau der Windenergie sprach er sich aus, dies sei nicht ökonomisch und verschandele die Landschaft.

Strukturpolitik - "Wo keine Arbeitsplätze entstehen, wollen auch keine Leute wohnen"

Der soziale Wohnungsbau müsse gestärkt werden, forderte Simon Pfenninger. Er habe selbst die Erfahrung gemacht, wie schwer es ist, eine Wohnung zu finden, schilderte der 19-Jährige, der in Freising die FOS besucht. "Ich war sogar zwei Wochen obdachlos." Den Kommunen würden vom Bund viel zu viele Schwierigkeiten gemacht, um entsprechende Programme umzusetzen, klagte Weller.

Damit sich die Situation in den Ballungsräumen nicht weiter zuspitzt, müssten der öffentliche Personennahverkehr ausgebaut und neue Arbeitsplätze im ländlichen Raum geschaffen werden, sagte Kirner. Dazu gehören laut Mehltretter gute Internetverbindungen. "Wo keine Arbeitsplätze entstehen, wollen auch keine Leute mehr wohnen."

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