Die Jazz-Sängerin kommt immer wieder nach Freising zurück:"Die Musik ist ein ganz wichtiger Punkt für mich"

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Ein Leben ohne Musik ist für Jazz-Sängerin Julia Schröter undenkbar. Sie ist viel unterwegs, kommt aber immer wieder nach Freising zurück. (Foto: Christian Stockmann)

Julia Schröter ist mit ihren Bands eine feste Institution in der Domstadt. Für ihre Lieblingskneipe Abseits leitet sie sogar einen Chor, der mit Gesang gegen den Abriss des Lokals protestiert. Im Herbst geht sie mit dem größten Gospelchor der Welt auf Tour

Interview von Rebecca Seeberg, Freising

Mittags in Freising. An der Karlwirt-Kreuzung brummen die Autos, die Sonne knallt auf puterrote eingezogene Fußgänger-Köpfe. Nicht nur die Ampel schaltet an diesem heißen Sommertag auf rot. Doch Julia Schröter ist nichts davon anzumerken. Entspannt zurückgelehnt spricht sie mit melodischer Stimme über musikalischen Protest, Inspiration und natürlich über Jazz.

SZ: Was bedeutet Jazz für Sie?

Julia Schröter: Ich mache Jazz so gerne, weil er so vielseitig ist und man die Möglichkeit hat, sich als Individuum einzubringen. Es sagt dir keiner, wie man klingen muss, welche Stimmfarbe oder was für ein Vibrato man haben muss. Alles, was sich gut anfühlt, einem gut tut und für einen selber schön klingt, darf sein.

Wie würden Sie Ihren Stil beschreiben?

Ich versuche, alles abzudecken, was der Jazz so bietet. Aber natürlich habe ich auch meine Schokoladenseiten. Ganz wichtig ist für mich der brasilianische Jazz, der Latin Jazz. Während des Jazz-Studiums habe ich schnell gemerkt, dass mir dieses spezielle Genre taugt. Ich war dann auch für einige Wochen in Brasilien und habe noch mehr Freude an der Sprache und an der Musik gefunden, die einfach Laune macht. In Uli Wunner, einem Freisinger Urgestein, habe ich jemanden gefunden, der meine Leidenschaft teilt. Zusammen bilden wir die Band Beleza, in der wir hauptsächlich Bossa Nova spielen.

Mittlerweile sind Sie mit Ihren Bands eine feste Institution in Freising. Doch gehen wir noch einmal zu den Wurzeln zurück. Wie sind Sie überhaupt zur Musik gekommen?

Ich komme aus einer sehr musikalischen Familie. Schon als kleines Mädchen habe ich bei den Proben der Flötenensembles meiner Mama begeistert zugehört. Als ich dann ans Camerloher-Gymnasium kam, war ich in allen Chören und habe bei sämtlichen Aufführungen mitgewirkt. Mir war schon immer klar, dass die Musik ein ganz wichtiger Punkt für mich ist und mir unheimlich viel Spaß macht.

Und warum Jazz?

Dass ich mit Jazz-Gesang angefangen habe, das kam eigentlich ziemlich spät. Mit 15 bekam ich durch mein Mitwirken in der Bayerischen Singakademie klassischen Gesangsunterricht bei einer ganz tollen Lehrerin. Ich bin überzeugt davon, dass eine klassische Stimmbildung ein Basic ist, das, egal was man danach macht, nie verkehrt ist. Ich würde das auch niemals missen wollen. Bald habe ich allerdings gemerkt, dass es so schwierig ist, diesem klassischen Gesangsideal nachzueifern. Wenn ich dagegen Norah Jones hörte . . .

Diese Sängerin scheint sehr wichtig für Sie zu sein.

Ohne es genau in Worte fassen zu können, habe ich damals schon gemerkt, dass ihre Musik irgendwie aus dem Rahmen fällt. Sie spielt selber Klavier, interagiert mit ihren Musikern, folgt keinem festen Pop-Raster und kann sich frei bewegen. Damit auch ich mich selber begleiten konnte, habe ich angefangen, an der Schule Gitarrenunterricht bei Uli Messerschmidt zu nehmen, der mich in meinem weiteren Werdegang sehr geprägt hat. Er meinte immer: Julia, sing mal. Und dann habe ich irgendwann eben nur noch gesungen.

Mittlerweile haben Sie ein abgeschlossenes Jazz-Studium und einige Jahre Berufserfahrung. Was inspiriert Sie am meisten?

Die beeindruckenden Musiker, mit denen ich zusammen spielen kann. Musik auf hohem Niveau, die immer in Bewegung bleibt, bei der man sich wirklich gegenseitig zuhört, interagiert und dieser gesamte, wunderschöne Zusammenklang, der dann entsteht - das ist das Allertollste für mich.

Zu Auftritten verschlägt es Sie auch immer wieder nach Freising. Was ist Ihre Lieblingskneipe?

Das Abseits natürlich.

Sie leiten den Abseits-Chor, der gegen dessen Abriss protestiert. Warum gerade ein Widerstand musikalischer Art?

"Hier gehen so viele künstlerische Menschen ein und aus - man könnte doch einfach mal zusammen singen." Den Satz in die Runde gab es schon seit Jahren. Um dem Abriss entgegenzuwirken, haben Norbert Bürger, der sich da auch wahnsinnig engagiert, und ich das in die Tat umgesetzt. Das Abseits bietet Musikern oder Kabarettisten noch den Raum, sich selber auszuprobieren. Dass aus dem Chor dann so ein Erfolg geworden ist, hatten wir eigentlich gar nicht erwartet. Bisher gab es keine Probe unter 30 Leuten. Vielleicht werden wir sogar bald im Bayerischen Fernsehen zu sehen sein.

Neben einem Auftritt im BR, was bringt die Zukunft noch für Sie?

Von Herbst an werde ich mit dem größten Gospelchor der Welt von insgesamt 5000 Sängern auf Tour gehen. Mano Ezoh, ein bekannter Gospelsänger, möchte diesen Weltrekord aufstellen. Ich werde eine der sechs bis neun Backgroundsänger und Backgroundsängerinnen sein, die er für dieses Projekt engagiert hat. Im Herbst passiert sowieso eine Menge mit meinen Freisinger Bands, plus Abseits-Chor . . .

So wie sich das anhört, werden Sie Freising erhalten bleiben.

Im Moment ist hier zu viel Herzblut, als dass ich mich davon trennen könnte. Aber wer weiß, vielleicht verschlägt es mich ja auch irgendwann wo anders hin.

Wer Julia Schröter live erleben möchte, kann sie am Donnerstag, 8. Oktober, mit ihrer Band Beleza im Schlüter-Café hören, am Freitag, 16. Oktober, in der Orangerie, am Samstag, 24. Oktober, mit dem weltweit größten Gospelchor in der Münchner Olympiahalle und am Samstag, 31. Oktober, mit der Freisinger Band RPWL in der Luitpoldhalle.

© SZ vom 07.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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