Die Generalprobe ist geglückt:Gigantischer Klangkörper

Bis Sonntag finden weitere Aufführungen der Carmina Burana am Domberg statt

Von Christoph Dorner, Freising

Wie gigantisch dieses Musikprojekt über Jahre hin angelegt gewesen ist, wird bei der Generalprobe von Carmina Burana spätestens dann klar, als der Chor und das Orchester des Camerloher-Gymnasiums zusammen das "O Fortuna" anstimmen. Ein mächtiger Chorsatz, adressiert an die Glücksgöttin. Carl Orff hatte das Werk einst für einen Chor von über 200 Stimmen geschrieben. Auf dem Freisinger Domberg sind es weit über 500 Menschen, die in diesem Moment einen gigantischen Klangkörper bilden.

Das Schicksalsrad der Fortuna meinte es gut mit dieser Generalprobe des Monumentalwerks von Orff. Die Stuhlreihen sind an diesem warmen Donnerstagabend fast vollzählig besetzt, an dem drohend dunkle Wolken am Himmel hängen. Doch das Gewitter bleibt aus, was diese Generalprobe zu weit mehr macht als zu einem öffentlichen Einsingen unter Scheinwerferlicht. Für Gunther Brennich, der das "O Fortuna" mit der körperlichen Intensität eines Rugbyspielers herbeidirigiert, ist die pompöse und doch präzise Wucht seines Chores ein stiller Triumph.

Die Generalprobe ist geglückt: Mitglieder des Chors strecken sich beim Einsingen, um bei der Generalprobe von Carmina Burana am Donnerstagabend präzise singen zu können.

Mitglieder des Chors strecken sich beim Einsingen, um bei der Generalprobe von Carmina Burana am Donnerstagabend präzise singen zu können.

(Foto: Marco Einfeldt)

Seit 2003 hatte Brennich die Idee mit sich herumgetragen, die Carmina Burana mit den Schülern und Ehemaligen des Camerloher-Gymnasiums aufzuführen. Vor sechs Jahren waren die Planungen von Brennich und Orchesterleiter Sebastian Brand konkret geworden. Vor drei Jahren habe Brennich sie über Facebook angeschrieben und sie für eine Solistenrolle angefragt, erzählen die ehemaligen Camerloher-Schülerinnen Anne Reich und Katharina Heißenhuber vor der Generalprobe. Reich studiert mittlerweile klassischen Gesang in Salzburg, Heißenhuber ist Schauspielerin an der Landesbühne in Bruchsal. Beide konnten gar nicht anders, als Ja zu sagen. Ja zu sechs Aufführungen bis Sonntag, für die über 4800 Platzkarten verkauft worden sind. Und das, obwohl ihre Gesangsparts extrem schwierig seien: "Eigentlich sind wir von vornherein zum Scheitern verurteilt", sagt Heißenhuber und lacht.

Seit über einem Jahr hatten die Schüler des Camerloher-Gymnasiums deshalb geprobt, alleine und in Gruppen. Erst am vergangenen Wochenende waren Orchester und Chor in der Schulaula zusammengeführt worden. Glaubt man Michael Altmann aus Au, der seit fünf Jahren im ebenfalls beteiligten Asamchor singt und während der Pause der Generalprobe am Bühnenrand sitzt, ist es bei den Proben einigermaßen wild zugegangen. Gerade deshalb sei es eine tolle Erfahrung gewesen.

Auch kurz vor der Generalprobe am Donnerstagabend ist der Chor, in dem über 100 ehemalige Schüler des Camerloher-Gymnasiums mitsingen, vor lauter Vorfreude ein nicht zu bändigendes Monstrum. Minutenlang dauert es, bis jeder Sänger seinen Platz auf der 20 Meter breiten und acht Meter tiefen Bühne eingenommen hat. Weil es dabei schnell laut wird, zischt Musiklehrerin Birgit Brennich wiederholt ins Mikrofon: "Pssssst". Unweit der Bühne stehen derweil die beiden Bariton-Solisten Virgil Mischok und Peter Schöne. Sie sind nicht in Freising zur Schule gegangen, sondern für ihre Partien engagiert worden. Und doch sind sie von der Größenordnung und der Qualität der Schulaufführung begeistert. "Dass sich hier junge Leute die Carmina Burana zutrauen, die noch nicht über jahrelange Erfahrung verfügen, finde ich toll", sagt Schöne, der seinen Baritonpart bei der Generalprobe auch schauspielert, indem er auf der Bühne staunend gestikuliert, taumelt, torkelt. Mischok wird später bei dem lebensprallen Liebeslied "Tempus est iocundum" seinen Auftritt haben.

Im konzertanteren ersten Teil der Aufführung, den Orchesterleiter Sebastian Brand eher glühend als brennend dirigiert, ist es die Münchner Cellistin Raphaela Gromes, die mit ihrem virtuosen Solospiel begeistert. Der Applaus zur Pause ist bereits warm, richtig frenetisch ist er nach dem donnernden Ende mit "O Fortuna". Gunther Brennich ist deshalb unmittelbar nach der Aufführung euphorisch: "Wir hatten im Vorfeld so viele Ängste auszustehen: die Finanzierung, das Wetter. Das Ergebnis ist grandios. Mit dieser Aufführung kommen wir an die Carl-Orff-Festspiele in Andechs heran. Und mit München können wir uns auch messen." Auch Sebastian Brand ist nach der Generalprobe bewegt: "Ich bin beeindruckt, wie alle Beteiligten 90 Minuten lang die Konzentration gehalten haben. Das Timing hat immer gestimmt." Die Musiker haben ihre Instrumente in der Zwischenzeit zusammengepackt und sich voneinander verabschiedet. Denn die eigentliche Mammutaufgabe, sie folgt ja erst noch.

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