Die ersten 100 Tage:"Kollegial ist das Verhältnis zu allen"

Die ersten 100 Tage: Stefan John gehört für die Linke seit gut drei Monaten dem Moosburger Stadtrat an. Der 22-Jährige ist Student, wichtiges politisches Anliegen ist ihm der Bau bezahlbarer Wohnungen für Menschen mit kleinen Einkommen.

Stefan John gehört für die Linke seit gut drei Monaten dem Moosburger Stadtrat an. Der 22-Jährige ist Student, wichtiges politisches Anliegen ist ihm der Bau bezahlbarer Wohnungen für Menschen mit kleinen Einkommen.

(Foto: Privat)

Stefan John gehört für die Linke seit gut drei Monaten dem Moosburger Stadtrat an. Die Arbeit in dem Gremium beschreibt er als sachorientiert, ihm persönlich ist der soziale Wohnungsbau ein wichtiges Anliegen

Interview von Till Kronsfoth, Moosburg

Stefan John, 22, sitzt seit kurzem für die Linke im Moosburger Stadtrat, Mitte Dezember 2017 ist er vereidigt worden. Der Student rückte für Johann Zitzlsberger nach, der seinen Sitz aus gesundheitlichen Gründen abgeben musste und vor einigen Tagen gestorben ist. Im Gespräch mit der SZ schildert John seine ersten Erfahrungen nach 100 Tagen im Amt.

SZ: Welchen Eindruck haben Sie bis jetzt von der Arbeit des Stadtrates?

Stefan John: Mein erster Eindruck ist, dass es zwar manchmal hitzige Debatten gibt, die auch unnötig in die Länge gezogen werden, dass die Arbeit generell aber eine wichtige ist und die Themen, die dort kontrovers diskutiert werden, diese Diskussionen auch wert sind, um einen Konsens zu erzielen.

Sind ideologische Grabenkämpfe, wie man sie aus der Bundespolitik kennt, auch etwas, womit man sich im Stadtrat auseinandersetzen muss, oder wird dort näher am Sachverhalt diskutiert?

Der eine oder andere nicht konstruktive Kommentar ist immer dabei. Davon nehme ich keine Seite aus. Aber Hans Zitzlsberger, hat dort gute Arbeit geleistet und das Stigma, mit dem Die Linke oft belegt ist, abgebaut. Ich war mit Kollegen der CSU-Fraktion kürzlich auf Partnerschaftsbesuch in England. Ich habe zwar noch keine Anträge gestellt, aber meine Wortmeldungen werden ernst genommen.

Gibt es Fraktionen, mit denen die Zusammenarbeit besonders gut funktioniert? Zusammen mit der ÖDP bilden wir eine Ausschussgemeinschaft. Das heißt, ich vertrete einen Kollegen der ÖDP im Rechnungsausschuss und er vertritt mich im Bauausschuss. Besonders gut klappt der Austausch mit der SPD, der ÖDP und den Grünen, was auch an der Sitzordnung liegen kann (lacht). Ich sitze zwischen den Stadträten der SPD und der ÖDP. Aber kollegial ist das Verhältnis zu allen Stadträten.

Sind die zahlreichen Wohnungsbauprojekte, die derzeit in Moosburg laufen, Ihrer Meinung nach ein geeignetes Mittel, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen?

Ganz klar, nein! An den Amperauen entstehen Einfamilienhäuser. Das sind keine Wohnungen für einkommensschwache Menschen, sondern für junge Familien in der Boomregion München. Hans Zitzlsberger hatte die Idee, dass 25 Prozent der Wohnungen erschwinglich bleiben müssen. Dies wurde sogar in einem Papier von der CSU-Fraktion übernommen. Momentan sieht es aber nicht danach aus. Es gibt massiven Handlungsbedarf. Wir haben in Moosburg zwanzig Sozialwohnungen. Das ist bei bald 20 000 Einwohnern ein Armutszeugnis.

In Moosburg hat jetzt der Bürgerentscheid über den Umbau des Platzes "Auf dem Plan" stattgefunden. Wie ist die Position der Linken dazu?

Der Vorschlag des Bürgerentscheides zog die Planungen unnötig in die Länge. Es wird Zeit für eine verkehrsberuhigte Innenstadt für alle. Das wäre auch ein ökologisches und soziales Statement. Die Initiatoren des Bürgerentscheides versuchten, Jung gegen Alt auszuspielen. Gegnern, die kein Auto haben, wurde gesagt: Ihr habt in der Sache kein Mitspracherecht.

Welche Themen werden den Stadtrat in nächster Zeit noch beschäftigen?

Da würde ich an erster Stelle das Hallenbad nennen. Der Etat sah in der ursprünglichen Planung fünf Millionen vor. Mittlerweile liegen wir bei zehn Millionen. Dieses Geld könnte man gut nutzen, um die Barrierefreiheit auszubauen oder die Jugendförderung voranzutreiben. Stattdessen kam zwischenzeitlich die Idee, das Babybecken wegzulassen. Das hätte aber junge Familien vom Schwimmbadbesuch ausgeschlossen.

In Bayern müssen Bewerber für den öffentlichen Dienst einen sogenannten "Fragebogen zur Verfassungstreue" ausfüllen, in dem auch die Mitgliedschaft in linken Parteien und Organisationen abgefragt wird. Haben Sie manchmal Angst, dass Ihnen Ihr Engagement bei der Linken eines Tages zum Nachteil gereicht?

Ich habe gelesen, dass Die Linke vom Fragebogen gestrichen werden sollte, dass aber weiterhin die alten Vordrucke verwendet werden, auf denen sie noch draufsteht. Angst habe ich nicht, weil der öffentliche Dienst nicht mein Berufsziel ist. Ich bin auch kein Parteimitglied, auch wenn ich für Die Linke im Stadtrat sitze. Der Fragebogen ist trotzdem eine Unverschämtheit. Man könnte die Verfassungstreue in persönlichen Gesprächen viel leichter überprüfen, anstatt Menschen zu bekämpfen, die sich in einem breiten demokratischen Spektrum parteipolitisch engagieren.

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