Die Discounter drücken den Preis:Harte Arbeit, kein Lohn

Lesezeit: 2 min

Die Milchkannen sind gut gefüllt, doch für die Bauern lohnt sich die Arbeit kaum - der Milchpreis sinkt weiter. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Der Milchpreis sinkt und sinkt - die Talstation ist vermutlich noch immer nicht erreicht. Auch bei den Bauern im Landkreis ist der Frust groß. Zeit zum Demonstrieren nehmen sich dennoch die wenigsten von ihnen

Von Marina Wudy, Freising

2009, 2012 und jetzt 2015 - im Drei-Jahres-Zyklus tritt sie derzeit nach Angaben des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter (BDM) auf. Die Rede ist von der Milchpreiskrise. 28 Cent pro Kilogramm Milch erhalten Deutschlands Bauern aktuell im Durchschnitt. Im Landkreis Freising ist der Preis mit etwa 30 Cent minimal höher. Im Vergleich: Um wirklich gut und gewinnbringend wirtschaften zu können, wären laut BDM 40 Cent pro Kilogramm angemessen.

Deshalb hat der BDM nun eine Staffelfahrt durch ganz Deutschland organisiert, um die Bevölkerung über die aktuelle Krise der Milchviehhalter zu informieren. An diesem Dienstag endet sie mit einer Großkundgebung vor dem Landwirtschaftsministerium am Münchner Odeonsplatz. Der Großteil der etwa 270 Milchbauern aus dem Landkreis Freising wird daran voraussichtlich nicht teilnehmen. Zu groß ist der Frust angesichts der aktuellen Krise; zu groß der Druck, gerade jetzt nicht einmal für einen Tag die Arbeit niederzulegen. "Ich wage zu bezweifeln, ob die Politik überhaupt die richtige Stelle ist, um unseren Frust zu äußern", meint etwa Peter Goldbrunner, Vorsitzender des bayerischen Milcherzeugerverbands Freising/Moosburg. "Schließlich geht das Problem ja vom Lebensmitteleinzelhandel aus, der die Preise einfach immer weiter drückt."

Den letzten Höchststand hatte der Milcherzeugerpreis laut Jutta Weiß vom BDM im November 2013 mit 41 Cent pro Kilogramm. Seitdem aber ist er kontinuierlich gesunken. "Es wird eine Talstation beim Milchpreis geben", so Weiß. "Nur wo oder wann sie kommen wird, weiß momentan noch niemand."

Gründe für die aktuelle Krise gibt es laut Gerhard Stock, Geschäftsführer des Bayerischen Bauernverbandes Freising, einige. So mache sich bereits seit Ende vergangenen Jahres das Russland-Embargo bemerkbar, und auch die gesunkene Nachfrage aus China trage ihren Teil dazu bei. "Der Export lahmt", sagt Stock. Die Folge ist ein Überfluss an Milch auf dem deutschen Markt und sich ständig gegenseitig unterbietende Lebensmitteldiscounter. Laut Stock wäre es Aufgabe der Politik, den Bauern unter die Arme zu greifen und die Produktion so zu erleichtern: "Die gesetzlichen Vorgaben im Bezug auf Aspekte wie beispielsweise Tierschutz sind im Vergleich zu anderen Ländern in Deutschland enorm hoch. Da wäre es angemessen, den Bauern in Krisensituationen wie der aktuellen mit steuerlichen Erleichterungen und anderen Mitteln unter die Arme zu greifen."

Und als ob die Abwärtsspirale des Milchpreises noch nicht genügen würde, kommt die extreme Dürre in diesem Jahr als erschwerender Umstand hinzu. Denn aufgrund der großen Trockenheit hätten viele Bauern weniger Futter geerntet als sonst und müssten mit zusätzlichen Ausgaben rechnen, berichtet Gerhard Stock. Das bestätigt auch Johann Wagensonner aus Gammelsdorf.

Seit über 35 Jahren bewirtschaftet der Milchbauer seinen Hof, aktuell hat er 65 Milchkühe. Ungewissheiten und Engpässe in der Landwirtschaft kennt er deshalb nur zu gut: "Es ist immer ein Auf und Ab, deswegen muss man schlechte Jahre halt einfach überstehen können und sparsam wirtschaften." Er sei "keiner, der ständig jammert", sagt er, aber die aktuelle Krise komme auch ihn hart an. "Im Moment arbeite ich eigentlich für umsonst", erzählt der Landwirt. "Die niedrigen Milchpreise im Moment und dazu noch die Dürre diesen Sommer, das macht schon zu schaffen." Auch er müsse wahrscheinlich aufgrund der schlechten Ernte noch Futter zukaufen. Das bedeutet zusätzliche Kosten, die in Zeiten wie diesen noch viel schwerer ins Gewicht fallen. Zur Kundgebung wird der Milchbauer aber nicht mitfahren. Zwar findet er, dass das durchaus "eine gute Sache" sei und man dem Staat zeigen müsse, dass man eben nicht "für umsonst" arbeiten könne. Aber an diesem Dienstag beginnt er damit, den Mais zu silieren. Das habe er bereits vor Wochen geplant, schildert er. Und die Arbeit wartet nun mal nicht, erst recht nicht bei Landwirten.

© SZ vom 01.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: