Der Vermittler:Aufbruch nach Europa

Der Haimhausener Hobbyarchäologe Manfred Moosauer befürwortet ein Freundschaftsabkommen zwischen Kranzberg und griechischen Kommunen, eine Delegation vom Peloponnes und von Kreta war hier schon zu Gast

Von Helmut Zeller, Kranzberg

Ingo von Voss, der scheidende deutsche Generalkonsul in Thessaloniki, und der Haimhausener Arzt und Amateurarchäologe Manfred Moosauer würden sich wohl auf Anhieb gut verstehen. Denn beide vereint die Liebe zu Griechenland. Der Diplomat hat, wie er sagt, vor allem ein Ziel verfolgt: in der Finanz- und Wirtschaftskrise des EU-Partnerlands "das deutsch-griechische Verhältnis zu schützen". Das tut auch Manfred Moosauer. Und seine Begeisterung ist auf andere übergesprungen. Zum Beispiel auf den Kranzberger Bürgermeister Hermann Hammerl (FWG) oder auf dessen Kollegen Peter Felbermaier (CSU) in Haimhausen. "Es geht um Freundschaft", sagt Moosauer. Die will er gegen das Negativimage Griechenlands setzen, gegen mittlerweile gängige Vorurteile wie das von den "Pleite-Griechen" - und es ließ sich gut an. Nach dem Besuch einer 15-köpfigen Delegation vom Peloponnes und von Kreta sind gleich drei "Freundschaftsübereinkommen" in der Diskussion: auf den Gebieten Tourismus, Naturschutz, Kultur und Archäologie. Dabei gehe es um "Hilfe zur Selbsthilfe", sagt Moosauer. Schuldenkrise, Brexit, Flüchtlingspolitik - ist die europäische Idee am Ende? Nicht in der 4000-Einwohner-Gemeinde Kranzberg.

Verkehrsgünstig gelegen, bietet die Gemeinde beste Wohnqualität - und im Ortsteil Bernstorf eine einmalige historische Aura. Manfred Moosauer und Traudl Bachmaier entdeckten und retteten dort in den 1990er Jahren Überreste der größten bronzezeitlichen Anlage nördlich der Alpen - und einen Goldschatz sowie Bernsteinstücke mit Schriftzeichen, die auf Kontakte zur mykenisch-kretischen Welt hindeuten. Die Funde sind in dem von Moosauer initiierten "Bronzezeit Bayern Museum" zu bestaunen.

Moosauer Griechenland

Das Museum von Anogia besucht Manfred Moosauer mit Vizebürgermeister Ioannis Skoulas.

(Foto: oh)

Mit etwas Enthusiasmus, der alle großen Projekte begleiten muss, fühlten Gastgeber und Gäste sich bei der Besichtigung des Museums und der Ausgrabungsstätte fast so, als stünden sie vor der Wiederbelebung der Beziehungen aus der Bronzezeit. Der Museumsvereinsvorsitzende Alfons Berger war von der Idee einer Zusammenarbeit mit griechischen Museen angetan. Archäologische Verbindungen zur Gemeinde Pylos-Nestor mit ihren Bauwerken aus mykenischer Zeit, ebenso zu Anogia auf Kreta mit einem beeindruckenden Museum und dem nahe gelegenen minoischen Palast von Knossos - "das ist optimal für Bernstorf", sagt Moosauer.

Die Bürgermeister Ioannis Skoulas aus Anogia, Theodosios Kalantzakis von Ierapetra, der südlichsten Stadt Europas, werden die Gastfreundschaft der Kranzberger jedenfalls nicht vergessen. Auch deshalb, weil ihr Kollege Hermann Hammerl, auch wenn er jetzt nicht gleich an eine vertragliche Partnerschaft denken mag, den Kontakt fortsetzen will. Die Delegation hat ihn, wie er sagt, überrascht: Allesamt Persönlichkeiten mit hervorragenden Deutschkenntnissen, umfassender Bildung und Charme. "Diese Leute", sagt Moosauer, "sind nicht nur zum Reden gekommen, sondern um dann auch zu handeln". Voraussichtlich am 20. September wird Hammerl im Gemeinderat das Freundschaftsübereinkommen vorstellen und diskutieren lassen. "Ich brauche da schon erst einmal das Einverständnis des Gemeinderats", sagt er. Aber er würde den begonnenen Dialog gerne fortsetzen. Darum geht es Moosauer, dem leidenschaftlicher Griechenlandfahrer.

Der Vermittler: Die Griechen wiederum informieren sich in Kranzbergs Kläranlage.

Die Griechen wiederum informieren sich in Kranzbergs Kläranlage.

(Foto: Marco Einfeldt)

In Kranzberg und Haimhausen studierten die Besucher Abwasser-, Fotovoltaik- und Biogasanlagen - Vorbild für geplante Umweltprojekte in ihrer Heimat. Die Griechen besichtigten auch den Nationalpark Berchtesgaden, der künftig mit dem Nationalpark Psiloritis auf Kreta zusammenarbeiten wird. Zur Seite stehen Moosauer Sofia Tornikidou von der Bundesagentur für Arbeit und Ministerialrat Norbert Heller, die die Delegation anführten. Heller ist Berater im Bundesministerium für Entwicklung und Ansprechpartner für die Deutsch-Griechische Versammlung (DGV), die kommunale Kooperationen zwischen beiden Ländern fördert. Die DGV will Vorurteile abbauen, persönliche Beziehungen fördern und die europäische Idee verankern.

Dafür ist Manfred Moosauer der richtige Mann, der sein Engagement ehrenamtlich ausübt. "Ich mache das, um Griechenland voranzubringen", sagt er. Und weil er, der Amateurarchäologe, ein Liebhaber des Landes, seiner Menschen und seiner Geschichte ist - und schon immer war, seitdem er als Jugendlicher das Buch "Götter, Gräber und Gelehrte" von C. W. Ceram in die Hände bekam. Der 72-jährige Internist kennt das Land. Der Sommertourismus als wesentlicher Wirtschaftszweig müsse auf Herbst und Frühjahr ausgedehnt werden. Das bezeichnet Moosauer als das Hauptziel. Im Mai meldete der Deutsche Reiseverband, dass die Zahl der Buchungen deutscher Touristen noch das Rekordjahr 2015 übertroffen habe. Trotz aller schlechten Nachrichten.

Moosauer, Heller, Hammerl und ihre griechischen Partner wollen die europäische Idee nicht aufgeben - Umfragen, denen zufolge zurzeit nur 16 Prozent der Griechen und 29 Prozent der Deutschen die EU positiv bewerten, spornen sie an. Ioannis Skoulas und Manfred Moosauer sind Freunde geworden, die aus dem Schatten der Geschichte - allein auf Kreta ermordeten die Deutschen in den Vierzigerjahren bei Exekutionen in 72 Orten 3474 Menschen - heraustreten wollen und in die Zukunft blicken. Der Haimhausener ist gerade wieder auf Kreta.

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