Den Betrieben fehlen die Bewerber:Arbeitgeber suchen Auszubildende

Jugendliche können wieder zwischen vielen Berufen und Betrieben wählen. Vor allem im Einzelhandel sind noch Plätze frei. IHK-Vorsitzender Otto Heinz appelliert, "die zunehmende Akademisierung zu stoppen"

Von Petra Schnirch, Freising

Auf dem Ausbildungsmarkt ist derzeit viel in Bewegung. 340 Bewerber aus dem Landkreis, die noch eine Lehrstelle suchen, sind bei der Arbeitsagentur derzeit gemeldet. Dem gegenüber stehen 484 unbesetzte Stellen. Das sei aber nur eine Zwischenbilanz, sagt Sprecherin Kathrin Stemberger. Fakt ist, dass es für die Jugendlichen insgesamt gut aussieht: Sie können zwischen vielen Berufen und Betrieben wählen. 737 Jugendliche haben bereits eine berufliche Perspektive für September.

Aus Sicht der Arbeitgeber aber spitzt sich die Situation zu. Die Betriebe hätten auch heuer große Mühe, genügend Azubis zu finden, beklagt die Industrie- und Handelskammer (IHK). "Die Betriebe wollen angesichts der guten Wirtschaftslage und des drohenden Fachkräftemangels eigenen Nachwuchs ausbilden, es fehlen aber immer häufiger die Bewerber", sagt Otto Heinz, Vorsitzender des IHK-Gremiums Erding-Freising. Im Landkreis Freising seien vor allem im Einzelhandel noch viele Plätze frei. Fast 100 angehende Einzelhandelskaufleute und Fachverkäufer würden noch gesucht. Der Bewerbermangel geht laut Heinz aber durch alle Branchen. "In Produktion und Fertigung sowie in der Logistik sind jeweils noch um die 80 Ausbildungsplätze zu haben. Auch angehende Kaufleute Büromanagement und Bank- und Versicherungskaufleute werden noch gesucht." Neben sinkenden Schulabgängerzahlen sieht Heinz einen Grund für die Misere im Trend zu höheren Schulabschlüssen und Studium. Die Berufsberater bestätigen dies. "Die Möglichkeiten sind größer geworden", sagt Stemberger, etwa durch den M-Zweig an den Mittelschulen, der zu einem Mittleren Bildungsabschluss führt. Junge Leute, die sich für eine weiterführende Schule entscheiden, fehlen dann aber auf dem Ausbildungsmarkt.

Dabei ist das Interesse am Einzelhandel durchaus vorhanden: Bei den Jungs steht der "Kaufmann im Einzelhandel" hinter dem Kfz-Mechatroniker auf Platz zwei der Lieblingsberufe, bei den Mädchen landet die "Kauffrau im Einzelhandel" hinter der "Kauffrau Büromanagement" und der medizinischen Fachangestellten auf Rang drei. Traditionell ist der Einzelhandel im Landkreis sehr stark. Im Berufsberatungsjahr 2013/2014 zählte die Ausbildung "Kaufmann/-frau im Einzelhandel" nach Angaben der Arbeitsagentur zu den von den Arbeitgebern am häufigsten gemeldeten Ausbildungsplätzen. Einige Stellen seien deshalb am Ende unbesetzt geblieben, sagt Stemberger.

Otto Heinz appelliert an die Politik, "die zunehmende Akademisierung zu stoppen". Außerdem setzt er wie auch die Kreishandwerkerschaft auf junge Flüchtlinge. Die IHK fordert die Umsetzung des "3+2"-Modells: Asylbewerber, die eine Ausbildung absolvieren, sollen in dieser Zeit und auch in den folgenden beiden Jahren nicht abgeschoben werden dürfen. "Viele Unternehmen sehen in diesem Personenkreis eine große Chance, aber noch scheitern viele an mangelnder Planungssicherheit und der Bürokratie."

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