Petition für Zuschüsse:Demenzkranke in WGs

Die Versorgung von Demenzkranken in Wohngemeinschaften ist teuer. Wer bei Sozialhilfeempfängern den Eigenanteil übernimmt, ist indes völlig ungeklärt. Das ASZ in Eching hat darum eine Petition im Landtag eingereicht.

Von Gudrun Regelein, Eching

Ambulant betreute Wohngemeinschaften werden in Bayern zunehmend beliebter. Denn diese bieten den Bewohnern eine größtmögliche Selbstständigkeit bei einer gleichzeitig intensiven Betreuung. In Eching gibt es bereits seit 2008 eine Wohngemeinschaft für demenzkranke ältere Menschen. Die bislang ungeklärte Kostenübernahme des sogenannten Eigenanteils von Senioren mit Sozialhilfebedarf aber bereitet große Probleme, sagt Klaus-Dieter Walter, stellvertretender Leiter des Alten- und Service-Zentrum Eching (ASZ), das die Betreuung und Pflege leistet. Deshalb hat das ASZ auch eine Petition im Bayerischen Landtag eingereicht. Diese wurde nun von dem Ausschuss für Soziales am vergangenen Donnerstag diskutiert und zugelassen. Nun muss sich die Staatsregierung mit dem Thema beschäftigen - und in den kommenden vier Monaten klären, wer zukünftig für demenzkranke Menschen mit Sozialhilfebedarf, die in einer Wohngemeinschaft leben, die Kosten übernehmen muss.

Bewohner oder deren Angehörige haben Klage eingereicht

Denn in Fällen, in denen der Eigenanteil nicht von einem Bewohner bezahlt werden kann, sei das derzeit nicht geklärt. "Bei demenzkranken Menschen ist das bislang nicht geregelt." Der Bezirk und der Landkreis hätten sich deshalb in der jüngsten Vergangenheit die Zuständigkeit gegenseitig zugeschoben. Deshalb haben auch einige Bewohner oder deren Angehörige Klage eingereicht. Sie erhofften sich von einem Gerichtsurteil Klarheit.

Bislang hat e die ambulante Sozialstation die Summe vorgestreckt, das können bis zu 2800 Euro Eigenanteil - für eine Betreuungspauschale, die Miete und die Haushaltskasse - im Monat sein. Mittlerweile habe auch das Gericht entschieden, dass der Bezirk vorläufig zahlen müsse, berichtet Walter. "Das bedeutet für die insgesamt drei Kläger und für uns natürlich eine große Erleichterung." Im Januar habe die Sozialstation bereits rückwirkend eine größere Summe vom Bezirk erhalten. Dennoch erhofft er sich durch die Petition eine Planungssicherheit, "denn nach wie vor besteht eine gewisse Unsicherheit".

Weil Anträge abgelehnt werden können, schrecken 80 Prozent der Interessenten vor einem Versuch zurück

Bei jeder Anfrage müsse man sagen, dass damit gerechnet werden muss, dass der Antrag auf Kostenübernahme abgelehnt wird. "80 Prozent der Interessenten sind dadurch abgeschreckt. Denn Menschen mit Sozialhilfebedarf können die Kosten ja nicht übernehmen", schildert Walter.

Acht demenzkranke Senioren, vor allem Frauen, im Alter von 78 bis 87 Jahren leben derzeit gemeinsam in der Wohngemeinschaft in Eching. "Das bietet viele Vorteile. Eine familienähnliche Unterbringung beispielsweise, eine größere Sicherheit, als alleine zu Hause zu leben und eine intensive 24-Stunden-Betreuung", schildert Walter. Lange Jahre habe man in der Wohngemeinschaft nur Selbstzahler gehabt, erst im vergangenen Jahr mussten Bewohner Sozialhilfe beziehen. Und so sei der Stein ins Rollen gekommen. Im Landkreis aber werden sich die Fällen häufen, denn laut Prognosen wird die Zahl der demenzkranken Senioren stark steigen. "Das ist eine der großen Herausforderungen der Zukunft", sagt Klaus-Dieter Walter. Auf die Gesellschaft werde - unabhängig davon, wer diese letztendlich übernehme - einiges an Kosten zukommen.

Ambulant betreutes Wohnen

In Bayern wollen immer mehr ältere Menschen oder solche mit einer Behinderung in einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft leben. Laut Bayerischem Landesamt für Statistik waren es Ende 2015 bereits knapp 1900 Menschen, die die alternative Wohnform nutzten. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet dies einen Anstieg um elf Prozent. Im Landkreis gibt es beispielsweise die therapeutische Wohngemeinschaft für Menschen mit einer psychischen Erkrankung der Caritas. 2015 hatte Kristina Kluge-Raschke, Leiterin der Sozialpsychiatrischen Dienste der Caritas, 26 Anfragen. Zwei neue Bewohner konnten in die Wohnung, die Platz für vier Menschen bietet, einziehen. Der Bedarf im Landkreis sei bei diesem Klientel aber nicht wesentlich größer als das Angebot, sagt Kluge-Raschke. "Menschen mit psychischen Erkrankungen möchten meistens lieber alleine wohnen." Beim betreuten Einzelwohnen beispielsweise habe man 22 Plätze.

Die Lebenshilfe Freising dagegen plant, im Landkreis flächendeckend Wohngemeinschaften für Menschen mit Behinderung aufzubauen. Vor allem jüngere Menschen wollten nicht mehr in einem klassischen Heim leben, erklärt Martina Neumeyer, Bereichsleiterin Wohnen und Förderung bei der Lebenshilfe. "Das ist sicher eine Zeitfrage." Deshalb werde die Lebenshilfe in Zukunft nicht mehr die stationären, sondern die ambulanten Plätze ausbauen. Sobald die notwendigen Betreuungskräfte gefunden seien, werde - in Kooperation mit der Caritas Freising - im Frühjahr die erste Wohngemeinschaft in Marzling starten. Zwei Plätze sind derzeit noch frei, insgesamt werden fünf Menschen mit Behinderung ambulant betreut in einem Haus leben. regu

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