Debatte um Startbahn am Flughafen München:So weit entfernt wie der Himmel von der Erde

"Nicht nur dann, wenn es einem in den Kram passt": Der geplante Bürgerentscheid zum Flughafen München entzweit die Grünen und die SPD. Bei einer Debatte im Landtag dringen die Sozialdemokraten darauf, dass auch ein Ja zum Ausbau für alle Seiten verbindlich sein muss. Die Grünen sehen dies anders.

Frank Müller

Der von den Grünen geplante Bürgerentscheid zum Flughafen belastet zunehmend das Verhältnis zur SPD und gefährdet damit eine mögliche Dreierkoaltion aus SPD, Grünen und Freien Wählern nach der Landtagswahl 2013. Bei einer von der FDP beantragten Aktuellen Stunde im Landtag hielten mehrere SPD-Redner den Grünen vor, sie müssten sich nun entscheiden, ob sie das Votum der Bürger als verbindlich betrachten oder nicht.

Startbahngegner München

In der Landtagsdebatte hielten SPD, aber auch CSU und FDP das geplante Bürgerbegehren der Grünen für eine fragwürdige Doppelstrategie.

(Foto: dpa)

Der Münchner SPD-Abgeordnete Hans-Ulrich Pfaffmann sagte, eine Entscheidung der Bürger habe "eine bindende Wirkung nicht nur dann, wenn es einem in den Kram passt."

Pfaffmann, zugleich Münchner SPD-Chef, spielte damit auf Äußerungen der bayerischen Grünen-Chefs Dieter Janecek und Theresa Schopper an. Diese hatten, wie berichtet, deutlich gemacht, dass sie bei einem Nein der Münchner zur Startbahn das Projekt als erledigt betrachten. Bei einem Ja-Votum der Münchner werde der Widerstand aber trotzdem weitergehen.

In der Landtagsdebatte hielten SPD, aber auch CSU und FDP das für eine fragwürdige Doppelstrategie. Wenn die Bürger für die Startbahn stimmten, so Pfaffmann, "dann muss man sich an dieses Votum halten". Für die SPD sicherte Pfaffmann das in beiden Fällen zu.

Die SPD nahm auch einen Antrag aufs Korn, den die Grünen auf ihrem Landesparteitag am Wochenende beschließen wollen. Darin schließen sie es aus, sich an einer Regierungskoalition zu beteiligen, die den Startbahnbau beschließt. Das sei "natürlich das Ende der Politikfähigkeit der Grünen", warnte der SPD-Abgeordnete Thomas Beyer.

Die Münchner Grünen wollten das Bürgerbegehren auf einer Stadtversammlung am Donnerstagabend beschließen. Mit dem Bürgerbegehren soll erreicht werden, dass OB Christian Ude als Vertreter der Stadt in der Flughafengesellschaft (FMG) gegen eine dritte Startbahn stimmt. Der Freisinger Grünen-Abgeordnete Christian Magerl rechtfertigte das Vorgehen. "Wir werden uns mit allen demokratischen Mitteln gegen diese Planung zur Wehr setzen, das ist unser gutes Recht", sagte Magerl.

"Fünf verschiedene Antworten, bei drei Partnern"

Sollte das Votum der Münchner auf ein Nein zur Startbahn hinauslaufen, wäre das Projekt auch nach Auffassung des Freistaats erledigt. Weil es in der Gesellschaft einstimmig beschlossen werden müsste, könnte der Freistaat trotz seiner Mehrheit in der FMG die Stadt nicht überstimmen.

Zu rot-grünem Knatsch führte auch Magerls Formulierung, die Startbahnplanung sei "menschenverachtend". Pfaffmann meinte, "ich wäre hier vorsichtig mit so großen Worten". Schließlich könnten die auf die Grünen selbst zurückfallen, wenn sie im Stadtrat ein eventuelles positives Votum der Münchner zu dem Projekt mittragen müssten.

Aus Sicht der Regierungskoalition im Landtag präsentieren sich SPD, Grüne und die ebenfalls gegen die Startbahn auftretenden Freien Wähler als "regierungsunfähig", wie der CSU-Abgeordnete Erwin Huber sagte. Wie im Fall des Stuttgarter Hauptbahnhofs seien SPD und Grüne völlig zerstritten und müssten deswegen die Bürger zu Hilfe rufen. Auf die entscheidenden Infrastrukturprojekte wie dritte Startbahn und zweite Stammstrecke gebe es von den drei Partnern "mindestens fünf verschiedene Antworten", spottete Huber.

Unterdessen kündigte der Münchner Kardinal Reinhard Marx an, für die Startbahn werde kein kirchlicher Grund verkauft. "Dafür werde ich keine Genehmigung erteilen", sagte Marx bei der Herbstversammlung der Freisinger Bischofskonferenz.

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