Aus für das Modehaus Feller in Freising:Ansturm der Schnäppchenjäger

Der Traditionsbetrieb in Neustift schließt am 19. Dezember. Der Besitzer beugt sich der Konkurrenz im Internet. Zum Räumungsverkauf kommen all die Kunden, die sich zuvor so lange nicht mehr hatten sehen lassen.

Von Christian Gschwendtner

Freising - "Nein, Herr Feller ist nicht zu sprechen", ruft die Verkäuferin ins Telefon. "Hier herrscht Hochbetrieb", sagt sie noch kurz, dann knackt es in der Leitung. Dass der große Ansturm für das Modehaus Feller zu spät kommt, das sagt die Verkäuferin nicht. Es wissen sowieso alle Bescheid. Mitte Dezember ist für Freisings traditionsreichstes Trachtenhaus Schluss.

Die Türen schließen dann endgültig. Wegen Geschäftsaufgabe - wie es in der manchmal so erbarmungslosen Sprache des Einzelhandels heißt. Dem Vernehmen nach endet das Pachtverhältnis mit dem Landratsamt einvernehmlich. Als Bankrotterklärung will Rupert Feller diesen Schritt nicht verstanden wissen. Man habe sich aus freien Stücken dafür entschieden, nicht weil das Wasser bereits bis zum Hals stand. Eine Kapitulation ist es trotzdem.

Dabei hat Inhaber Rupert Feller nichts unversucht gelassen. Er hat wie jedes Jahr das "Freisinger Volksfestmadl" gesponsert. Die üblichen Rabattaktionen gefahren. Er hat sogar auf der firmeneigenen Homepage in Englisch für seine "trendy dirndls" geworben. Gereicht hat das alles nicht.

"Die Stammkundschaft hat sich in den letzten Jahren immer seltener blicken lassen", sagt ein sichtlich gezeichneter Rupert Feller. Das man ihn nach einigem Hin-und Her doch noch zu Gesicht bekommt ist gewissermaßen höheren Kräften zu verdanken. Die Stadt Freising hat den bierzeltgroßen Parkplatz vor dem Trachtenladen kurzerhand sperren lassen: Laubarbeiten. Und so ist auch der "Totalräumungsverkauf" in der Landshuter Straße 31 b ein wenig ins Stocken geraten.

Modehaus 'Mode Feller' wird geschlossen

Jetzt kommen die Kunden, die Besitzer Rupert Feller zuvor vermisst hat. Ende Dezember ist Schluss.

(Foto: Joerg Koch)

Rupert Feller sitzt in der winzigen Bürokammer gleich neben dem Kassentresen. Hinter ihm sind die Dirndlblusen fein säuberlich auf Kleiderstangen aufgereiht. Er hat die Stirn in Falten gelegt, das Kinn auf den Händen abgestützt, als würde er für Auguste Rodins Plastik "Der Denker" Modell stehen. Nur dass der französische Bildhauer seit langem tot ist und es den Feller auch bald nicht mehr geben wird. Wenn man so will, geht damit eine Familienära zu Ende.

Im Jahr 1906 erwarb Carl Feller, Sprössling einer Tuchmacherfamilie, von der Stadt Freising das ehemalige Kloster Neustift für eine Summe von 60 000 Mark. Er legte damit den Grundstein für eine florierende Tuchfabrik, die schon bald Märkte in ganz Europa und den USA bedienen sollte. Das Unternehmen blieb über zwei Generationen hinweg erfolgreich in Familienhand, ehe es sich Anfang der 1970er der Billigkonkurrenz beugen musste. Ein kurzweiliger Zusammenschluss mit der Firma Loden-Frey aus München konnte das Ende nur noch hinauszögern.

Modehaus 'Mode Feller' wird geschlossen

Rund um das Landratsamt künden Schilder von der Geschäftsaufgabe des Modehauses Feller an der Landshuter Straße.

(Foto: Joerg Koch)

Rupert Feller selbst hat sich immer in der Tradition seiner Vorfahren gesehen. Als er 1976 das Bekleidungsgeschäft "Bayern Loden Feller GmbH" eröffnete, war das auch ein klares Bekenntnis zur Familiengeschichte. Nun hat ihn aber ein ähnliches Schicksal ereilt. Nur dass die Konkurrenz nicht aus Fernost, sondern aus dem Internet kommt. Der Onlinehandel habe ihm die Geschäftsbilanz verdorben, sagt Feller. Außerdem sei es ein Fehler gewesen nicht in die lukrative Innenstadtlage umzuziehen, als sich vor einigen Jahren die Gelegenheit dazu geboten habe.

Mit ihrem Fitnessplan ist die Stadt Freising ohnehin gerade schwer damit beschäftigt den Bereich rund um den Marienplatz aufzuhübschen. Die Innenstadt haben sie im Rathaus zum "priorisierten Handelsstandort der Erlebnisstadt Freising" erklärt. Das lockt finanzstarke Händler wie den schwedischen Bekleidungsriesen "H&M" an, bedeutet aber, dass Gewerbeflächen in den Toplagen nur noch für 30 Euro pro Quadratmeter und mehr zu haben sind. Ausgaben, die erst einmal wieder hereingewirtschaftet werden wollen.

Dass der geneigte Kunde immer größeren Wert auf den Preis legt, lässt sich auch beim Feller-Ausverkauf beobachten. Damit auch der letzte Schnäppchenjäger merkt, was die Stunde geschlagen hat, hängen in den Verkaufsräumen runde Schilder mit der "20"-Prozent Rabattaufschrift wie Weihnachtskugeln von der Decke. Die Gegend rund um das Landratsamt ist mit gelben Totalräumungsverkaufstafeln übersät als gäbe es eine Wahl zu gewinnen.

Eine Mittfünfzigerin ist gerade in die Dirndlauswahl vertieft. Als sie den Preis erfährt, stößt sie einen ungläubigen Erleichterungsseufzer aus: "So billig?" Die Verkäuferin verzieht keine Miene und nickt zustimmend. Ja, so billig. Und deswegen kommen sie jetzt alle wieder zum Feller, nachdem sie Jahre lang nicht mehr gekommen sind.

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