Bürger testen Pedelecs:Im Turbo-Modus locker bergauf

Landrat Michael Schwaiger unternimmt seine Sommertour durch die Hallertau heuer auf einem E-Bike, denn das hügelige Hopfenland wirbt verstärkt um Rad-Touristen. Noch aber fehlt ein Netz von Ladepunkten

Von Kerstin Vogel

Der Anstieg rauf zur Kirche in Figlsdorf ist so eine Stelle. Normalerweise würde man hier absteigen und schieben, wenn keiner guckt. Heute nicht. Zweimal auf eine Taste am linken Lenker gedrückt, einmal rechts den passenden Gang dazu gewählt und dann locker hinauf getreten. Fette 18 Stundenkilometer zeigt der kleine Computer am Lenker an - ein leicht neidisches Gesicht zeigt der Herr auf dem Pedelec rechts, der da nicht mithalten kann: Er hat sein Fahrrad selber mit einem Elektromotor nachgerüstet - aber die Turbostufe für Berge, die hat er nicht. Trotzdem schwört er drauf. Bewegung ja, aber eben nicht allzu viel echte Anstrengung. "Da kann man gestresst aus der Arbeit kommen und hat trotzdem noch Lust, eine kleine Radtour zu machen", schwärmt er.

"Unterstütztes Radeln" könnte man es vielleicht nennen: Bei den modernen E-Bikes, den Pedelecs, die an diesem Nachmittag in der Hallertau getestet werden können, schiebt der Motor je nach Bedarf mit an, solange der Fahrer in die Pedale tritt. Regulierbar ist das über vier Stufen der Energiezufuhr: den sparsamen Eco-Modus, eine Stufe für längere Touren, eine Sport-Einstellung und eben den höchst nützlichen "Turbo". In Kombination mit den acht Gängen der Räder ermöglicht das ein gleichmäßiges, zügiges Dahingleiten, das auch an Bergen oder bei Gegenwind nicht von der mangelnden Kondition des Radlers oder etwaigen Anfällen von Unlust unterbrochen wird. Die Einstellung "Sport 8" lässt auch Untrainierte richtig flott von A nach B gelangen. An die "doppelte" Schalterei hat man sich nach wenigen Kilometern gewöhnt, mit ein bisschen Übung und Fingerspitzengefühl sind schnell gleitende Übergänge hergestellt.

27,6 Kilometer wird die testende Gruppe an diesem Donnerstagnachmittag am Ende gefahren sein - mit 19,5 Stundenkilometern im Schnitt. Wer sich schon einmal ausschließlich in die Pedale tretend durch die manchmal gar nicht so sanften Hügel der Holledau bewegt hat, weiß das einzuordnen. Landrat Michael Schwaiger, der die Testfahrt für seine diesjährige Sommertour mit den Bürgern organisiert hatte, war jedenfalls überrascht. Viel schneller als erwartet war der Tross wieder am Startpunkt, dem Bauhof in Hörgertshausen, zurück - dabei hatte man sogar außer der Reihe auf dem Weg nach Nandlstadt die kleine Kapelle Maria Rast besichtigt.

Bei einem weiteren kurzen Halt in Attenkirchen nutzten die Mitarbeiter des Landratsamtes die Gelegenheit, nicht nur Süßigkeiten an die gut 20 mitradelnden Bürger zu verteilen, sondern auch die "Stromtreter"-Regionen kurz vorzustellen, zu denen das Hopfenland Hallertau zählt. Die Idee ist, Touristen hier mit dem Verleih von E-Bikes auf die Radwege des Hopfenanbaugebietes zu locken. Das dafür notwendige Netz von Ladepunkten und Verleihstationen muss im Landkreis Freising allerdings noch aufgebaut werden.

Denn natürlich ist die Reichweite der E-Fahrräder durch den Akku begrenzt, sie bewegt sich - je nachdem, wie stark die Unterstützung durch den Motor eingesetzt wird - um die hundert Kilometer. Mehr Gewicht auf dem Rad frisst naturgemäß auch mehr Strom, wie der Landrat am Ende der Tour grinsend feststellen muss: Er hätte nur noch 30 Kilometer "unterstützt" radeln können, bei einigen der leichteren Frauen hätte der Akku noch für locker 60 Kilometer gereicht.

Schwaiger ist an diesem Nachmittag übrigens einer der wenigen, die vorbildlich einen Fahrradhelm tragen - und es gibt Abfahrten auf der Tour, bei denen einem das in der Tat plötzlich vernünftig erscheint. Tempo 50 ist durchaus möglich, da möchte man sich die Folgen eines Sturzes nicht ausmalen. Verpflichtend ist der Kopfschutz auf Pedelecs indes nicht. Die Unterstützung durch den Motor schaltet sich automatisch ab, sobald der Tacho mehr als 25 Stundenkilometer anzeigt. Andernfalls bräuchte man nicht nur den Helm, sondern auch ein Versicherungskennzeichen.

Wer schneller fahren will, muss also doch ordentlich treten - aber das ist ohnehin ein Pluspunkt der Pedelecs: Optisch mit dem kleinen Akku unter dem Gepäckträger kaum als E-Bikes zu erkennen, kann sie, wer will, sportlich nutzen. Alle anderen wählen einfach "Sport 8" und schalten am Berg unauffällig den Turbo-Modus ein.

Für die Stromtreter werden in Freising und Moosburg Interessenten gesucht (Hotels, Tankstellen, Fahrradläden), die eine Verleihstation betreiben würden. Informationen: www.stromtreter.de

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