Botschafterin der Stadt:Glühende Leidenschaft

Die Freisinger Sopranistin Raffaela Lintl steht am Beginn einer erfolgreichen Karriere. Für einen Liederabend kehrt sie an ihre frühere Wirkungsstätte zurück. Das Publikum in der Musikschule feiert einen neuen Klassik-Star.

Von Philipp Weigl

Nach mehreren Jahren des Gesangsstudiums in Weimar ist die Freisinger Sopranistin Raffaela Lintl für einen Liederabend an ihre frühere Ausbildungsstätte, die Freisinger Musikschule, zurückgekehrt. Musikschulleiter Martin Keeser wies nicht ohne Stolz auf die musikalischen Wurzeln der jungen Sängerin hin, die bereits mehrere erfolgreiche Teilnahmen an internationalen Gesangswettbewerben sowie eine musikalische Zusammenarbeit mit Star-Dirigent Christian Thielemann vorweisen kann. Als ehemalige Schülerin des Camerloher-Gymnasiums entdeckte Raffaela Lintl zudem auch dort ihre Liebe zum Gesang und kam bereits in jungen Jahren in Kontakt mit der Bühne. Einer ihrer Förderer war dabei der Freisinger Musiklehrer und Chorleiter Gunther Brennich. Kulturreferent Hubert Hierl bezeichnete die Sopranistin überdies als musikalische Botschafterin der Stadt Freising.

Zu Beginn des Abends erklangen Werke von Robert Schumann und Franz Schubert. Das Lied "Kennst Du das Land?" aus Schumanns Wilhelm-Meister-Zyklus brachte die sehnsuchtsvollverklärende Grundstimmung der Epoche der Romantik wirkungsvoll zum Ausdruck und sollte dadurch zum musikalischen Leitmotiv des Abends werden. Aufgrund Raffaela Lintls ungetrübter und hervorragend deutlicher Deklamation des Textes, blieb auch in den hinteren Reihen jedes Wort unbedingt verständlich. Der gesangliche Vortrag bezog seinen Reiz unter anderem aus Lintls einzigartiger Sopranstimme, die zart nuanciert die Töne mit samtig-dunkler Klangfarbe formte. Es folgten weitere Schumann-Lieder sowie eine Auswahl an Liedern von Schubert, bei welchen auch die ausdrucksstarke Mimik der Sängerin der Textvorlage Gestalt verlieh. Besonders deutlich wurde dies beim Schubert-Lied "Im Frühling": die Sängerin interpretierte die musikalischemotionalen Stimmungswechsel innerhalb des Stücks mit eindringlichem Augenspiel. Auf höchstem Niveau agierte auch Pianist Ulrich Vogel. Mit einer beeindruckenden Performance, bei der jede musikalische Nuance des Notentextes im Vortrag umgesetzt wurde - Vogel gilt auch als renommierter Dirigent - erwies er sich als kongenialer, zuverlässiger und höchst einfühlsamer Begleiter der Solistin.

Nach der Pause erklangen Werke des "Fin de siècle", der spätromantisch-impressionistischen Zeit des ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Darunter befanden sich unter anderem Lieder von Gabriel Fauré und Claude Debussy: Die eigenwillig-ausdrucksstarke Harmonik und die in tonale Extreme gesteigerte Melodik dieser Stücke wurden von beiden Musikern bewegend vorgetragen. Als besonderes Highlight des Konzerts erwies sich Raffaela Lintls Interpretation einer Auswahl der "Sieben frühen Lieder" von Alban Berg. Im dritten Lied des Zyklus' - "Die Nachtigall" - heißt es in der Gedichtvorlage von Theodor Storm: "Da sind von ihrem süßen Schall (...) die Rosen aufgesprungen". Schwärmerisch und mit glühender Leidenschaft gelang der Sängerin die Darbietung dieses Stücks und ließ ihr Ausnahmetalent im Bereich des spätromantischen Liedgesangs besonders deutlich zum Vorschein kommen. Mit tosendem Applaus und lauten Bravo-Rufen holten die vielen Zuhörer die Künstlerin immer wieder auf die Bühne zurück, um ihren neuen Klassik-Star gebührend zu feiern. Als Zugabe erklang "Nuit d'étoiles" von Claude Debussy und begleitete die Zuhörer beglückt in den lauen Frühlingsabend hinaus.

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