"Boarisch Singa":Sepp, Depp, Hennadreck

Lesezeit: 2 min

Zum "Boarisch Singa" trifft sich eine Eltern-Initiative regelmäßig im alten Freisinger Jugendzentrum. Kinder und Eltern haben dann eine rechte Gaudi. (Foto: Marco Einfeldt)

Die Vereinten Nationen haben den 21. Februar zum "Internationalen Tag der Muttersprache" ausgerufen. In Freising bemüht sich eine Elterninitiative darum, dass das Baierische ihren Kinder nicht abhanden kommt.

Von Regina Bluhme, Freising

Den "Internationalen Tag der Muttersprache" kann man heute begehen. Damit wollen die Vereinten Nationen darauf aufmerksam machen, dass immer mehr Sprachen vom Aussterben bedroht sind. Auch für Bairisch sieht es mittlerweile ziemlich schlecht aus. Viele Kinder sprechen nur noch Hochdeutsch. In Freising stemmt sich die Elterninitiative "Boarisch Singa" derzeit gegen diesen Trend.

"Mit wos fang ma o?", fragt Heiner Link in die Runde. Die Entscheidung fällt der Gruppe nicht schwer. "Sepp, Depp, Hennadreck" schallt es an diesem Donnerstag durch den Raum. Dann erfährt man, wer so alles "Beim Bimperlwirt, beim Bamperlwirt" einkehrt, unter anderem der Wachtmeister, der "an Schweinsbratn und a Kraut" und auch noch fünf Knödl verdrückt. Der "Schneider fangt a Maus" erweist sich ebenfalls als hitverdächtig. Die Kinder im Alter von ein bis drei Jahren singen begeistert mit, die Eltern sind aber mit genauso viel Freude dabei.

Im August 2013 hat der Freisinger Heiner Link, selbst Vater einer kleinen Tochter, die Elterninitiative "Boarisch Singa" gegründet. Alle zwei Wochen treffen sich um die acht Mütter und Väter und ihre Sprösslinge im alten Jugendzentrum an der Kölblstraße in Freising zum Singen, Ratschen, Spielen. Er sei nun mal ein Bayer und die Sprache gehöre zu seiner kulturellen Identität dazu, betont Heiner Link. "Ich wollte, dass meiner Tochter das Bairische nicht verloren geht, dass sie mit anderen Kindern bairisch sprechen und singen kann", erklärt er. Denn das sei mittlerweile gar nicht mehr so leicht: "Vor allem im Freisinger Raum können viele Kinder nicht mehr Bairisch sprechen", bedauert er. "Mit Bairisch fällt man mittlerweile in Freising echt auf", sind sich die Eltern einig.

Auch Rudolf Goerge fürchtet um das Baierische. (Foto: Marco Einfeldt)

Nach Einschätzung der Vereinten Nationen ist die Hälfte der rund 6000 Sprachen, die heute weltweit gesprochen werden, vom Verschwinden bedroht. Mit dem "Internationalen Tag der Muttersprache" am 21. Februar will die Unesco auch auf die Bedeutung von sprachlicher Vielfalt hinweisen: Sie stärke die Einheit und den Zusammenhalt der Gesellschaft. "Sprache ist ein Stück Heimat, da weiß man, wo man hingehört und dazugehört", so formuliert es Brigitte Limmer-Hanrieder von der Elterninitiative "Boarisch Singa". Und mittlerweile hat die Unesco Bairisch auch auf die Liste der bedrohten Sprachen gesetzt.

In Freising schaut es mit dem Bairisch "ziemlich schlecht" aus, berichtet Kreisheimatpfleger Rudolf Goerge. Immerhin: Im nördlichen Landkreis, in Richtung Holledau, "da reden noch viele Dialekt". Rudolf Goerge zufolge werde das Bairische aber durch Fernsehen und Radio "immer mehr zu einem Einheitsbrei nivelliert". Da sei kein Niederbayerisch oder Oberpfälzerisch mehr herauszuhören, da sei eine "Kunstsprache halb hochdeutsch, halbe bairisch" entstanden. "Einfach grauslig".

Nach Ansicht des Freisinger Kreisheimatpflegers sollte jedes Kind in Bayern zweisprachig aufwachsen: Mit dem bairischen Dialekt als erster Muttersprache und dem Hochdeutschen als zweiter Muttersprache.

Allerdings zeigt sich Goerge sehr pessimistisch, was die Zukunft des Bairischen angeht. Schon jetzt müssten die noch vorhandenen Dialekte auf Tonbändern für die Nachwelt aufgezeichnet werden. Bald werde es keine Sprecher mehr geben. Und dann? Rudolf Goerge seufzt: "In hundert Jahren reden wir eh alle nur noch Englisch". Aber noch ist es nicht so weit. Heiner Link freut sich erst mal auf das Oberbayerische Kulturfestival "Zamma" im Juli in Freising. Zusammen mit dem Volksmusikarchiv Oberbayern wird die Eltern-Kind-Gruppe alle Besucher zum "Boarisch Singa" einladen. Wer will, kann ja schon mal ein bisschen üben. Das Lied "Sepp, Depp, Hennadreck" ist bestimmt dabei.

© SZ vom 21.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: