Blei in den Leitungen:Zum Wasserholen in den Keller

In den Klassenzimmern stehen Wassereimer, Hände waschen geht nur im Heizraum: An der Grundschule Vötting ist der Bleigrenzwert überschritten. Doch die Kinder gewöhnen sich schnell an die neue Lage.

Von Christoph Dorner, Freising

In jeder Viertelstunde vor dem Unterricht dürfen die Kinder der Grundschule Vötting seit neuestem hinunter in den Keller. Dort steht Hausmeister Wolfgang Pantle im Heizraum neben einer neu installierter Zapfstelle mit Emaille-Waschbecken und hilft den Kindern beim Auffüllen der kleinen Wasserkübel, die von der Schule kurzerhand in der Stadt besorgt wurden.

Zwei der Kübel stehen nun während des Unterrichts in jedem Klassenzimmer, einer ist für den Tafeldienst, einer für Zimmerpflanzen. Fällt ein Kind im Pausenhof hin, kann es sich in Begleitung eines Lehrers im Heizraum waschen. "Den Kindern gefällt es eher, als dass es sie stört", sagt Rektorin Elisabeth Gaßner. Bis Donnerstagmittag sei auch noch kein Anruf besorgter Eltern bei ihr eingegangen.

Vor drei Wochen hatte die Schulleitung das Labor des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit bei der jährlichen Legionellenuntersuchung, die für sich kein negatives Ergebnis ergab, auf bräunliches Wasser hingewiesen. Auch der Laie erkennt Probleme sofort, sollte Wasser doch farblos, geruchlos, geschmacklos sein. Trinkwasser ist das Lebensmittel, das in Deutschland am strengsten geprüft wird. Die Freisinger Stadtwerke führen fortlaufend Trinkwasseranalysen an den Übergabestellen ihres Versorgungsnetzes durch. Hier gebe es für die Haushalte im Landkreis derzeit kein Problem, betont Geschäftsführer Andreas Voigt.

Eine jährliche Pflichtuntersuchung hinsichtlich der Konzentration von Metall innerhalb einer Hausinstallation gebe es nicht, betont Rupert Widmann, Hauptamtsleiter der Stadt. Stattdessen sei das Gesundheitsamt als Aufsichtsbehörde angehalten, die Wasserleitungen in öffentlichen Einrichtungen stichprobenartig zu kontrollieren, sagt Behördenchef Lorenz Weigl. Deshalb sei im Jahr 2006 ein Schreiben an sämtliche öffentliche Einrichtungen verschickt worden, um Alter und Baustoff der Rohre abzufragen.

So sind etwa Wasserleitungen aus Blei, die in Ostdeutschland noch in Wohnhäusern verbaut sind, im Süden bereits seit 130 Jahren verboten. Bei Bleirohren sei der aktuelle Grenzwert von zehn Mikrogramm Blei pro Liter Wasser praktisch nicht einzuhalten, sagen Experten des Umweltbundesamtes. Der Wert war seit 2003 von 40 Mikrogramm je Liter zunächst auf 25, dann auf zehn abgesenkt worden, weil das Nervengift Blei bei Schwangeren, Säuglingen und Kleinkindern bereits in sehr geringer Dosis gesundheitsschädlich sein kann.

Gesundheitsamtsleiter Weigl warnt hier aber vor Panikmache. Zwar seien selbst die Bleigrenzwerte von 2003 bei der jüngsten Wasserprobe "massiv überschritten" worden, und zwar an sämtlichen Wasserhähnen in der Schule. Für eine konkrete Gesundheitsgefährdung müssten aber über Jahre zwei Liter Wasser täglich getrunken werden.

Für eine fortlaufende Überprüfung der Hausinstallationen öffentlicher Gebäude gäbe es im Gesundheitsamt wegen des begrenzten Personals eine Priorisierungsliste, sagt Weigl. Ein Krankenhaus würde also häufiger überprüft als ein Sportheim. Für die Grundschule Vötting hat es letztmals 2007 eine Hausinstallationsuntersuchung durch das Amt gegeben. Damals hat die Stadt die Hausleitungen aller öffentlichen Einrichtungen mikrobiologisch und auf Schwermetalle untersuchen lassen, betont Pressesprecherin Christl Steinhart.

Die Werte für die Vöttinger Grundschule seien damals in Ordnung gewesen, sagt Weigl nach einem Blick in den Computer. Zudem hätten Mitarbeiter der Stadtwerke 2012, 2013 und 2014 Wasserstichproben an der Schule genommen, die normale Eisenwerte ergaben. Die Bleiwerte wurden dabei allerdings nicht untersucht. Den Austausch der Messergebnisse bestätigt Andreas Voigt von den Stadtwerken Freising.

Die Stadt Freising hätten die Werte "völlig überrascht", sagt Pressesprecherin Steinhart. Bei der Gebäudegeneration, zu der die Grundschule Vötting zählt, wolle man bei baulichen Veränderungen künftig die Wasserversorgung genau prüfen.

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