Bison-Mutter:Familienglück auf drei Beinen

Bison mit Kalb

Gut erholt hat sich die Bison-Kuh nach ihrem Unfall - auch mit nur drei Beinen kommt sie gut zurecht und zieht ihr Kalb auf.

(Foto: Sebastian Widmann)

Vor einem Jahr hat sich die Bison-Kuh von Josef Wiesheu das Knie gebrochen. Normalerweise wird ein solches Tier getötet, doch jetzt zieht die "Super-Mutter" sogar ein kleines Kalb auf.

Von Birgit Grundner

Einen Namen haben weder Mutter noch Kind. So etwas wäre auch nicht üblich. Schließlich sind es "ganz normale Tiere in der Bisonherde", sagt Landwirt Josef Wiesheu - auch wenn das in diesem Fall nicht ganz stimmt: Das Muttertier hat gerade einmal drei Beine. Dass es noch lebt, grenzt fast an ein Wunder. Und dass es Anfang Mai auch noch Nachwuchs bekommen hat, macht die Geschichte erst recht zu etwas Besonderem. Wiesheu ist jedenfalls durchaus stolz auf das Tier: "Sie ist eine super Mama und eine super-stabile Kuh", schwärmt er.

Die gute Konstitution hat ihr vor einem Jahr wohl auch das Leben gerettet. Damals hatte sie sich am hinteren rechten Lauf das Knie gebrochen. Normalerweise ist so etwas ein klarer Fall und das Tier würde getötet. Allerdings hätte das auch den Tod für ihr damaliges Kalb bedeutet, die anderen Tiere hätten es nicht angenommen, und deshalb beschloss Wiesheu, erst einmal abzuwarten. Wenig später ist ihm dann etwas Erstaunliches aufgefallen: Die Herde hat sich um das verletzte Tier gekümmert, hat ihm geholfen und ihm zum Beispiel immer wieder die Wunde ausgeleckt.

Im "Separee" mit dem Bullen

Das Bein war zwar letztlich nicht zu retten, das Tier magerte völlig ab, doch irgendwann kam es auch wieder zu Kräften. Um es richtig aufpäppeln zu können, nahm Wiesheu es aus der Herde und gab ihm gewissermaßen ein "Separee" in einer überdachten Halle. Als er dort vorübergehend auch einen Bullen unterbrachte, der immer wieder auszubüxen drohte, haben sich die beiden "anscheinend gut verstanden", wie der Landwirt rückblickend feststellt. Die Bisonkuh bekam jedenfalls erneut Nachwuchs.

Wiesheu ist überzeugt, dass er richtig gehandelt hat, als er das Tier trotz seiner schweren Verletzung nicht abschoss: "Es wollte leben und es hat gekämpft." Inzwischen ist es auch mit nur drei Beinen wieder "flott unterwegs", wie er beobachtet hat: Als er kürzlich mit dem Jeep auf dem Gelände unterwegs gewesen sei, habe er festgestellt, dass die Kuh gut 40 Stundenkilometer schnell laufe - auch ein Tier mit vier Beinen bringe es allenfalls auf 55 Stundenkilometer. Trotzdem hält Wiesheu es weiterhin separat von der Herde: Bisons laufen schon mal "vor lauter Lebensfreude durcheinander", weiß er, und dann könnte es passieren, dass das dreibeinige Tier "nicht schnell genug weg kommt".

Ein echtes Abenteuer

Josef Wiesheu betreibt die mit rund 120 Tieren größte private Bisonhaltung in ganz Deutschland, und den Grundstock dafür hat er selbst gelegt. Der Landwirt und Visionär hatte früher einige Jahre in Kanada gearbeitet. 1995, als daheim der reine Milchviehbetrieb nicht mehr rentabel genug war, hatte er dann die Idee mit der Bisonzucht und holte die ersten 60 Muttertiere aus Kanada in den Landkreis Freising. Es war ein echtes Abenteuer: Die Tiere mussten quer durchs Land von West nach Ost gebracht werden, das bedeutete 16 Stunden Fahrt jeden Tag, und dann ging es mit dem Flugzeug weiter über Paris und München nach Sickenhausen.

Heute verkauft er europaweit Muttertiere für die Zucht. Die Bullen bleiben dagegen bis zu zweieinhalb Jahren auf der Weide, bevor sie direkt dort erlegt werden. In der hofeigenen Metzgerei gehören Bison-Produkte zum festen Angebot. Im Sommer ist auch speziell die Nachfrage nach Grillfleisch riesig. Bisonfleisch ist fettarm und besonders reich an Eiweiß, Eisen und Zink.

Auf den Geschmack gekommen sind inzwischen übrigens auch viele Oktoberfest- Besucher: In einem der großen Festzelte gibt es inzwischen neben Hendln auch Bisongerichte. Und heuer wird Wiesheu erneut auf der Wiesn vertreten sein.

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