Bis zum Burnout soll es nicht kommen:Arbeit beflügelt

Der 24-jährige Raphael Dick hat ein Nachhilfeunternehmen gegründet, unterrichtet am Josef-Hofmiller-Gymnasium mit Sondergenehmigung das Fach Wirtschaft und will von September an seinen Master in Wirtschaftspädagogik an der Ludwig-Maximilians-Universität machen

Von Anne Gerstenberg, Freising

Jeder, dem Raphael Dick, schlaksig, in Chino-Hose und Hemd leger-geschäftsmäßig gekleidet, mit einem Lächeln die Hand drückt, spürt, dass dieser junge Mann ein Macher ist. Im Alter von 24 Jahren hat er neben seinem Bachelorstudium in Betriebswissenschaften an der Ludwigs-Maximilians-Universität (LMU) eine Nachhilfeorganisation gegründet, zum Erfolg geführt und gleichzeitig am Josef-Hofmiller-Gymnasium in Freising als Lehrer das Fach Wirtschaft unterrichtet. Außerdem organisiert er einmal im Jahr ein Studienforum, bei dem Studenten Schülern bei der Studienorientierung helfen.

"Prima Schule" heißt die Organisation, die Dick 2012 mit seinem Bruder Alexander und seiner Freundin Eva Kunstmann-Schulmeister gegründet hat. Es geht um maßgeschneiderte Nachhilfe, die in Absprache mit Lehrern die Probleme von Schülern in einem Fach ermittelt und dann gemeinsam die richtige Hilfe erarbeitet. Das Angebot beinhaltet eine angemessene Bezahlung für die Studenten, die durch ihr Studium qualifiziertes Wissen vermitteln. Diese einzigartige Kombination wird so gut angenommen, dass das kleine Unternehmen an die Grenzen seiner Kapazitäten stößt. 60 Nachhilfelehrer beschäftigt Prima Schule momentan.

Bis zum Burnout soll es nicht kommen: Gibt seinen Schülern klare Vorgaben, was er von ihnen erwartet: Wirtschaftslehrer Raphael Dick.

Gibt seinen Schülern klare Vorgaben, was er von ihnen erwartet: Wirtschaftslehrer Raphael Dick.

(Foto: Marco Einfeldt)

Entstanden war das Projekt vom Jahr 2011 an ganz ohne Plan und Intention. Raphael Dick hatte schon zu Schulzeiten Nachhilfe gegeben. Irgendwann konnte er allein die Anfragen nicht mehr abdecken. Er hat angefangen, die Schüler weiterzuvermitteln. Das geriet zum Selbstläufer. Schließlich hat er dem Ganzen einen Namen gegeben. "Wir funktionieren nur durch Empfehlungen, aber die Nachfrage hört nie auf", erzählt er.

Für "Prima Schule" stand der gemeinnützige Zweck schon immer über der Wirtschaftlichkeit. Kindern, die sich die Nachhilfe nicht leisten konnten, hat er neben dem Studium kostenlos Nachhilfe gegeben. "Mir war es wichtig, denen zu helfen, die Hilfe brauchen, auch über die Grenzen des Vernünftigen hinaus", sagt er. Seinen Eltern habe es natürlich Sorge bereitet, dass er für die Nachhilfe Vorlesungen ausfallen ließ. "Meinen Eltern war wichtig, dass ich das Hauptziel, mein Studium nicht aus den Augen verliere", sagt er. Aber er bewies durch gute Noten , dass Studium und Engagement sich vereinbaren lassen.

Spricht man ihn auf seine Stelle als Lehrer an, tritt ein Leuchten in seine Augen. Da eine Lehrerin ausgefallen war und das Schulamt keinen Ersatz fand, fragte man ihn, ob er die Stelle übernehmen wolle. "Das Angebot war eine große Ehre für mich und ich habe sofort zugesagt", sagt er. Ohne Staatsexamen zu unterrichten ist mit einer Sondergenehmigung möglich. "Da kam ein Stempel vom Staatsministerium auf meinen Vertrag und plötzlich war ich Lehrer", sagt er.

PrimaSchule

Die Nachhilfeorganisation setzt sich zusammen aus dem gemeinnützigen Verein "Prima Schule e.V.", der sich aus dem Unternehmen "Prima Schule GbR" finanziert. Das Unternehmen Prima Schule GbR bietet Nachhilfe zu einem regulären Preis an. Der gemeinnützige Verein ermöglicht günstigere Nachhilfe für finanziell benachteiligte Kinder. In einem Gesellschaftervertrag ist zudem festgelegt, dass die Geschäftsführer sich nicht aus den Prima Schule-Einnahmen für ihre Verwaltungsarbeit entlohnen und dass die Gewinne der GbR direkt in den Verein fließen. Die durch die reguläre Nachhilfe erwirtschafteten Gewinne der Prima Schule GbR gehen also direkt über in faire Löhne für die Studenten und unterstützen die gemeinnützige Arbeit, von Prima Schule, nämlich die Förderung von Chancengleichheit. gean

In den Weihnachtsferien hatte er sich dann den Lehrstoff selbständig erarbeitet und vielfältig aufbereitet. Sein Verständnis von Unterricht bricht mit den vorherrschenden Regeln und zeigt, was ohne Bürokratie und mit pädagogischem Talent möglich ist. Er ist für Transparenz bei der Kommunikation der Leistungsziele und der Benotung. "Die Schüler wissen, was sie können müssen und was ich in der Mitarbeit von ihnen erwarte", erklärt er. "Ich weiß, nicht jeder interessiert sich gleich viel für Wirtschaft." Eine gewisse Grundlage müssten aber alle beherrschen, das gehöre zur Allgemeinbildung und das erreiche er auch. "Aber ich erwarte nicht von allen totale Faszination. Wer mehr wissen will, den fördere ich", sagt er, "Ich will Unterricht machen, der bewegt, die Schüler abholen und einen Bezug zwischen dem Stoff und der Realität herstellen." Er begegnet den Schülern auf Augenhöhe und nimmt sie ernst, das schätzen sie an ihm.

Während der finalen Prüfungsphase hat Dick 18 Wochenstunden in der Schule gearbeitet. "Erstaunlicherweise war das mein bestes Semester. Ich war wie beflügelt." Dick hat sich für das Unterrichten entschieden. Den Bachelor in Wirtschaftspädagogik hat er dafür innerhalb eines Jahres nachgeholt, während er fast Vollzeit arbeitete. "Ich habe die ganze Mittelstufe in Wirtschaft unterrichtet", sagt er. Raphael Dick macht keine halben Sachen.

Hinter dem Erfolg stecken Unmengen Arbeit und Engagement. "Ich arbeite sechs bis sieben Tage die Woche, meistens bis in die Nacht hinein", sagt Dick. Das kommt ihm keineswegs ungewöhnlich vor. Ruhe oder eine Auszeit brauche er nicht. Das Geheimrezept sei, Arbeit zu machen, die erfüllt. Dann sei die Arbeit auch nicht erschöpfend. Von Oktober an macht er an der LMU einen Master in Wirtschaftspädagogik, der Abschluss wird als Staatsexamen anerkannt. Für diese Zeit hat er ausnahmsweise keine Nebenbeschäftigung geplant. "Wenn ich so weitermache, renne ich geradewegs in den Burnout", sagt er. Es sei wichtig, zu machen, wofür man brenne, aber man dürfe nicht ausbrennen, hat er erkannt. "Auch meine Freundin freut sich auf mehr gemeinsame Zeit", sagt er.

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