Leben und Wohnen neben dem  Tower:Prognosen für die Boomregion

Leben und Wohnen neben dem  Tower: Leben und arbeiten neben dem Tower. Wie wird sich die Flughafenregion bis zum Jahr 2030 verändern? Das soll das Strukturgutachten klären.

Leben und arbeiten neben dem Tower. Wie wird sich die Flughafenregion bis zum Jahr 2030 verändern? Das soll das Strukturgutachten klären.

(Foto: Marco Einfeldt)

Wie viel Bauland wird gebraucht und was wird es kosten? Wie groß ist der Bedarf für neue Straßen, Schulen und Kindergärten? Gutachter befragen 94 Kommunen in der Flughafenregion, wie sie ihre Situation bis zum Jahr 2030 einschätzen, mit und ohne dritte Startbahn.

Von Thomas Daller, Freising/Erding

Wie wird sich die Region um den Flughafen München bis 2030 entwickeln? Mit dieser Frage wird sich ein Strukturgutachten beschäftigen, das bis Ende des Jahres erstellt werden soll. Dabei werden zwei unterschiedliche Szenarien zugrunde gelegt: einmal mit und einmal ohne den Bau der dritten Start- und Landbahn. Das Untersuchungsgebiet umfasst 94 Städte und Gemeinden, die bereits nächste Woche ihre Fragebögen erhalten sollen. Dieses "fachübergreifende Strukturgutachten" baut auf einer älteren Prognose aus dem Jahr 2002 auf, dessen Zeithorizont bis 2015 reichte. Im Rahmen dieser Fortschreibung will man auch überprüfen, inwieweit sich die damaligen Voraussagen erfüllt haben.

Bei einer Auftaktveranstaltung in Fraunberg im Landkreis Erding haben Vertreter der beteiligten Gutachterbüros die Methodik und den Ablauf des Verfahrens vorgestellt. Auftraggeber sind die Landkreise Freising und Erding, die Flughafen München GmbH sowie das bayerische Finanzministerium, das federführend ist. Es geht dabei um die planerischen Grundlagen für den Wohnungsmarkt, den Arbeitsmarkt, für Gewerbegebiete, die Verkehrsinfrastruktur und dergleichen. Besonderen Wert legte der Erdinger Landrat Martin Bayerstorfer bei seiner Begrüßung auf die Feststellung, dass man eben nicht nur ermittele, wie sich der Bau der dritten Start- und Landebahn auf die Region auswirke, sondern gleichrangig auch den "Nullfall" kalkuliere.

Fünf Gutachterbüros, auf die sich die Auftraggeber gemeinsam einigen konnten, werden sich mit der Zukunft der Region bis zum Jahr 2030 befassen. Dabei wird auch der Blickwinkel erweitert: Bei der ersten Prognose aus dem Jahr 2002 legte man den Fokus auf 71 Städte und Gemeinden in den Landkreisen Erding, Freising, Ebersberg, Landshut und München. Diesmal kommen noch 23 Städte und Gemeinden hinzu. Die Gutachter sprachen zwar nur von "kleineren Ausbuchtungen" des Untersuchungsgebietes, tatsächlich sind nun aber auch Städte wie Mainburg im Landkreis Kelheim oder Pfaffenhofen mit dabei. Ausschlaggebend bei dieser neuen Gewichtung sind überwiegend Verkehrsachsen hinsichtlich der Erreichbarkeit des Flughafens; auch die A 94 wird nun anders bewertet als noch 2002.

Los geht es am 20. April mit der Gemeindebefragung, für die Beantwortung des Fragebogens haben die Kommunen zwei Wochen Zeit. Die Gutachter wollen vor allem wissen, wie es mit Bebauungsplänen weiter gehen wird, wie es um die Dichte der Bebauung steht, wie gut die Verkehrsanbindung ist und die Flächenverfügbarkeit. Ferner geht es um Grundstückspreise, Nachfrage, Flächenpotenziale für Schulen und Kindergärten, um Baulandpolitik, Verkehr und Freiräume. Nicht zuletzt sollen sich die Städte und Gemeinden auch die Frage beantworten, ob sie den Flughafen eher förderlich oder eher einschränkend für die eigene Entwicklung betrachten.

Nach der Fragebogenaktion sind sogenannte vertiefende Interviews mit vielen Kommunen geplant; bis zu 45 Gesprächspartner wollen die Gutachter dabei konsultieren. In einem nächsten Schritt sind etwa acht Teilraumworkshops vorgesehen - und zwar in der jeweiligen Kommune. So soll es einen Workshop in einer Gemeinde entlang der Achse München-Landshut geben, in der der Entwicklungsdruck hoch ist. Das könnte beispielsweise Moosburg oder auch Langenbach sein. Und einen weiteren Workshop in einer Stadt im ländlichen Raum, die etwas weiter vom Flughafen entfernt ist. Dabei haben die Gutachter an Dorfen gedacht. Diese "Modellkommunen" stehen jedoch noch nicht fest. Die Auswahl erfolgt erst im Juni oder Juli. Danach folgt noch ein großer "Zukunftsworkshop", der im Oktober stattfinden soll. Das Gutachten soll dann bis Ende des Jahres 2015 fertig werden. Anfang 2016 ist dann die Abschlussveranstaltung geplant, bei der es den beteiligten Kreisen, Städten und Gemeinden präsentiert werden soll.

Nachdem die Auftaktveranstaltung im Landkreis Erding stattgefunden habe, sagte der Freisinger Landrat Josef Hauner, gehe er davon aus, dass die Abschlussveranstaltung im Landkreis Freising stattfinden werde. Darüber hinaus wandte er sich an die Vertreter der beteiligten Kommunen, die zahlreich nach Fraunberg gekommen waren: "Wie stelle ich mir meine Gemeinde im Jahr 2030 vor", sei die zentrale Frage, auf die sie im Rahmen des Gutachtens eine Antwort finden sollten. Man befinde sich in einer "schwierigen Region im Umfeld Münchens", wo man sich "nicht treiben lassen" dürfe. Insofern habe es auch seine Berechtigung, wenn man den Gutachtern gegenüber den Standpunkt vertrete: "Wir wollen nicht groß wachsen".

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: