Biologische Lebensmittel:Ziegenkäse aus der Hallertau

Hans Kellner ist Biobauer aus Überzeugung und vermarktet seine Produkte auf Wochenmärkten. Und wer seinen Käse gekostet hat weiß, dass Kellner ein Künstler ist.

Alexandra Vettori

Hans Kellner ist Landwirt, in Gummistiefeln stapft er in diesen letzten Wintertagen durch Stall und Hof. Wer aber seinen Ziegenfrischkäse mit Cranberry oder den Camembert mit Pistazien gekostet hat, der weiß, dass er in dem 52-Jährigen aus einem Weiler nahe Tegernbach auch einen Künstler vor sich hat. Seit 25 Jahren hält Kellner Milchziegen, 120 Muttertiere "Braune Deutsche Edelziegen" stehen im Stall. In der Käserei produziert er fast genauso viele Produkte aus ihrer Milch.

Biologische Lebensmittel: Seit fast 25 Jahren züchtet Hans Kellner auf seinem Hof in der Nähe von Tegernbach Ziegen, aus ihrer Milch macht er Käse und von der dabei anfallenden Molke füttert er auch ein paar Schweine. Das Futter für seine Tiere baut der Biobauer selbst an.

Seit fast 25 Jahren züchtet Hans Kellner auf seinem Hof in der Nähe von Tegernbach Ziegen, aus ihrer Milch macht er Käse und von der dabei anfallenden Molke füttert er auch ein paar Schweine. Das Futter für seine Tiere baut der Biobauer selbst an.

(Foto: Marco Einfeldt)

Ziegen werden saisonal trächtig, ähnlich dem Wild, die Brunst beginnt im Herbst, dann schlägt die Stunde der beiden Böcke auf dem Kellnerhof. "Wir tun den Bock im August rein, dann lasse ich ihn drei Monate mitlaufen, in der Regel sind danach bis zu 98 Prozent der Ziegen gedeckt", erzählt Hans Kellner. Fünf Monate sind sie trächtig, ab Januar werden die Kitze geboren, meistens Zwillinge. 120 gibt es zurzeit auf dem Hof. Früher bewirtschafteten Hans Kellners Eltern einen konventionellen Betrieb mit Hopfen und Mutterschweinen.

Die Idee mit den Ziegen ist dem Sohn 1984 bei einer Australienreise gekommen. Wieder daheim, habe er, erzählt er lächelnd, "drei Fackerl gegen eine Goaß mit drei Jungen getauscht." Kellner beendete sein Landwirtschaftsstudium, nicht ohne einen studentischen Arbeitskreis für ökologischen Landbau mitbegründet zu haben, "weil da hat man Bio an der Fachhochschule noch als Spinnerei abgetan. Man hat uns auch nicht unterstützt, nicht einmal einen Raum zur Verfügung gestellt, als wir Referenten eingeladen haben." Und dann, 1987 hat ihn die Realität eingeholt: Sein Vater erkrankte und Leonhard Kellner musste sich schnell entscheiden: Den Hof übernehmen, wenn ja, wie? Im gleichen Jahr kaufte er 60 Ziegen, zum Entsetzen seiner Eltern.

"Ich hatte keine Lust, mich für dumm verkaufen zu lassen, von Chemiekonzernen und anderen", erklärt er seinen Umstieg auf Ziegen, Bio und Direktvermarktung. Heute baut er auf 18 Hektar Getreide an, Triticale, eine widerstandfähige und damit für Biobetriebe geeignete Kreuzung aus Roggen und Weizen, dazu Hafer, Erbsen, und Gerste, nach einer ausgeklügelten Fruchtfolge, die dem Boden auf natürliche Weise Nährstoffe zurückgibt. Der Rest sind Wiesen und Weiden.

"Ziegen sind g'schleckert", erzählt Kellner und man spürt seine Sympathie für die Tiere mit dem klugen Blick, "die mögen junges Gras, junges Heu, Kleegras." Und weil sie dabei viel übriglassen, hat Kellner auch Mastochsen angeschafft, die das alte Gras nicht verschmähen und ein paar Schweine, denen das Nebenprodukt Molke aus der Käserei vortrefflich mundet.

Es ging von Anfang an aufwärts mit seinem Betrieb. "Ich bin in die Zeit reingefallen, als sich Bio etabliert hat", erklärt er den Erfolg. Gleichzeitig erlebte Ziegenmilch einen Aufschwung, weil immer mehr Menschen auf Kuhmilch allergisch reagieren. Doch Bio hin oder her, auch ein ökologisch wirtschaftender Betrieb muss schauen, wo er bleibt. Die Mutterziegen bleiben im Durchschnitt fünf Jahre im Amt, manche sogar zehn. Dann geht die Milchleistung von zwei Litern am Tag zurück. Damit sie Milch geben, müssen sie jedes Jahr ein Kitz gebären. Bis zu 14 Tagen lang bleiben diese bei der Mutter. In den ersten sechs Tagen produziert sie ohnehin nur Biestmilch, also Ziegen-Kolostrum. Nach zwei Wochen werden die Kitze getrennt und müssen sich im Kindergartenstall gleich nebenan mit den Gummisaugern anfreunden, die in Kopfhöhe an einer Wand angebracht sind und in die durch Schläuche Kuhmilch fließt.

"Ich brauche die Milch halt für den Käse", sagt Kellner nur. Lang ist das Leben eines Zickleins auch nicht. Nur 30 bis 40 Stück pro Jahr braucht er für die Nachzucht, die anderen werden mit zwei Monaten geschlachtet. Ihr Fleisch wird zu Braten, und, gemischt mit dem der Schweine, zu Wurst. Auch ein Biobetrieb lebt von den Tieren. "Da muss der Verbraucher seine rosa Brille abnehmen, ich würde auch gerne eine kleine Tierfamilie hier rumspringen haben, aber das zahlt mir halt keiner", fügt Kellner hinzu.

Seine Fertigkeiten bei der Käseherstellung - im Sortiment sind verschiedenste Frisch-, Weich-, und Hartkäse, Camembert, Joghurt und Quark - hat er auf Reisen verfeinert. Als er in den achtziger Jahren das erste Mal auf dem Markt war, erinnert sich Kellner, "da haben mich viele ausgelacht". Heute fährt er sieben Märkte in München, Freising und Pfaffenhofen an und hat eine große Fangemeinde. Kleine, biologisch wirtschaftende Betriebe, ist Kellner überzeugt, sind die Zukunft: "Wir müssen ein Gewicht gegen die großindustrielle Landwirtschaft setzen, die Politik macht's sicher nicht."

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