Biologe sieht darin eine Gefahr:Das Basiswissen bricht weg

Biologe sieht darin eine Gefahr: Auftakt der Umwelttage: Gerhard Haszprunar im Gespräch mit dem Biologen Christian Magerl.

Auftakt der Umwelttage: Gerhard Haszprunar im Gespräch mit dem Biologen Christian Magerl.

(Foto: Marco Einfeldt)

Die junge Generation kennt viele Tierarten gar nicht mehr - und kann sie folglich auch nicht schützen

Von Katharina Aurich, Freising

"Nur was wir kennen, werden wir schätzen und schützen", darin waren sich Referenten und Zuhörer bei der Auftaktveranstaltung zum Freisinger Umwelttag einig. Alle zwei Jahre organisiert die Stadt diese Veranstaltungsreihe, die heuer unter dem Motto "Biologische Vielfalt entdecken" stand. Kaum jemand nimmt im Alltag eine kleine Pflanze am Straßenrand wahr oder schaut in den Himmel, um einen Turmfalken zu beobachten. Am Wochenende nutzten jedoch junge und ältere Besucher die angebotenen Exkursionen, Führungen und Spaziergänge in und um Freising, um die Vielfalt bei Pflanzen und Tieren kennenzulernen.

Mit der Arten-Kenntnis sehe es innerhalb der Bevölkerung, selbst bei Biologiestudenten und erst recht bei Schülern, generell schlecht aus, sagte Gerhard Haszprunar, Vorstand des Geobio-Centers der LMU, Generaldirektor der Staatlichen Naturwissenschaftlichen Sammlungen Bayerns und Direktor der Zoologischen Staatssammlung München, in seinem Eröffnungsvortrag. Ungefähr 50 Zuhörer unterschiedlichen Alters waren am Freitagabend in den Rathaussaal gekommen und hörten eine wenig erfreuliche Bestandsaufnahme. Das breite Basiswissen der Bevölkerung sei weggebrochen, so Haszprunar. Ein Abiturient könne noch durchschnittlich zehn der 170 heimischen Vogelarten bestimmen. Wenn die anderen 160 aussterben, würde dies gar nicht bemerkt. Deshalb appellierte Haszprunar besonders an Pädagogen, im Unterricht die aus früheren Tagen bekannten Tafeln mit Bildern heimischer Tiere und Pflanzen wieder in den Klassenzimmern aufzuhängen. "Die Schüler sehen, was was ist - und das merken sie sich", riet er.

Unsere Großeltern hätten wesentlich mehr über Tiere und Pflanzen gewusst als die junge Generation heute. Aber dabei müsse es nicht bleiben, denn sowohl in den Schulen, in Universitäten und Museen, aber auch in Vereinen könnte wieder mehr Artenwissen vermittelt werden, empfahl der Biologe. Nur so wüchsen Menschen heran, die ein Problembewusstsein haben und die Vielfalt als etwas Schützenswertes empfinden. Mit praktischen Projekten, in welche die Bevölkerung einbezogen wird, wachse die Begeisterung, so Haszprunar. Wie zum Beispiel im Berliner Schneckenprojekt, bei dem die Bevölkerung aufgerufen war, leere Schneckenhäuser zu sammeln, um das Vorkommen der Arten zu kartieren. Natürlich seien auch Eltern gefragt, ihren Kindern die Liebe zur Natur zu vermitteln. Dazu merkte eine Zuhörerin an, "dafür braucht man Zeit und die hat heute keiner mehr". Freisings Bürgermeisterin Eva Bönig machte darauf aufmerksam, dass die biologische Vielfalt im Landkreis Freising durch verschiedene Entwicklungen bedroht sei - Bevölkerungsdruck, Flächenfraß und der Verlust von 971 Hektar Lebensraum, die für den Bau der dritten Startbahn benötigt würden, ließen der Natur wenig Chancen. 83 streng geschützte Arten verlören ihren Lebensraum, sollte die Bahn tatsächlich gebaut werden. "Wir möchten mit diesem Umwelttag zeigen, wie groß die Vielfalt ist, was sie bedeutet, wo man sie findet und wie sie schmeckt", sagte Bönig.

Die Gäste überzeugten sich anschließend während einer Bierprobe, zu der aus biologischen Zutaten Moosburger Sauerkrautstrudel, Häppchen mit Frischkäse und Sesam-Auberginen, Mangoldquiche und einiges mehr gereicht wurden, dass die Region geschmacklich einiges zu bieten hat.

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