Bilddokumentation:Heimatgeschichten aus der Vergangenheit

Bilddokumentation: Eine Gänsemagd mit ihren tierischen Schutzbefohlenen: Wer sie ist, gehört zu den Rätseln, die das Landratsamt gerne lösen würde.

Eine Gänsemagd mit ihren tierischen Schutzbefohlenen: Wer sie ist, gehört zu den Rätseln, die das Landratsamt gerne lösen würde.

(Foto: Theo Goerge/oh)

Das Landratsamt zeigt auf seiner Homepage einen fotografischen Streifzug durch den Landkreis aus den späten Sechzigern

Von Peter Becker, Freising

Die Bilder, die das Freisinger Landratsamt in seinen Heimatgeschichten auf seiner Homepage zeigt, muten an wie aus einer Dokumentation von Dieter Wieland. Der hat für den Bayerischen Rundfunk in den Siebzigerjahren das damalige Leben auf dem Land dokumentiert. Seine Reportagen zeigen Menschen, die ihren oft harten Alltag bewältigen und dabei doch in sich selbst zu ruhen scheinen. Kreisarchäologin Delia Hurka und Bernd Feiler, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Heimat-und Kulturpflege am Landratsamt, haben für den Monat Dezember eine Auswahl an Bildern getroffen, die von Theo Goerge stammen. Er hatte 1970 zusammen mit seinem Bruder Rudolf großformatige Fotoalben zusammengestellt. Sie waren für den damaligen Landrat Ludwig Schrittenloher gedacht und trugen den Titel "Der Landkreis Freising - eine Bilddokumentation".

Die darin gezeigten Aufnahmen stammen aus den späten Sechzigerjahren. Theo Goerge hatte sie auf seinen Streifzügen durch den Landkreis gemacht. Er hielt dabei Gebäude, Landschaften und Sehenswürdigkeiten im Bild fest. Ähnlich wie Wieland porträtierte er Menschen, dokumentierte aber auch wichtige Ereignisse und Feste. "Was damals als Momentaufnahme gedacht war, ist heute ein wertvolles Zeugnis der Vergangenheit", kommentieren Delia Hurka und Bernd Feiler die Auswahl der Bilder. Diese zeigen überwiegend Menschen bei der Arbeit. Gleichzeitig erzählen sie die Geschichte des Landkreises, als dieser noch von der Landwirtschaft geprägt war.

Im zeitigen Frühjahr ist die Ansicht von Haindlfing entstanden. Obwohl nur wenige Anwesen zählend, bildete das Dorf eine eigene Gemeinde. Der Blick reicht vom Alten Berg hinab ins Ampertal. Prägend ist der Zwiebelturm der Kirche Sankt Laurentius, die damals noch Mittelpunkt einer eigenen Pfarrei war. An dem windschiefen Lattenzaun im Vordergrund des Bildes hätte Wieland seine helle Freude gehabt.

Wie urzeitliche Behausungen wirken die Heugarben, die ein Foto bei Thann zeigt. "Heumandl" prägten früher im Sommer die Landschaften in ganz Bayern. Statt ihrer sieht der Betrachter heute nur noch Silos und Heugebläse. Ein weiteres Bild zeigt eine Gänsemagd. Das junge Mädchen lotst das Federvieh dorthin, wo es hin soll. Ein blühender Baum auf dem Foto verrät, dass es noch Frühjahr ist. Kirchweih und Martini sind noch weit. Die Gänse dürfen sich also noch mindestens ein halbes Jahr ihres Lebens erfreuen. Der Ort des Geschehens und der Name der jungen Ganserin sind nicht überliefert.

Wie die Bauern ihre Feldarbeit bewältigen, zeigen drei weitere Bilder. In Inkofen hat Theo Goerge einen Bauern beim Eggen mit einem Ochsen beobachtet. Der scheint nicht übermäßig glücklich darüber zu sein, ein Stirnjoch tragen zu müssen. In Bayern, schreiben Delia Hurka und Bernd Feiler, waren noch in der Sechzigerjahren vereinzelt Zugrinder im Einsatz. Eine Rarität war in dieser Zeit auch schon ein Pferdegespann. Eine von Goerges Bildern zeigt ein solches beim Pflügen auf einem Acker bei Leonhardsbuch. Vor dem Zweiten Weltkrieg waren Pferde für die Landwirtschaft unentbehrlich. Im Zuge der Mechanisierung der Landwirtschaft in den Fünfzigerjahren verschwanden sie zunehmend von den Bauernhöfen. Heute werden Pferde nur noch in der Forstwirtschaft eingesetzt. Kinderleicht scheint dagegen das Pflügen mit dem Traktor zu sein. So dokumentiert es zumindest ein Bild, das einen jungen Mann auf einem Bulldog bei Pulling zeigt.

"Eine poetische Stimmung wie auf einem alten Gemälde" bescheinigen Delia Hurka und Bernd Feiler einem Foto, das bei Inkofen entstand. Es zeigt ein bäuerliches Paar, das mit geschultertem Werkzeug einen vereisten Weg entlanggeht. Im Hintergrund ist ein verschneiter Acker zu sehen. Die Frau trägt Holzschuhe. Ihr Weg führt sie an einer Kopfweide vorbei, die ihre dürren Äste in den Winterhimmel reckt.

Weitaus ausgelassener geht es da auf einem Bild zu, das fünf junge Frauen zeigt. Die haben sich zu einer Brotzeit am Wegesrand niedergesetzt und lassen eine Flasche Bier kreisen. Vermutlich haben sie eine Arbeitspause eingelegt.

Die Fotos von Theo Goerge sind alle auf der Homepage des Freisinger Landratsamts zu sehen. Die Namen der darauf abgebildeten Personen sind nicht bekannt. Wer sie kennt oder sich selbst erkennt, kann sich im Landratsamt (0 81 61/60 01 51) melden. Es wartet eine kleine Überraschung.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: