Beiträge für den Straßenausbau:"Das spaltet sonst den Ort"

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Für einige sanierte Straßen im Landkreis wurden die Rechnungen noch nicht verschickt. Wie die Kommunen damit umgehen ist offen. (Foto: Marco Einfeldt)

Die Bürgermeister im Landkreis sind zwar zumeist auch keine Freunde der Straßenausbaubeitragssatzung, mit ihrer Abschaffung aber fürchten sie Probleme und fordern klare Regelungen und eine finanzielle Kompensation

Von SZ-Autoren, Freising

In Freising hatte Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher am Dienstag angekündigt, 2018 keine Bescheide für Straßenausbaubeiträge mehr zu verschicken, kurz darauf wurde bekannt, dass die CSU-Landtagsfraktion bei ihrer Klausurtagung in Kloster Banz die Abschaffung der umstrittenen Gebühren beschlossen hat. Umgehend forderten Gemeinde- und Städtetag dann auch Aussagen, wie in Zukunft kommunale Straßenbauvorhaben zu finanzieren seien, in den Kommunen wundert man sich zudem, wie die Abschaffung der Straßenausbaubeitragssatzung (Strabs) wohl gerecht umgesetzt werden könnte.

Ungeachtet aller laufenden Diskussionen und Initiativen sollen die Anwohner in Eching unverändert zur Kasse gebeten werden. Man werde eventuelle Maßnahmen "nach geltender Rechtslage" behandeln, sagte Bürgermeister Sebastian Thaler auf Anfrage der "Bürger für Eching" im Bauausschuss. Er sehe "keine Veranlassung, jetzt etwas zu ändern". Die in Eching wie in den meisten Kommunen einschlägige Satzung verpflichtet dazu, bei Ausbaumaßnahmen an Ortsstraßen die Anlieger proportional nach Größe ihres Grundstücks in erheblichem Maß an den Kosten zu beteiligen. Eine politische Diskussion um die Zukunft der Vorschrift sehe er jedoch noch nicht als Änderung der Rechtslage, sagte Thaler, daher sei nichts veranlasst worden. Zudem sei völlig offen, wer die Ausbaumaßnahmen denn ansonsten bezahle. Die Kommune zu 100 Prozent könne es nicht sein. Den im Zuge der Gesetzesänderung diskutierten Ausgleich durch staatliche Mittel nannte Thaler sehr zweifelhaft.

In Hetzenhausen würde eine Million Euro fehlen

Weder der Gesetzentwurf der Freien Wähler, noch das geplante Volksbegehren oder Ankündigungen der Landtags-CSU seien rechtliche Grundlagen für eine Nichtanwendung der Satzung, betont auch Eduard Sczudlek, geschäftsleitender Beamter im Neufahrner Rathaus. Seit Mittwoch liegt der Verwaltung dort eine "Anregung" der FDP vor, "soweit in Neufahrn Straßenausbaubeiträge abzurechnen sind, diese auszusetzen, bis eine Entscheidung gefallen ist". Die Freien Wähler hatten bereits in der Dezember-Sitzung des Gemeinderats einen Antrag auf Aussetzung angekündigt.

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Für den geplanten Straßenausbau in Hetzenhausen würde das laut Sczudlek bedeuten, dass etwa 90 Prozent der auszubauenden Straßen nicht über Ausbaubeiträge refinanziert werden können. Eine Million Euro würde der Gemeinde wegbrechen. Problematisch könnte die Abrechnung des bereits ausgebauten und vorfinanzierten Isarweges in Mintraching sein. Hier gehe es um etwa 100 000 Euro. Sollte die Satzung abgeschafft werden, müsse trotzdem "die Refinanzierung zwingend die Haushalte der Kommunen erreichen", so Sczudlek: "Ansonsten profitieren in Zukunft Autowerkstätten von den zu erwartenden mangelhaften Straßenzuständen."

In Moosburg hat SPD-Stadtrat Gerd Beubl am Mittwoch im Rathaus den schriftlichen Antrag eingereicht, genau wie Freising 2018 keine Bescheide mehr zu verschicken. Der Stadtrat hat sich damit noch nicht befasst. Bürgermeisterin Anita Meinelt (CSU) findet "als Bürger und zur Vereinfachung der Verwaltungsarbeit die Aufhebung der Strabs sicher sinnvoll. Gerecht kann es im Hinblick auf alle, die in den vergangenen Jahren bezahlt haben, nicht sein". Aktuelles Beispiel ist die Banatstraße, an deren Anwohner Ende 2017 die Bescheide verschickt wurden. "Es ist kaum möglich, ein Gesetz rückwirkend in Kraft treten zu lassen", sagt Meinelt.

Hier müsse eine klare Regelung vorgegeben werden, "auch für Maßnahmen, die jetzt anlaufen sollen. Hier müssen Lösungen vom Gesetzgeber kommen." Der Stadt gehe bei der Abschaffung der Strabs "pro Maßnahme ein sechsstelliger Betrag verloren". Und wer sage, "dass die Beiträge für die Kommunen wegfallen müssen, muss gleichzeitig sagen, wie der Ausgleich vom Freistaat bezahlt wird. Das heißt: Kompensation durch zusätzliche Mittel."

In Marzling soll die schon ausgebaute Freisinger Straße noch abgerechnet werden

In Attenkirchen haben die Gemeinderäte am Montag einstimmig "ihre grundsätzliche Bereitschaft erklärt, die Straßenausbaubeitragssatzung abzuschaffen, sobald die Rahmenbedingungen bekannt sind". In Marzling ist 2016 ein Teil der Freisinger Straße ausgebaut und saniert worden. "Wir gehen davon aus, dass diese Baumaßnahme noch abzurechnen ist", sagt Bürgermeister Dieter Werner. Bislang konnten die Bescheide an die Anlieger noch nicht verschickt werden - denn es gibt noch keine Schlussrechnungen. Den betroffenen Anliegern wolle man in Form von Abschlagszahlungen entgegenkommen, so Werner. Die Strabs in diesem Fall nicht mehr anzuwenden, sei nach seinem Gerechtigkeitsempfinden nicht möglich, sagt der Bürgermeister. Fertig gestellte Baumaßnahmen müssten noch abgerechnet werden. "Das spaltet sonst den Ort. Andere Anlieger fragen sich dann zu Recht, wieso sie zahlen mussten." Eine Abschaffung der Strabs sei für ihn deshalb nur zu einem bestimmten Stichtag vorstellbar, so Werner. Beispielsweise zum 1. Januar 2019. Dann bräuchten die Gemeinden aber Geld aus anderen Töpfen, eine erhöhte Straßenbauförderung beispielsweise. "Sonst haben wir ein Problem", sagt Werner.

Er persönlich befürworte die Abschaffung der Satzung, sagt Allershausens Bürgermeister Rupert Popp. In der Praxis aber könnte das auch in seiner Gemeinde erst einmal Probleme bringen. Eigentlich wollte die Verwaltung Anfang dieser Woche die Rechnungen für den Finkenweg rausschicken. Die Sanierung der Straße war 2017 abgeschlossen worden, 100 000 Euro sollten auf die Anwohner umgelegt werden. Sie hätten zwischen 50 und 4500 Euro bezahlen müssen. Wie die Kommunen mit solch abgeschlossenen Projekten umgehen sollen, ist offen. Der Gemeinderat stimmte am Dienstagabend nicht öffentlich jedenfalls dafür, die Bescheide erst einmal nicht zuzustellen.

Wann aber macht ein Schnitt, ein Stichtag Sinn? Irgendjemanden trifft die Ungerechtigkeit immer. In den vergangenen Jahren seien 60 bis 100 Leute in der Gemeinde, die bereits viele ihrer Straßen auf Vordermann gebracht hat, zur Kasse gebeten worden. In diesem oder im nächsten Jahr soll die Kesselbodenstraße im Gewerbegebiet ausgebaut werden. Die Gewerbetreibenden dort müssen dafür voraussichtlich nichts mehr bezahlen. "Wie sollen wir das den Privateigentümern verklickern, die verstehen das nicht", sagt Popp. "Für uns kommt die Abschaffung zur falschen Zeit."

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© SZ vom 19.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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