Beängstigender Artenrückgang:Rebhuhn und Hase in Not

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Dem Feldhasen geht es im Landkreis Freising gar nicht gut. Die meisten von ihnen werden im Straßenverkehr erlegt. (Foto: dpa)

Jäger beklagen enormen Schwund beim frei lebenden Wild und machen die Landwirte dafür verantwortlich. Doch die Lebensgrundlagen der heimischen Tierwelt können nur gemeinsam verbessert werden

Von Karlheinz Jessensky, Mauern

Der Artenrückgang in der heimischen Kulturlandschaft ist beängstigend - bei den Pflanzen wie auch bei den Tieren. Schuld daran hat die Landwirtschaft, wie der langjährige Vorsitzende des Freisinger Jagdschutz und Jägervereins (JJV), Eckhard Zeltner, bei den diesjährigen Jagdgesprächen in Mauern sagte. Nicht als plumpe Schuldzuweisung, denn dass auch die Landwirtschaft im internationalen Konkurrenzdruck Leistungs- und Wirtschaftlichkeitszwängen unterliege, war bei den Veranstaltungsteilnehmern unstreitig. Hier sei Zusammenarbeit nötig, hieß es. Die Verbesserung der Lebensgrundlagen für die frei lebende Tierwelt - das Veranstaltungsthema - sei nur im Einvernehmen mit der Landwirtschaft möglich.

Neben Zeltner, der auch Vorsitzender des Ausschusses für Landwirtschaft im Bayerischen Jagdverband (BJV) ist, saß bei den mittlerweile 22. Jagdgesprächen mit Dominik Fehringer noch ein junger Mann vom Amt für Landwirtschaft und Forsten Pfaffenhofen mit auf dem Podium. Seine Stelle im Amt ist für zunächst zwei Jahre geschaffen worden, auf Veranlassung von Landwirtschaftsminister Brunner, und einzigartig in Deutschland. Fehringer ist zuständig für ganz Oberbayern. Seine Aufgabe ist die Beratung zu förderfähigen Maßnahmen im Bayerischen Kulturlandschaftsprogramm (KULAP) - und auch zu nicht-förderfähigen Maßnahmen. Fehringer berät Landwirte, Jagdgenossen und Jäger über ihre Möglichkeiten zur Verbesserung der Wildlebensräume in der Agrarlandschaft. Das sind Gruppen- oder individuelle Beratungen, unter anderem für Gemeinden und Imker. Denn Fehringer geht es nicht nur um das Wild, sondern auch um Tierarten, die nicht dem Jagd-, sondern dem Naturschutzrecht unterliegen. Jäger interessiert dagegen naturgemäß am meisten das Wild, obwohl sie sich auch als "die" Naturschützer schlechthin sehen.

Beispiel: das Rebhuhn. Nur noch wenige Ketten mit wenigen Tieren gibt es im Landkreis, früher waren Rebhühner in einer Zahl von 20, 30 Stück zu beobachten. Die Bejagung darauf ist gleich Null. Beispiel: der Feldhase. Vor Jahren wurden bei herbstlichen Treibjagden hundert und mehr Stück erlegt, die Gesamtstrecke ist von 140 000 Hasen im Jahr 2000 auf 60 000 im vergangenen Jahr gesunken. Es gibt wohl fast keine Hasen mehr, die meisten werden noch im Straßenverkehr und bei der Wiesenmahd "erlegt." Treibjagden: fast keine mehr. "Ich hab noch genug Hasen im Revier", konnte ein Jagdpächter berichten, "denn ich jage keine mehr". Noch dazu, "wenn ich von zehn Hasen neun selber essen muss, weil der Hase keinem Verbraucher mehr was wert ist."

Dabei gäbe es eine Reihe von Maßnahmen, mit denen Landwirte die Situation verbessern könnten. Da wären der wildtiergerechte Zwischenfruchtanbau, das Programm "Blühflächen am Waldrand und in der Feldflur", die "extensive Grünlandnutzung entlang von Gewässern", die Anlage von Brachen, Feldrändern, Pufferstreifen, Waldrändern, Zwischenfrüchten und Grasuntersaat, um nur ein paar zu nennen. Welchen Sinn mache es eigentlich, so fragte in seinem Beitrag Eckhard Zeltner, dass ein Landwirt das Feld bis auf den letzten Meter zum Waldrand pflüge, teuer ansäe und bewirtschafte, um auf diesen Metern am Ende mit betriebswirtschaftlichem Verlust nicht einmal die Hälfte wie normal zu ernten?

Hier wäre es sinnvoller, wenn der Waldrand unregelmäßig ausgeformt ist, einen fünf bis zehn Meter breiten Streifen mit einer ein- oder mehrjährigen Blütenmischung einzusäen. Diese Blühstreifen dienten Insekten wie Bienen, Kleintieren, Bodenbrütern und Wild als Nahrung und Lebensraum, sie lockten Rehe aus dem Wald und verhinderten dort den Verbiss. Und vielleicht würde sich an den Kosten nicht nur das Landwirtschaftsamt beteiligen, sondern auch der Jagdpächter, so man denn ein vernünftiges Verhältnis miteinander pflegt? Auf Augenhöhe miteinander zu reden, sei wichtig, sagte Zeltner. "Der Jäger sollte nie den Eindruck erwecken, der bessere Landwirt zu sein."

© SZ vom 27.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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