Aufreger im Internet:Neues aus der "Veganerei Busch"

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Provokante Facebook-Werbung der Metzgerei Hack führt zu Shitstorm, der Inhaber kontert mit Humor

Von Kerstin Vogel, Freising

Der Post ist, nun ja, man kann ihn wohl provokant nennen: "Dein Kind wünscht sich ein Tier zu Weihnachten?", fragt die Freisinger Metzgerei Hack am 21. Dezember auf ihrer Facebook-Seite - neben einem Bild von Dry Aged Steaks am Fleischerhaken und dem Hinweis auf die Öffnungszeiten des Metzgerladens. Das kann man witzig finden oder auch geschmacklos, es dauerte jedenfalls ein paar Tage, bevor kam, was kommen musste: Die vegane Netzgemeinde ließ einen Shitstorm über der Hack'schen Facebook-Seite niedergehen, inklusive aller Spielarten von Beleidigung, Verleumdung und der Androhung von Gewalt.

"Ich wünsche mir für Euch die vegane Flutwelle, die Euch verschlingt", schrieb ein User. "Drei Etagen über Eurem Niveau, Metzgerei Hack, ist noch 'ne Kellerwohnung frei geworden" ein anderer, während eine Dritte mit dem Satz: "Lange dauert dieses Gemetzel nicht mehr, mit dem Ihr Euch mit Blutgeld bereichert", schon fast biblisch wurde.

Und der Metzger? Nahm die Diskussion an und konterte mit Humor, wofür ihn nun umgekehrt die nicht-vegane Netzgemeinde bejubelt. Natürlich ist es nicht Metzgermeister Steffen Schütze höchstpersönlich, der als "Metzgerei Hack" auf Facebook postet, auch wenn er zu hundert Prozent hinter den in seinem Namen verbreiteten Botschaften steht. Schütze hat den Freisinger Social-Media-Experten Michi Kasper für diesen Job engagiert und der weiß spätestens seit seiner letzten Kampagne für den Metzger, wie man so etwas handhabt. Damals hatte er Schütze quasi über Nacht zum Facebook-Star gemacht, als er mit Sprüchen wie "Du willst mit coolen Säuen abhängen?" um Lehrlinge warb - oder den oft gehörten Berufswunsch ". . .irgendwas mit Tieren" auf den Umgang mit einem Mett-Igel ummünzte. Aus dieser Zeit kannten Kasper und Schütze auch bereits die Reaktionen der militanten Veganer. Gegner des Fleischkonsums waren schon damals hart mit der Werbekampagne ins Gericht gegangen und hatten in veganen Foren offenbar zum Protest aufgerufen. Dabei ist der Freisinger Metzgermeister selber erklärter Gegner der Massentierhaltung. Er bezieht sein Fleisch ausschließlich von der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall aus Baden-Württemberg und versichert in einer der gemäßigteren Diskussionen auf seiner Facebook-Seite nachdrücklich: "Wenn du dich gegen unhaltbare Zuchtbedingungen und Massentierhaltung auflehnen willst, wir sind dabei."

Es gibt dort mehrere Diskussionsstränge, weil die Agentur "Kasper Communications" nachgelegt hat. Michi Kasper muss immer noch selber lachen, wenn er an den Folgepost zu dem Shitstorm denkt. "Liebe Veganer, ihr habt gewonnen" heißt es da neben einem Bild von einem "feinen, sechs Wochen lang gereiften Tofu Dry Aged Steak aus der Linde" - und weiter: "Ab 1.2. sind wir die Veganerei Busch."

Er habe sich bei dem Post eigentlich gar nicht so viel gedacht, sagt Kasper. "Aber nach vier Stunden war klar: Der wird groß." Mittlerweile habe eine Viertelmillion Menschen den ironischen Konter gesehen, mehr als 1700 Mal sei der Post bereits geteilt worden. Nur an die weiter tobende Netzgemeinde aus überzeugten Veganern und teilweise ebenso niveaulos pöbelnden Fleischessern war die Ironie verschwendet. Der Krieg ging weiter. Die Gegner des Fleischkonsums riefen dazu auf, die Facebook-Seite der Metzgerei schlecht zu bewerten, sofort hielten deren Freunde dagegen, sodass mittlerweile fast 1500 Bewertungen vergeben wurden - die weitaus meisten übrigens mit der Maximalpunktzahl von fünf Sternen.

Und Kasper? Verbringt derzeit Stunden damit, die Posts zu sichten, zu antworten, zu diskutieren, Drohungen und Beleidigungen zu löschen und das zu tun, was er und Schütze für den einzigen Weg halten, mit einem Shitstorm umzugehen: seriös, aber mit einem Augenzwinkern. Dass aus den mehr als 2000 Posts und über 100 Mails am Rande ein weiterer Post mit einem "vegan-karnivoren Bullshit-Bingo" entstanden ist, feiern all jene, die unabhängig von ihren Essgewohnheiten Sinn für Humor haben. So wie die Userin, die in augenzwinkernd fragt: "Bin ich ein schlechter Veganer, wenn ich die Werbung lustig finde?"

© SZ vom 13.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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