Auf dem Rücken der Pferde:Jenseits von Medien und Konsum

Gisela Dinauer organisiert Wanderritte für Kinder und Jugendliche und schafft damit prägende Erlebnisse für die Teilnehmer. Von Hohenkammer geht es über einsame Wege an den Loaner See

Von Katharina Aurich, Freising

Eine bunte Schar von Jugendlichen mit Pferden wartet neben der Bundesstraße an der Wieskirche geduldig auf eine Lücke im Verkehr, damit einer nach dem anderen über die Straße in den Wald gelangt. Auf den Tieren sitzen fünf- und sechsjährige Kinder - fast im Spagat - ganz stolz im Sattel. Ruhig und konzentriert stehen die Pferde da, souverän leiten die jungen Mädchen die Tiere samt der kleinen Reiter schließlich über die Straße. Angeführt werden sie von Gisela Dinauer, die mit der kleinen Gruppe an diesem Tag noch bis zur Isar ziehen wird.

Auf einer für diesen Zweck eingezäunten Wiese eines Bauern am Fluss werden die Pferde die Nacht verbringen. Die Reiterinnen schlafen zu zehnt in einem Zeltwagen, nur die ganz Kleinen, die Zwergerl, sind bis dahin nicht mehr dabei. Sie werden nach der ersten Etappe an diesem Tag, die am Biergarten Plantage begann, an der Wiese unterhalb von Gut Piesing abgeholt, als die Gruppe eine Pause macht. Immerhin seien sie einen Teil des Weges mit dabei gewesen und würden das Erlebnis, auf einem so großen Tier zu sitzen, nicht vergessen. Sicher werde das eine oder andere Kind seine Liebe zur Reiterei entdecken, davon ist Dinauer überzeugt.

Die Führerinnen steigen nach der Mittagspause selber wieder in die Sättel. Vor fünf Tagen waren die Mädels mit den neun Pferden in Hohenkammer gestartet. Hinter der Wieskirche beginne jetzt so richtiges Neuland für sie, erzählt Dinauer. Die Endstation des Wanderritts ist in diesem Sommer der Loaner See, auch Erlensee genannt, bei Taufkirchen an der Vils. Er ist noch 30 Kilometer entfernt. Vier Wochen, nachdem sie in Hohenkammer aufgebrochen sind, werden die Teilnehmer des Wanderrittes ihn erreichen.

Auf dem Rücken der Pferde: Gisela Dinauer (vorne rechts) organisiert in den Sommerferien Wanderritte für Kinder und Jugendliche. In vier Wochen zieht sie mit dem Treck einmal von Hohenkammer nach Taufkirchen an der Vils.

Gisela Dinauer (vorne rechts) organisiert in den Sommerferien Wanderritte für Kinder und Jugendliche. In vier Wochen zieht sie mit dem Treck einmal von Hohenkammer nach Taufkirchen an der Vils.

(Foto: Marco Einfeldt)

Natürlich gebe es unterwegs auch mehrtägige Pausen und die Reiterinnen wechselten, je nachdem, wie lange sie gebucht hätten, schildert Dinauer, die den Treck gemeinsam mit ihrer Tochter Magdalena vorbereitete und führt. Wochenlang seien sie in eigentlich dicht besiedeltem Gebiet auf meist einsamen Wegen durch Felder und Wälder unterwegs. Das stärke alle Beteiligten und öffne neue Perspektiven. Aber es stecke auch unglaublich viel Arbeit dahinter, so ein "Abenteuer" zu organisieren. Dies sei sozusagen ihr Jahresurlaub, sagt Dinauer.

Sie betreibt in Hohenkammer mit ihrer Tochter die etwas andere Reitschule "Lucky Horse Ranch", auf der inzwischen 18 Pferde leben. Die gelernte Erzieherin erfüllte sich mit 29 Jahren ihren Kindheitstraum und lernte reiten. Als das Schulpferd zum Verkauf stand, konnte Dinauer nicht widerstehen - und der Grundstock für den eigenen Reitstall war gelegt. Wichtig ist ihr der respektvolle Umgang mit Pferden, ohne Zwang, aber mit Konsequenz. Dinauers Pferde sind nicht beschlagen und die Kinder und Jugendlichen reiten sie ohne Gebiss in der Trense. Niemand solle den Pferden weh tun, so Dinauer. Das stehe nur ihr zu, wenn eines mal frech werde.

Inzwischen habe sie zahlreiche schwierige Pferde, die ihr geschenkt worden seien, zu braven Reitpferden zugeritten und umerzogen. Auch alte oder kranke Tiere würden bei ihr abgegeben, die sie oft heilen und zu Wanderreitpferde ausbilden könne. Diese müssten absolut zuverlässig sein. Die Tiere lebten das ganze Jahr über in der Herde im Freien im Offenstall, gefüttert werde im Winter ausschließlich Heu und im Sommer das Gras, das auf ihren Weiden wachse, und natürlich der Aufwuchs auf den Wiesen, auf denen sie während der Wanderritte Halt machten. Dazu gehören auch Flächen des Landschaftspflegeverbands Freising, welche die Pferde für den Naturschutz abgrasen.

Auf dem Rücken der Pferde: Prägende Erlebnisse hoch zu Ross: Manch ein Kind entdeckt bei so einem Wanderritt seine Liebe zu Pferden.

Prägende Erlebnisse hoch zu Ross: Manch ein Kind entdeckt bei so einem Wanderritt seine Liebe zu Pferden.

(Foto: Marco Einfeldt)

Für die Psyche des Lauftiers Pferd sei die langsame, aber ausdauernde Bewegung das Allerbeste. Sie seien ausgelastet und zufrieden, so Dinauers Erfahrung. Um eine neue Wanderreittour zu organisieren, schaut die Pferdefachfrau zunächst auf Karten, wo die geeignetsten Pferdewege entlang führen. Dann macht sie sich auf den Weg, um sie mit ihrem kleinen Geländefahrzeug abzufahren und spricht Bauern an, ob sie ihre Wiesen für eine oder mehrere Nächte für ihre Pferde zur Verfügung stellen. Sie habe es im Gefühl, wer offen für die ungewöhnliche Wandergruppe sei und erhalte kaum Absagen, erzählt Dinauer.

Die allermeisten "Gastgeber" seien von ihrer Idee, mit Kindern, Jugendlichen und Pferden in der Natur unterwegs zu sein, sehr angetan. Für die jungen Erwachsenen sei die Zeit im Freien, in der sie die Verantwortung für ein Lebewesen übernehmen, und der Zusammenhalt in der Gruppe ein prägendes Erlebnis. Natürlich werden die Reiter während des Trails auch mit Essen versorgt. Es gebe keinen Zucker, fast nur Rohkost und Obst sowie durch Umkehrosmose gereinigtes Wasser, beschreibt Dinauer ihr ganzheitliches Konzept jenseits von Konsum und Mediennutzung.

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