Audi baut ganz groß in Eching:Schalensitz statt Polstersessel

Mit der Eröffnung des Audi-Gebrauchtwagenzentrums entwickelt sich das Echinger Gewerbegebiet weg vom reinen Standort für Möbelhäuser hin zum Autohandel. Sogar der Konkurrenz gefällt das.

Von Alexandra Vettori

Mit ganz großem Bahnhof hat der Ingolstädter Autobauer Audi am Mittwoch im Echinger Gewerbegebiet Richtfest für sein weltweit größtes Gebrauchtwagenzentrum gefeiert. Im Spätsommer soll es in Betrieb gehen. DTM-Rennpilot Timo Scheider war da, 400 weitere geladene Gäste, Filmsternchen, hochrangige Manager, darunter Joachim Radde, der Geschäftsführer des neuen Gebrauchtwagenzentrums, und natürlich ein sehr zufriedener Bürgermeister Josef Riemensberger.

1000 "junge Gebrauchte" sollen hier von Spätsommer an verkauft werden. Das Gewerbegebiet Eching-Ost, sonst als Standort diverser Möbelhäuser wahrgenommen, entwickelt sich damit weiter in Richtung Autohandel: Das neue Audi-Plus-Zentrum liegt direkt neben dem Gebrauchtwagenzentrum Opel Wickenhäuser. Der Standort München sei in der Audi-Metropolstrategie von großer Bedeutung, erklärte der Geschäftsführer der Audi-Verkaufssparte Retail, Jörg Hofmann. Und der Standort im Echinger Gewerbegebiet in Sichtweite der Autobahn A 9, auf der täglich 120 000 Fahrzeuge vorbei kommen, sei werbetechnisch ideal. Deshalb habe sich der Konzern schon 2009 entschieden, in Eching an der A 9 ein Gebrauchtwagenzentrum zu bauen, erzählte Hofmann.

100 neue Arbeitsplätze entstehen in dem 45 000 Quadratmeter großen Zentrum. Damit steigt auch der Ingolstädter Autohersteller nun in großem Stil in das Gebrauchtwagengeschäft der Region München ein. Er setzt eine Tendenz fort, die bei den Premium-Automarken seit einigen Jahren zu beobachten ist: Statt der klassischen mittelständischen Autohändler bauen immer öfter die Hersteller selbst repräsentative Häuser, in denen sie Jahreswagen und junge Gebrauchte in großer Auswahl und, analog zu Neuwagen, ansprechend präsentiert, anbieten. So hat BMW vor einigen Jahren in Fröttmaning sein weltweit größtes Gebrauchtwagenzentrum eröffnet, dort stehen auf 22 000 Quadratmetern 1500 gebrauchte BMW.

Zu dem neuen Audizentrum, das keine 20 Kilometer nördlich im Entstehen ist, will man dort nicht groß Stellung nehmen. BMW-Sprecherin Birgit Hiller, meinte lediglich, "das sehen wir ganz gelassen, Wettbewerb gibt es überall". Auch besondere Angebote, wenn das Audi-Zentrum im Sommer eröffnet, seien bei BMW nicht geplant. "Das ist für uns kein Anlass, besondere Aktivitäten zu starten", betonte Hiller.

Beim direkten Nachbarn in Eching dagegen sieht man die Neueröffnung nicht nur gelassen, sondern sogar positiv: "Ich erhoffe mir eine Belebung des Gewerbegebietes, von der auch wir profitieren werden", sagt Michael Zanzinger, Filialleiter von Opel Wickenhäuser. Sein Autohaus ist keinen Steinwurf vom neuen Audi-Zentrum entfernt. "Eine direkte Konkurrenz ist das für uns nicht, weil wir ein anderes Preissegment bedienen. Für das Geld, das bei Audi ein Gebrauchter kostet, bekommt man bei uns einen Neuwagen", betont Zanzinger.

Bei Opel Wickenhäuser gebe es auch nicht nur Opel-Fahrzeuge, sondern diverse Marken, von Ford bis Chevrolet, "die Marken fürs Volk eben", sagt er selbstbewusst. Zanzinger ist überzeugt, dass das neue Audizentrum viele neue Kaufinteressenten in das Echinger Gewerbegebiet lockt, wovon auch sein Autohaus profitieren werde: "Wenn die Leute dort die Preisschilder sehen, kann ich mir vorstellen, dass sie sagen, gehen wir mal über die Straße und schauen uns die Preisschilder bei Opel an."

Der Verband des bayerischen Autohandels dagegen hat den steigenden Konkurrenzdruck auf die Autohändler durch die Riesenhäuser der Hersteller schon mehrfach beklagt. Mittlerweile weist der Gebrauchtwagenmarkt eine Dreiteilung auf: Da gibt es die "Wald-und-Wiesenhändler", die günstige ältere Fahrzeuge, oft mit vielen Kilometern, anbieten. Daneben existieren für den gepflegten Mittelklasse-Gebrauchtwagen die herkömmlichen Fachhändler. Junge Gebrauchte der Premiummarken Audi, Mercedes und BMW dagegen werden zunehmend in den Hochglanzzentren der Autohersteller verkauft. Dass die Autokonzerne damit einen Teil vom großen Gebrauchtwagenkuchen abhaben wollen, steht außer Frage. Kenner der Branche sagen aber auch, dass wegen des rapiden Preisverfalles vom Neuwagen zum jungen Gebrauchten im Premiumsegment, selbständige Autohändler solche Verluste längst nicht mehr auffangen können.

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