Arbeitszeit-Reform:Polizisten liebenlangen Schichtdienst

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Eine Frühschicht plus eine Nachtschicht ergeben im Polizeidienst zweieinhalb freie Tage. Doch damit soll nach einer Arbeitszeitreform des bayerischen Innenministeriums Schluss sein - sehr zum Ärger der Pendler.

Von Gudrun Regelein, Freising

Bayerische Polizisten sollen künftig in kürzeren Schichten arbeiten - so will es zumindest das Innenministerium. Denn die derzeitige Schichtlänge ist oft nicht mit geltendem EU-Recht vereinbar, weshalb das Innenministerium das System bis Ende des Jahres regelkonform anpassen will. Bei den Betroffenen, den Polizisten, stößt die Neuregelung aber auf wenig Gegenliebe. "Gerade die jungen Kollegen befürchten einen Verlust an Freizeitwert", weiß Johann Schwinghammer, Personalrat beim Polizeipräsidium Oberbayern Nord.

In der Polizeidienststelle am Flughafen München zum Beispiel sind 30 Prozent der etwa 200 Beamten Pendler. Es handelt sich meist um junge Männer, die gerne den langen Schichtdienst in Kauf nehmen, weil sie danach eine längere Freizeit zu Hause verbringen können, weiß Personalrat Schwinghammer. Aus dem Grund lehne ein deutlich überwiegender Teil der Pendler unter den Flughafen-Polizisten die geplante Änderung ab. Dass die neuen Schichtmodelle gut gemeint sind, ändert daran nichts. So soll es beispielsweise keine doppelten Dienste mehr geben, sondern es sollen dazwischen mindestens elf Stunden Pause liegen. Keine Schicht soll länger als zehn Stunden dauern.

Konkrete Schichtmodelle entwickelt momentan eine Arbeitsgruppe - und ist sich dabei uneins. Zumindest hat die Polizeigewerkschaft derzeit die Mitarbeit aufgekündigt. "Vorerst sind wir nicht mehr gewillt, dort weiter zu arbeiten", sagt Hermann Benker, Landesvorsitzender der Polizeigewerkschaft. Ein Grund: Die Eckpunkte seien vom Innenministerium bereits vorgegeben. Und davon ist Benker nicht begeistert, er fordert auch in Zukunft flexible Arbeitszeitmodelle.

Vor allem junge Pendler unter den Polizeibeamten würden lieber länger arbeiten, als es die EU erlaubt. Sie hoffen jetzt auf flexible Arbeitsmodelle. (Foto: Marco Einfeldt)

Noch wisse man nichts Konkretes, sagt Christian Bidinger, Leiter der Polizeiinspektion Moosburg. Ihm wurde mitgeteilt, dass das Innenministerium im Laufe des Jahres Modelle entwickeln werde, mit rechtskonformen Arbeitszeiten, die aber auch auf die Bedürfnisse und persönlichen Interessen der Polizisten eingingen. "Das ist gut gemeint, aber die neuen Dienstzeiten sind nicht für alle Mitarbeiter passend", meint Bidinger. Gerade Pendler seien betroffen, denn diese könnten im Moment nach einer langen zusammenhängenden Arbeitszeit eine lange Zeit zu Hause bleiben. In Moosburg betreffe das nur eine relativ kleine Gruppe, also nur Polizisten, die im Wechselschichtdienst arbeiten. "Diese Kollegen würden lieber das bisherige Modell behalten, das ist gar keine Frage", weiß Bidinger. Die Mehrzahl der Beamten im Tagesdienst sei aber nicht betroffen.

In der Freisinger Polizeidienststelle lässt Leiter Ernst Neuner die Änderungen gelassen auf sich zukommen. Zwar seien die Dienstzeiten und die Freizeitgestaltung auch hier ein hochemotionales Thema, sagt er. Aber die Notwendigkeit neuer Schichtmodelle werde von allen Beamten - auch von den derzeit etwa sechs Pendlern - gesehen. "Alle stehen einer Veränderung positiv gegenüber", meint Neuner. Das habe auch eine interne Umfrage gezeigt.

Das Ergebnis einer Umfrage, die von der Polizeigewerkschaft in Bayern unter den etwa 15 000 Schichtdienstlern durchgeführt wurde, spricht eine andere Sprache: Eine große Mehrheit wolle den sogenannten Doppelschlag behalten, berichtet Landesvorsitzender Hermann Benker. Doppelschlag bedeutet, dass ein Beamter beispielsweise die Frühschicht von 6 bis 12 Uhr absolviert, dann Pause bis 19 Uhr hat und noch eine Nachtschicht von 19 bis 6 Uhr dranhängt. Im Anschluss hat er zweieinhalb Tage frei. Und das sei gerade für Pendler attraktiv. Zudem hätten sich fast alle der 6000 Polizisten, die sich an der Umfrage beteiligten, für polizeispezifische Ausnahmeregelungen ausgesprochen. "Schutzvorschriften sind gut und notwendig", meint Benker. Aber zum einen gehe es bei der Polizei um einen Dienst rund um die Uhr, zum anderen machten die neuen Arbeitszeitmodelle mehr Personal notwendig - das aber sei nicht vorgesehen.

© SZ vom 13.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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