Auch die Kommunalpolitik ist gefordert:Gefahr für die Demokratie

Auch in Freising formiert sich der Widerstand gegen das geplante Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU. Kritiker fürchten vor allem, dass sich die großen Konzerne für fairen Handel wenig interessieren

Von Rebecca Seeberg, Freising

Die Verhandlungen über TTIP, die weltgrößte Freihandelszone zwischen den USA und der EU sind in vollem Gange. Profit würden daraus aber hauptsächlich Konzerne schlagen, der größere Teil der Bürger bleibe außen vor, klagt Bertram Böhm, Mitglied des Bundesvorstands der Initiative Mehr Demokratie. Das Aktionsbündnis "Stop TTIP Freising", ein breiter regionaler Zusammenschluss lokaler Gruppen und Verbände, hatte am Donnerstag zu einer Informationsveranstaltung mit dem Titel "TTIP - Gefahr für Demokratie und Rechtsstaat" eingeladen.

Als Vertreterin der Stadt sprach sich die Zweite Bürgermeisterin Eva Bönig klar gegen TTIP und CETA, das Pendant mit Kanada, aus. "Ich habe mich von Anfang an dazu herausgefordert gefühlt ein Gegner zu sein - und zwar wegen der Geheimhaltung der Vertragsinhalte", sagte die Bürgermeisterin. Die EU manövriere sich mit ihren intransparenten Verhandlungen mit den USA und Kanada in eine gefährliche Falle für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, meinte auch Böhm. So wurde die Initiative "Stop TTIP" nach einer erfolgreichen Unterschriftensammlung 2014 von der EU trotzdem nicht als rechtmäßige Europäische Bürgerinitiative anerkannt. Gegen die wirtschaftlichen Interessen von einzelnen Konzernen zählten die mehr als eine Millionen Stimmen der Bürger wohl nichts, beklagte Böhm. Noch bis in den Herbst hinein sammelt die Europäische Bürgerinitiative Unterschriften.

Auch die Stadt Freising könne nicht tatenlos zuschauen, sagte Eva Bönig und kündigt eine Resolution gegen TTIP an. Allein schon, weil der "wissenschaftliche Dienst des Bundestags meint, dass Kommunen kein Recht haben sich dazu zu äußern", erzählte sie entrüstet. Die kommunale Selbstverwaltung sei einer der wichtigsten Garanten für Demokratie und werde durch das Freihandelsabkommen gefährdet. Von Seiten des Bund deutscher Milchviehalter (BDM) befürchtet man vor allem die Vereinheitlichung von Standards und die Lockerung von Auflagen, beispielsweise bei genmanipulierten Erzeugnissen. "Will man wirklich die Büchse der Pandora durch solch ein überzogenes Freihandelsabkommen öffnen"?, fragte Johannes Fritz "Masse statt Qualität" werde zur Regel, prophezeite er.

Irmgard Fischer sprach als Vertreterin der Katholischen Arbeitnehmerbewegung. Auch sie warnte vor einer Banalisierung der Auswirkungen von TTIP und CETA. "Wir brauchen nicht mehr freien Handel, sondern mehr fairen Handel", sagte sie. Nach einer IFO-Studie, einer von vielen, wie Johannes Fritz anmerkte, würden durch TTIP innerhalb von zehn Jahren 110 000 Arbeitsplätze in Deutschland geschaffen. Das Bruttoinlandsprodukt steige in dieser Zeit um 0,05 Prozent. Herbert Pleßl von der Organisation "Zivilcourage" machte seinen Standpunkt dazu klar: "Für dieses vermeintlich tolle Wirtschaftswachstum verkaufe ich nicht meine Grundrechte." Traurig schaute er auf die nur spärlich besetzten Sitzreihen. Das Thema scheint bei vielen noch nicht angekommen zu sein. "Wo sind die Handwerker, deren Existenz durch TTIP gefährdet ist?", fragte er. "Wo sind die Studenten, die doch die zukünftigen Verantwortlichen für unsere Wirtschaft sind?", so eine Zuhörerin. "Wir sind noch am Anfang unseres Aufstandes", erklärte dazu Pleßl.

Am Samstag, 18. April, findet eine Demonstration gegen TTIP ab 13.30 am Stachus in München statt. Die nächsten Info des Freisinger Bündnisses findet am 30. April um 19 Uhr im Kardinal-Döpfner-Haus statt.

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