Amtsrichterin verhängt Bewährungsstrafe:Mutter gerät auf die schiefe Bahn

Weil sie ihrem arbeitslosen Sohn helfen will, räumt eine 57-Jährige die Taschengeldkonten von Heimbewohnern ab und "kassiert" so 20 000 Euro

Von Alexander Kappen, Freising

Die Taten hätten schon "ein gewisses Gewicht", sagte Richterin Tanja Weihönig: "Die Schadenshöhe ist ja nicht ganz ohne." Insgesamt gut 20 000 Euro hatte die angeklagte Büroangestellte eines Pflege- und Wohnheims für Senioren in Neufahrn unrechtmäßig von den ihr anvertrauten Taschengeldkonten von Bewohnern abgehoben und behalten.

Da die 57-Jährige, die mittlerweile nicht mehr im Landkreis Freising lebt, aber nicht vorbestraft war, alles gestand und den Schaden bereits wiedergutgemacht hat, kam sie in der Verhandlung am Freisinger Amtsgericht am Donnerstag mit einer Freiheitsstrafe von elf Monaten davon, die für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wird. Zudem muss sie 180 Sozialstunden leisten. Die Angeklagte arbeitete von Juli 2000 bis Ende Februar 2015 in dem Heim, dann wurde ihr wegen der besagten Vorfälle gekündigt. Laut Anklage war sie in dem Heim für die Verwaltung der Taschengeldkonten zuständig. Diese werden für Ausgaben benötigt, die nicht von der Pflegeversicherung übernommen werden, etwa Friseurbesuche, Fußpflege und Telefongebühren.

Die 57-Jährige machte dafür die Abrechnungen. Letztlich konnten ihr vier Fälle nachgewiesen werden, in denen sie Geld abhob, behielt und bei den Abrechnungen dem Heim niedrigere Kontostände meldete. Der Staatsanwalt vermutete, dass dies nur die Spitze des Eisbergs war. "Ich habe das Gefühl, da war noch mehr", sagte er. Die Angeklagte habe schließlich 15 Jahre lang in dem Heim gearbeitet. "Wir haben nur diese vier Fälle gefunden, aber wahrscheinlich waren es deutlich mehr."

Die in der Anklage erhobenen Vorwürfe räumte die 57-Jährige vollständig ein. Sie habe das Geld jedoch nicht für sich behalten, erzählte sie der Richterin. Sie habe sich in einer Notlage befunden: "Mein Sohn war zu der Zeit arbeitslos und hatte den verkehrten Umgang." Das Geld sei für ihn gewesen. "Die Tat beging sie also zu Gunsten eines Dritten", betonte der Verteidiger: "Ohne den Sohn hätte sie die Tat nicht begangen und würde heute noch in dem Heim arbeiteten." Die genaueren Umstände der Probleme, die der Sohn hatte, wollte der Verteidiger der Richterin und dem Staatsanwalt nur nicht öffentlich offenbaren. Nichtsdestotrotz verwies der Staatsanwalt darauf, dass die Angeklagte in seinen Augen gewerbsmäßig gehandelt "und unrechtmäßig nicht unerhebliche Beträge von älteren Menschen abgehoben" habe. Darin sehe er "ein gewisses Maß an krimineller Energie".

Er sah aber auch, wie Verteidiger und Richterin, einige Faktoren, die zu Gunsten der Angeklagten sprachen. So habe die Tatsache, dass sie nicht vorbestraft sei, ihr "gewissermaßen den Kopf gerettet". Die Richterin unterstrich die hohe Bedeutung des Geständnisses, "das uns eine umfangreiche Beweisaufnahme über möglicherweise mehrere Jahre erspart hat". Zudem hat die Angeklagte den Schaden, für den zunächst das Heim aufgekommen ist, gemäß eines Vergleichs am Arbeitsgericht beglichen. Dafür verkaufte sie ihr Elternhaus. Die arbeitslose 57-Jährige wird nun ein Jahr lang einem Bewährungshelfer unterstellt. In dieser Zeit muss sie ihre Sozialstunden ableisten.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: