Alpenländisches Brauchtum:Mit viel Radau den Winter verjagen

Seit 15 Jahren gibt es die "Frisinga Fratzen". Ihren letzten Auftritt in dieser Saison hat die Perchtengruppe am 4. Januar in Neufahrn.

Von Clara Lipkowski, Freising

Es stimmt schon, sagt Tony Maier, die Auftritte der Perchten seien kein typisches Freisinger Brauchtum, aber ein alpenländisches allemal. Und da die "Frisinga Fratzen" nun auch schon 15 Jahre in Stadt und Landkreis schaurige Auftritte rund um Weihnachten und Neujahr haben, kenne man die mit Hörnern, Masken und Fellen bekleideten Wesen ja inzwischen gut. An diesem Donnerstag treten die Perchten bei Einbruch der Dunkelheit ein letztes Mal in dieser Saison am Neufahrner Marktplatz auf. Dann ist Schluss bis zum nächsten Advent, so will es die Tradition. Also muss der Perchte Tony Maier noch einmal Rede und Antwort stehen.

Tradition ist ihm extrem wichtig. Genauer: Den "Köpfen" der Gruppe, also ihm, seiner Frau Hildegund, dem "Oberperchten" Werner "Buddy" Kinner und den weiteren rund 20 Perchten und Hexen, die mitmachen. Von einer "Gauditruppe" will Tony Maier aber nichts wissen, klar wolle man eine Gaudi haben mit den Zuschauern, aber man trete ja nicht aus Jux und Tollerei auf, sondern erhalte ein Brauchtum, das schon viele Jahrhunderte alt ist.

Die handgeschnitzten Holzmasken aus Linden- oder Zirbenholz kommen aus Österreich oder Berchtesgaden

Traditionsgemäß vertreiben die Perchten, auch Krampusse genannt, bei ihren Paraden den Winter. Sie trommeln, tanzen und machen gehörig Radau. "Jeder Perchte hat außerdem einen Pferdeschweif dabei, der die Fruchtbarkeit von Mensch und Tier symbolisiert", sagt Maier. Das Gewand sei ohnehin nicht zu unterschätzen. 25 bis 30 Kilo trage ein Perchte. Da sei "nix aus Plastik", die Holzmasken aus Linden- oder Zirbenholz kämen handgeschnitzt aus Österreich oder Berchtesgaden. "Das kostet schon 500 Euro aufwärts", sagt Maier, "und das zahlen wir selbst." Oder die Fellumhänge: "Von wegen Ziege, wir tragen Heidschnucke aus der Lüneburger Heide." Die Gruppe ist als GbR organisiert und nimmt Geld mit Auftritten auf Weihnachtsmärkten ein. Davon könne man hin und wieder das Benzin bezahlen, für Auftritte fahren die Perchten mitunter mehrere Hundert Kilometer. Alles in allem sei das ein Minusgeschäft, dennoch spende die Gruppe im Jahr 200 oder 300 Euro.

Üblicherweise beginnt die intensive Vorbereitungszeit nach den Sommerferien. Dann treffen sich die Mitglieder einmal pro Woche, bevor im Advent der Stress mit den Auftritten losgeht. Die Choreografie ist gut geplant und auf ihre Landsknechttrommler sind sie besonders stolz. "Uns macht es einfach unheimlich Spaß", sagt Maier, "klar, kann mal einer nicht, weil er in Schicht arbeitet, aber wenn es geht, machen alle mit. Bei uns sind halt keine Stinkstiefel dabei." Und auf das Ordnungsamt könne man immer zählen: "Die öffnen uns sämtliche Wege. Sie wollen ja auch, dass was los ist in Freising." Der Höhepunkt in dieser Saison war der Perchtenlauf am vergangenen Samstag, zu dem Gruppen aus ganz Bayern angereist waren und mit den "Frisinga Fratzen" lärmend durch die Hauptstraße zogen.

Tony Maier ist seit vierzehn Jahren dabei und ihm macht das alles hörbar viel Spaß. Aufregen tun ihn allerdings "Helikoptereltern", wie er sagt. Hin und wieder beschweren sich Eltern, wenn ihre Kinder Angst bekommen. "Die Kinder sind nicht das Problem. Wenn sie wirklich Angst haben, gehen wir weg. Oder wir lupfen die Maske, damit sie sehen, dass da echte Menschen drunter sind. Aber manche Eltern haben Angst, dass die Kinder einen seelischen Knacks kriegen. Deswegen durften wir auch mal nicht in Allershausen auftreten, das haben ein paar Preißnweiber so entschieden." Und bei den Preißn hört der Spaß bekanntlich auf. "Aber wir haben's dann akzeptiert", meint Tony Maier und lacht, "die sind halt nicht damit aufgewachsen."

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