Allem Streit zum Trotz:Der Riese dreht sich

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Auch das zweite Windrad im Landkreis dreht sich - und ist schon von weitem zu sehen. (Foto: Marco Einfeldt)

Das zweite Windrad im Landkreis ist im Weißlinger Holz in Betrieb gegangen. 250 Menschen haben sich finanziell an der 207 Meter hohen Anlage beteiligt. Die offizielle Einweihung wird im Frühjahr nachgeholt

Von Alexandra Vettori, Fahrenzhausen

Windrad Nummer zwei im Landkreis Freising ist in Betrieb, seit Samstag drehen sich die drei Rotoren des Bürgerwindrads bei Weißling. Den Namen trägt die Anlage nicht nur, weil der Betreiber die Bürgerenergiegenossenschaft Freisinger Land ist, sondern weil sich auch Privatleute an der Finanzierung beteiligt haben. Mit Aufnahme des Betriebs geht eine Geschichte voll Streit und Aggressionen zu Ende, bis zuletzt hatten sich die Bürgerinitiative Gegenwind aus dem nahen Petershausen im Landkreis Dachau sowie Anwohner aus verschiedenen Ortsteilen von Fahrenzhausen gegen die 207 Meter hohe Anlage gewehrt.

Immer wieder drehten sich die Rotoren schon in den vergangenen Wochen im Probebetrieb, für den großen Belastungstest der Windradbremsen aber fehlte bislang der Wind. Am Freitagabend war es soweit, eine flotte Brise kam auf, und so machten sich die Techniker des Herstellers Enercon auf den Weg, um endlich die Bremsen zu testen. Das Ergebnis fiel gut aus, und so konnte Martin Hillebrand vom Vorstand der Freisinger Bürgerenergiegenossenschaft offiziell grünes Licht geben: "Die Inbetriebnahme des Bürgerwindrades ist problemlos verlaufen."

5,5 Millionen Euro hat die Anlage gekostet, 250 Personen haben sich direkt finanziell beteiligt, der Rest kam von der Bürgerenergiegenossenschaft. Bei dem Windrad handelt es sich um eine Binnenwindanlage, Modell E-115, der Firma Enercon, die bis zu drei Megawatt Leistung verspricht, eine Nabenhöhe von 149 Metern und einen Rotordurchmesser von 115 Metern aufweist. Der erwartete Stromertrag pro Jahr liegt bei gut sechs Millionen Kilowattstunden.

Die Bürgerenergiegenossenschaft ist auch jetzt, nach der Inbetriebnahme, nicht alleine für das Windrad verantwortlich. "Das war uns immer wichtig, deshalb haben wir einen Vollwartungsvertrag mit dem Hersteller Enercon für 20 Jahre, das heißt, die bleiben 20 Jahre lang technisch im Boot", erklärte Martin Hillebrand. Teil der Verträge ist auch eine Vollverfügbarkeitsgarantie von 97 Prozent für die ersten 15 Jahre, die Enercon abgibt, die restlichen fünf Jahre sind es dann noch 95 Prozent. Das bedeutet, dass das Unternehmen dafür gerade steht, dass das Windrad ohne Pause läuft und Strom produziert. Die davon ausgenommenen drei Prozent sind die vorab festgelegten Zeiten für Wartungsarbeiten, während der die Rotoren stehen müssen. "Jede Stunde, in der die Anlage über die vereinbarten drei Prozent hinaus steht, muss Enercon zahlen", erklärte Hillebrand.

Auf eine Einweihungsparty im Herbst habe man bewusst verzichtet, sagte er. "Wir haben im November mit schlechtem Wetter gerechnet, zumal der Vorlauf, den die Genehmigungen für eine Einweihung benötigen, vier bis sechs Wochen beträgt", so Hillebrand. Im kommenden Frühjahr aber werde das Bürgerwindrad in aller Ruhe eingeweiht.

Dass zum regulären Start noch einmal die Emotionen bei den Windradgegnern hoch kochen werden, kann sich Hillebrand vorstellen, "natürlich ist der Diskussionsprozess noch nicht am Ende, aber der große Knall bei der Inbetriebnahme ist ausgeblieben".

Wie es nach 20 Jahren mit dem Windrad bei Fahrenzhausen weiter gehen wird, weiß derzeit niemand. Laut immissionsschutzrechtlicher Genehmigung durch das Landratsamt Freising ist die Genossenschaft jedenfalls verpflichtet, für den Rückbau des Windrades eine Sicherheitsleistung von 165 000 Euro vorzuhalten. Ob es nach 20 Jahren Betriebszeit wirklich abgebaut, weiterbetrieben oder ob ein sogenanntes Repowering , eine Erneuerung der Anlage, durchgeführt wird, entscheiden die Verantwortlichen dann zu gegebener Zeit.

© SZ vom 11.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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