Abenteuer im Dschungelcamp:Warten auf den Würgefeigentrommler

Ein Stück Freiheit haben die Freisinger Ferienkinder als Urwaldforscher im Sebaldhaus erlebt. Noch sind die Abenteuer nicht vorbei.

Sophia Lindsey

Freising - Ein klein wenig Abschiedsstimmung hat sich eingeschlichen ins Dschungelcamp am Sebaldhaus. "Ruhiger" sei es geworden, sagt Leiterin Gabi Dworsky, "es sind jetzt weniger Kinder da". Für das Amazonas-Beachbad, das riesige Planschbecken, ist es bereits zu kühl. Und die Gespräche drehen sich schon um den Schulanfang, viele zukünftige Fünftklässler sind hier, da kommt vorsichtige Vorfreude auf über das nahende Ende der Ferienzeit.

Soll das Abenteuer also schon vorbei sein? Nicht ganz. Ein Tier des Urwaldes zieht die Forscher-Truppe noch in seinen Bann. Eine ganze Expedition von Vogelexperten kümmert sich um die Ergründung dieser gefiederten Seltenheit: des Würgefeigentrommlers. "Er heißt so, weil er als einziges Lebewesen die hochgiftige Würgefeige essen kann", erklärt die zehnjährige Louise und zeigt auf einen eingezäunten Flecken Gras: "Hier wächst die Würgefeige."

Auf "Lebensgefahr" weist ein Schild hin. Eine bunte Pappmasché-Replikation des Verdauungssystems gibt Einblick in die hochkomplizierte Anatomie des Vogels, der das Gift der tödlichen Frucht durch die "Giftröhre" wieder "hochwürgt", sagt Louise. Das Skelett ist ebenso ausgestellt in der Forscher-Station und auch hier weiß die Vogelexpertin von einer Besonderheit zu erzählen: "Die Knochen sind mit Helium gefüllt, damit der schwere und große Vogel fliegen kann."

Wie groß und schwer das vom Aussterben bedrohte Tier ist, davon kann sich jeder überzeugen. Lebensgroß ist der Würgenfeigentrommler im Lager zu sehen. Zwei Wochen haben die Dschungelkinder daran gebaut. "Er kann sogar fliegen", erzählt die neunjährige Julia und zieht an dem Seil, das den bedrohlich wirkenden Vogel mit den Flügeln aus Maschendrahtzaun schlagen lässt.

Auch der Schnabel kann auf und zu schnappen. Küchensieb, Kuchenförmchen und Kleiderbügel sind zu Körperteilen des Tieres verarbeitet. Das linke Auge besteht aus den Speichen eines alten Fahrrades. Ein kleiner Staubsauger bildet einen Teil des Halses. Und auf dem Kopf, wie eine Art Kamm, sitzt ein zerknautschter Ikea-Lampenschirm. "Müll ist für sowas ein toller Wertstoff", sagt Betreuer Hansjörg Polster, "das wird sonst alles weggeworfen und jetzt wird etwas Kreatives daraus gebaut." An der Geschichte um den Würgenfeigentrommler hätten alle Kinder "mitspinnen" können. So seien die vielen Theorien entstanden.

Dass das Dschungelcamp bald zu Ende geht, findet die 11-jährige Tatjana schade, sie war fast die gesamte Zeit hier und besucht das Sebaldhaus schon seit sie sechs Jahre alt ist. "Freunde finden", könne man hier, während die Eltern in der Arbeit sind. Auch die Brüder Lukas und Tobias haben fast die ganzen Ferien hier verbracht. "Zu Hause wär's langweilig", sagt Tobias, hier fühle er sich "nicht so beaufsichtigt." Das findet Lukas auch, denn hier sei man "so ein bisschen frei". Erzieherin Gabi Dworsky und Sozialpädagogin Hannah Handlos blicken zurück auf einen erfüllten Sommer, der "so schön wie immer" war. "Jedes Thema hat seinen eigenen Reiz", sagt Hannah Handlos und Gabi Dworsky ergänzt: "Es wird immer kreativ und spielpädagogisch umgesetzt." Und noch ist sie nicht vorbei, die Dschungel-Expedition, noch ranken sich die Geheimnisse um das letzte Ei des Würgefeigentrommlers, aus dem nur dann ein Junges schlüpft, wenn der Mond besonders günstig steht. Bis dahin kann man es sich ans Ohr halten, und mit ein bisschen Fantasie hört man im Knistern des Bastelmaterials die ersten Laute eines ungeborenen Kükens.

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