28. Verhandlungstag:Ornithologen vor Gericht

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Der Bund Naturschutz kritisiert im Startbahnprozess die Vorgehensweise der FMG beim Thema Vogelschutz. Diskutiert wird über Trauerschnäpper und Teichrohrsänger. Richter Allesch wähnt sich im Zugvogelseminar

Johann Kirchberger

Kein gutes Haar lässt der Bund Naturschutz an den im Planfeststellungsbeschluss für den Bau der dritten Startbahn aufgeführten Maßnahmen zum Schutz der Vogelwelt. Die Auswahl der Arten sei zu klein und willkürlich erfolgt, hieß es am Donnerstag am 28. Verhandlungstag vor dem Verwaltungsgerichtshof, untersucht worden seien nur Brutvögel, nicht aber die hohe Zahl der Zugvögel, die das nördliche Erdinger Moos als Nahrungs- und Rastplatz nützten.

Die Ornithologen der Flughafen GmbH hätten nur 40 der vorhandenen 155 Vogelarten erfasst, so einer der zentralen Vorwürfe des BN. Um Arten wie den Sumpfrohrsänger habe man sich nicht gekümmert, obwohl der im Moos mit 559 Brutpaaren häufiger vorkomme als sonstwo in Bayern. Der hohe Flächenverlust durch den Bau der dritten Startbahn führe gleichwohl dazu, dass die Hälfte davon verloren gehe. In der geringen Auswahl der Vogelarten sieht der Bund Naturschutz einen eindeutigen Verstoß gegen die Vogelschutzrichtlinien der EU. Die Flughafenanwälte sahen dies natürlich anders. Vogelarten, die in Bayern flächendeckend vorkämen, seien keine "Erhaltungsziele", hieß es, weshalb ihnen nicht die gleiche Aufmerksamkeit zugekommen sei wie anderen Arten.

Gerügt wurde vom Bund Naturschutz außerdem, dass der Zeitraum, in dem die Vogelwelt im Erdinger Moos beobachtet wurde, viel zu kurz gewesen sei. Nur etwa drei Monate lang habe man Brutpaare gezählt, wodurch die im März und im Herbst durchziehenden Vögel - ausgerechnet dem FMG-Experten rutschte einmal die Zahl 17 000 heraus - nicht registriert werden konnten. Die aber benötigten das Erdinger Moos als Rastplatz und Nahrungsquelle. Davon sei im Planfeststellungsbeschluss aber nirgends die Rede. In den Untersuchungen der FMG ließen sich so viele Widersprüche feststellen, so Rechtsanwalt Uli Kaltenegger vom Bund Naturschutz, dass er zu dem Schluss komme, hier sei nicht nach den "besten wissenschaftlichen Erkenntnissen" gearbeitet worden. Dies wollte die Gegenseite gar nicht bestreiten, die seien nämlich nur notwendig, wenn Zweifel an den Beeinträchtigungen bestünden. Zudem reiche es, die Erfassung der Vogelarten auf den "Wirkraum" der dritten Bahn zu beschränken.

Lange diskutiert wurde am Donnerstag auch, ob etwa Teichrohrsänger und Trauerschnäpper durch die Flughafenerweiterung beeinträchtigt würden. Ja, sagt der Bund Naturschutz, weil beide Arten in den "Standardatenbögen" der Vogelschutzrichtlinien aufgeführt seien. Nein, sagen die Gutachter der FMG, weil sie zu selten vorkämen und erst später "unerwartet" zu Erhaltungszielen geworden seien.

Als "Sparprogramm" bezeichnete BN-Gutachter Matthias Schreiber die Vogelschutzmaßnahmen der FMG. Als Beispiel nannte Christine Margraf vom Bund Naturschutz den Kiebitz, von dem nur die Brutpaare erfasst worden seien. Eine Art, die in großen Schwärmen im Moos raste und nach kurzer Zeit weiterfliege. Ein anderes Beispiel seien die Bekassinen, von denen, wie sie sagte, Christian Magerl schon einmal 300 auf ihrem Durchzug beobachtet habe. In den Unterlagen der FMG tauche die Bekassine aber gar nicht auf. So etwas sei keine Bestandserfassung im Sinne der EU-Richtlinien. Auch sei nur an 17 Einzelgewässern und auf den Flughafenwiesen gezählt worden. Die FMG, sagte sie, habe damit "keine fundierten Bewertungsgrundlagen" über die Auswirkungen einer dritten Bahn vorlegen können.

Richter Erwin Allesch zeigte sich angesichts der vielen Vogelarten und ihrer unterschiedlichen Verhaltensweisen manchmal ein wenig genervt. "Wir müssen aufpassen, dass wir hier kein Zugvogelseminar veranstalten", sagte er.

© SZ vom 11.10.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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