Freimann:Weck-Ruf

Das neue Wohngebiet auf dem Areal der einstigen Bayernkaserne soll auf keinen Fall nur eine Schlafsiedlung sein. Mit einer langen Wunschliste unterstreichen die Lokalpolitiker ihre Forderung nach urbaner Infrastruktur

Von Stefan Mühleisen, Freimann

Das Mammutprojekt ist bereits in Fahrt gesetzt, auf dem Reißbrett in den Stuben der Planer wälzt es sich schon vorwärts: Freimann wird in den nächsten Jahren um die Größe einer Kleinstadt anwachsen, das einst militärisch genutzte Gelände der ehemaligen Bayernkaserne soll zum Wohngebiet für gut 15 000 Menschen werden. Nachdem nun die Konturen skizziert sind, feilen die Fachleute vom federführenden Büro Hilmer Sattler Architekten Ahlers Albrecht an den Details für die Ausgestaltung des neuen Stadtquartiers.

Entwurf Bayernkaserne, Visualisierung Grünboulevard (in der Mitte des Quartiers der große Grünzug vom Quartiersplatz West bis zum Quartiersplatz Ost)

Wohnen im Grünen: Das neue Quartier soll seinen Bewohnern auch viel freie Flächen zwischen den Wohnblocks bieten.

(Foto: Hilmer Sattler Architekten)

Ausdrücklich wurde der Bezirksausschuss gebeten, Anregungen zu liefern. Dem ist das Gremium jetzt nachgekommen, bei einer kontroversen Debatte in der jüngsten Sitzung kam eine üppige Wunschliste zusammen. "Bitte überfrachtet das Gebiet nicht", mahnte der Vorsitzende Werner Lederer-Piloty (SPD) an, den Wunschkatalog nicht ausufern zu lassen.

Es war nicht die erste ausführliche Diskussion der Schwabinger Politiker über das Baugebiet, denn den Planungsprozess hindurch stand und steht das Thema Bayernkaserne ganz oben auf der Prioritätenliste. Die Stadtviertelvertreter wollen mitgestalten, wenn in ihren Bereich auf 58 Hektar ein Wohngebiet mit der Einwohnerzahl von Garching oder Bayreuth gepflanzt wird. Die Kleinstadt im Norden der Großstadt soll 2028 fertig sein, 2019 die Bauarbeiten losgehen. Parallel zum Anrücken der Bagger wird die Stadt noch ein bis zwei Jahre Gebäude als Notunterkünfte für Flüchtlinge und Obdachlose nutzen.

Freimann: Noch stehen graue Gebäude im Einheitslook auf dem Gelände der ehemaligen Bayernkaserne.

Noch stehen graue Gebäude im Einheitslook auf dem Gelände der ehemaligen Bayernkaserne.

(Foto: Stephan Rumpf)

Der Bezirksausschuss kämpft unterdessen mit Verve dafür, dass das neue Stück Stadt ein urbanes Flair bekommt, keinesfalls eine Schlafsiedlung wird. Scharf kritisierte das Gremium den Entwurf der Architekten; die Lokalpolitiker fürchteten "die Entstehung eines öden und sterilen Stadtteils". Der Ärger, dass die Kritik verhallte, ist zwar verraucht - nicht aber die Besorgnis, der städtische Charakter des Quartiers könnte zu kurz kommen. Die Fraktionen haben deshalb Forderungen formuliert, an welche Einrichtungen die Planer zu denken haben und wie die Gestaltung der Infrastruktur wünschenswert wäre.

Entwurf Bayernkaserne

Neue Welt: Dort, wo sich derzeit die Kasernen-Gebäude befinden, wird bis 2028 ein Stadtteil für gut 15.000 Menschen entstehen.

(Foto: Hilmer Sattler Architekten)

Für das urbane Kolorit des Gebietes sieht es der Bezirksausschuss als nötig an, die Erdgeschossbereiche für Gewerbenutzung sowie Kindertagesstätten, Lokale, Läden zu sichern. Die Stadt hatte zuletzt in Aussicht gestellt, dafür ein Quartiersmanagement zu installieren. An konkreten Vorschlägen für die Verwendung der Räume mangelt es nicht: Theater, Kino, Musikübungsräume, Bibliothek, Arztpraxen, notierten die BA-Mitglieder auf der Liste, dazu den Wunsch nach einem Biergarten, Kiosken und einem Jugendheim. Ausführlich debattierte das Gremium, ob ein Bürgersaal oder ein Bürgerhaus angemessen ist. Das Ergebnis: Ein Saal soll es sein, jedoch mit angeschlossener Gastronomie und am zentralen Platz gelegen.

Dieser soll in der Mitte der diagonalen Nord-Süd-Achse entstehen, durch die eine Trambahn-Trasse verläuft. Für die dortige Haltestelle sehen es die BA-Mitglieder als wichtig an, die "trennende Wirkung" durch die Gleise gering zu halten. "Keinesfalls", so hieß es, sollten Absperrgitter oder Umlaufsperren installiert werden. Uneins ist das Lokalparlament, wie viel Grünflächen es in dem Gebiet geben soll. Peter Eisert (CSU) und Ekkehard Pascoe (Grüne) warben für ausgedehnten Naturraum und den Erhalt von vielen Bäumen. SPD-Planungssprecherin Petra Piloty wandte ein, man könne nicht eine Stadt für Tausende Bewohner bauen "und gleichzeitig ein Idyll für Schnecken und Bienen erhalten".

Eine Einigung zu dem Dissens-Punkt war in der Sitzung nicht zu erkennen. Das letzte Wort über die Bayernkaserne dürfte noch lange nicht gesprochen sein.

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