Freimann:Lautstarker Protest

Naturschutzgebiet Fröttmaninger Heide, 2013

Bei verbotenem Grün sehen Bürger rot: die Fröttmaninger Heide.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Im Bezirksausschuss Schwabing-Freimann fordern Bürger den freien Zugang zur Fröttmaninger Heide - und blitzen ab

Von Stefan Mühleisen, Freimann

Es ist eine friedliche Graslandschaft, die sich vom nördlichen Stadtrand über 334 Hektar bis in den Landkreis Freising erstreckt. Jedoch ist in den vergangenen zwei Jahren wohl über keinen Landstrich in der Region so viel geredet und gestritten worden, wie über die Fröttmaninger Heide. Zuletzt schien Frieden eingekehrt zu sein - doch das Gezerre geht nun weiter, und zwar lautstark. "Wir fühlen uns sehr benachteiligt. Die Heide muss auch für die Bürger eine Erholungsfläche sein", sagt Walther Mantel erbittert, ja fast zornig, am Dienstag in der Sitzung des Bezirksausschusses Schwabing-Freimann. Gut 20 Zuhörer applaudieren. Eine halbe Stunde später werden sie wütend aus dem Saal der Seidlvilla marschieren.

Nun bricht der Konflikt also wieder auf in der an Kontroversen reichen Debatte um die Ausweisung des Naturschutzgebietes "Südliche Fröttmaninger Heide". Das einst militärisch genutzte Gebiet gilt als eine der größten Grasheiden Mitteleuropas. Die Bezirksregierung stieß den Prozess an, den gesamten Bereich unter Naturschutz zu stellen. Damit begann auch ein nervenaufreibendes Hin und Her, das bis heute noch immer andauert: In Workshops zankten sich Erholungssuchende und Hundebesitzer mit Naturschützern. Die einen wollen lockere Bestimmungen, die anderen fordern strikte Vorgaben. Zuletzt lag ein Kompromiss auf dem Tisch: Der Verordnungstext teilt die Heide in Zonen ein, manche mit rigiden, manche mit gelockerten Betretungsverboten. Bei Verstößen drohen Bußgelder bis zu 50 000 Euro.

Kürzlich hatte die Rathaus-CSU unter Führung von Evelyne Menges den Stab über den Kompromiss gebrochen. Sie forderte "eine verträgliche Naherholung" für die Wohnbevölkerung am Rande der Heide in Freimann. Und eben dies verlangen am Dienstag auch die knapp zwei Dutzend Freimanner. "In der Betretungszone gelten 25 Verbote, die auch in der Schutzzone gelten", sagt Wortführer Walther Mantel, der zudem eine schriftliche Erklärung an die Presse aushändigt. Darin äußern die Unterzeichner den Verdacht, dass es im bisherigen Verfahren nicht mit rechten Dingen zugegangen ist. "Die Verordnung (. . .) lässt in keinster Weise die Ergebnisse der zahlreichen Veranstaltungen (. . .) erkennen." Sie hätten den Eindruck gewonnen, dass die Verordnung schon lange fertig gewesen sei, "und die Bürgerbeteiligung nur als Feigenblatt für diese Verordnung diente". Ein Bürger führte in der Sitzung an, in der Heide seien über Jahrzehnte Panzer herumgefahren: "Jetzt ist sie auf einmal ein Naturwunder, das man vor den Bürgern schützen muss." Ein anderer Freimanner sagte, Stadträtin Menges habe "in letzter Sekunde die Notbremse gezogen".

All dies werfen die Gäste in den Raum, noch bevor das Gremium in die Tagesordnung einsteigt. Die Stimmung ist aufgeheizt, denn es gibt mehrere Eilanträge zu dem Thema. Es gilt, erst einmal zu entscheiden, ob überhaupt und über welchen abgestimmt werden soll. Es wird klar: Die Mehrheit aus SPD, Grünen und FDP halten überhaupt nichts von Menges' "Notbremse". Die Entscheidung fällt für das Plädoyer, den Verordnungstext "ganzheitlich und ohne Abstriche" umzusetzen. Horst Engler-Hamm (Freie Wähler) hatte hingegen dafür plädiert, die Einwendungen der Bürger "nicht zu ignorieren". Doch der Vorsitzende Werner Lederer-Piloty (SPD) lässt durchblicken, dass er gewillt ist, eben dies zu tun. Aufgeregt meldet sich mehrmals eine Frau. "Ich will etwas sagen!" Lederer-Piloty entgegnet wiederholt: "Sie haben hier kein Rederecht."

Schließlich kommt es zum Eklat: Empört ziehen die Bürger aus dem Saal und artikulieren draußen ihre Enttäuschung. Drinnen wird gegen die Stimmen von CSU und Freien Wählern das Signal gesetzt, die Verordnung unbeirrt durchzuziehen. "Das vorliegende Konzept ist gut für den Schutz der hochkarätigen Fauna und Flora und ebenso gut für erholungsuchende Menschen", heißt es in dem beschlossenen Antrag.

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