Freimann:Ein Dach über dem Kopf

Flexi-Wohnheim Lotte-Branz-Straße 12 HONORARFREI BEI NAMENSNENNUNG

Viel Platz zum Parken: So soll das Wohnheim an der Lotte-Branz-Straße aussehen; Politiker fordern mehr Aufenthaltsqualität.

(Foto: Refugium Lotte-Branz-Straße GmbH)

Stadt errichtet am Rand des Euroindustrieparks ein Flexi-Wohnheim für 111 Bewohner. Die Lokalpolitiker kritisieren jedoch, dass die Fläche für Parkplätze größer ist als die für das Gebäude

Von Stefan Mühleisen, Freimann

Die staatlichen Stellen bezeichnen sie als "Fehlbeleger", die städtischen Behörden als "Statuswechsler": Flüchtlinge, deren Asylverfahren abgeschlossen sind und denen ein Bleibestatus zuerkannt wurde. Mit dem positiven Bescheid sehen sich die Menschen aber einem neuen Problem ausgesetzt: Sie verlieren ihren Anspruch auf einen Platz in ihrer Unterkunft, der ja für nicht anerkannte Flüchtlinge reserviert ist, wie sie es selbst bis vor Kurzem waren. Einfach gesagt: Sie stehen plötzlich ohne Bleibe da - und nun steht die Kommune in der Pflicht, sie nicht im Stich zu lassen.

Im Zuge des Hilfsprogramms für Wohnungslose lässt die Stadt deshalb Wohnheime errichten - eines davon, ein sogenanntes Flexi-Wohnheim, entsteht am südwestlichen Rand des Euroindustrieparks in Freimann auf einem Gewerbegrundstück an der Lotte-Branz-Straße. Die Lokalpolitiker im Stadtbezirk haben dem Projekt jetzt zwar zugestimmt - aber die vorliegenden Pläne scharf kritisiert. "Die Fläche für die Autos ist größer als die für das Gebäude. Das ist doch absurd", sagte Werner Lederer-Piloty (SPD), Vorsitzender des Bezirksausschusses Schwabing-Freimann, in der Sitzung des Gremiums.

Die sogenannten Flexi-Wohnheime sollen den wachsenden Bedarf an Bettplätzen für von Wohnungslosigkeit Bedrohte abdecken, nicht nur für anerkannte Flüchtlinge: Es ist eine Übergangslösung für all jene, die dringend ein Dach über dem Kopf brauchen, für Alleinstehende ebenso wie für Familien, zur Not auch für Azubis oder Geringverdiener, die am überhitzten Münchner Wohnungsmarkt scheitern. Gemäß dem Stadtratsbeschluss vom Juli 2017 sollen in den kommenden acht Jahren 5000 Flexi-Plätze in Neubauten und Bestandsimmobilien entstehen, die Zielmarke liegt bei 625 Plätzen pro Jahr. Für 2018 nennt das Sozialreferat 1450 fehlende Zimmer für Wohnungslose.

Ein solch flexibel belegbares Wohnheim wurde bereits auf einem Gelände Am Moosfeld in Trudering eröffnet; ein weiteres an der Wotanstraße soll Anfang 2019, ein anderes an der Boschetsrieder Straße im Laufe desselben Jahres fertig sein. Übermäßig viel Platz haben die Bewohner in den Objekten nicht zur Verfügung, wie der Vortrag von Christian Neumayer vom federführenden Amt für Wohnen und Migration zum Neubau an der Lotte-Branz-Straße in der Schwabinger BA-Sitzung deutlich machte.

Ein Standardzimmer mit Küchenzeile und Nasszelle, das sich zwei Bewohner teilen, soll demnach 14,5 Quadratmeter groß sein; sieben Quadratmeter Platz pro Person seien vorgeschrieben, sagte Neumayer. Insgesamt entstehen in dem dreistöckigen Haus 48 minimal möblierte "Einheiten" für 111 Bewohner, darunter auch Drei-Zimmer-Wohnungen für vier Personen. Drei Sozialpädagogen sollen in dem Haus zur Stelle sein. Bauherr ist ein Privatinvestor; die Stadt mietet das Objekt für 15 Jahre. "Danach hat es der Eigentümer in der Hand, was damit passiert", sagte Neumayer. Im Juli 2018 soll das Haus bezugsfertig sein.

Der Behördenmitarbeiter zeigte dazu eine Computer-Simulation, welche die Lokalpolitiker allerdings mit Missfallen zur Kenntnis nahmen. Die Bürgervertreter störten sich vor allem an der aus ihrer Sicht völlig überdimensionierten Parkplatzfläche beim Gebäude. "Ein privates Apartmenthaus würde die Freifläche nicht so anordnen", bemerkte Lederer-Piloty; Bernhard Dufter (Grüne) schimpfte: "Das stinkt gewaltig." Per Beschluss appelliert das Gremium nun an die Stadt, "ein Mindestmaß an Aufenthaltsqualität" zu realisieren und zumindest einen Teil der Parkplätze als Spiel- und Sportfläche zu gestalten.

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