Freiham:Strittiges Verkehrskonzept

Im ersten Bauabschnitt sollen in Freiham-Nord rund 4000 Wohnungen entstehen. Die Billigung durch den Stadtrat gilt als gewiss. Lokalpolitiker aber kritisieren, dass angrenzende Straßen schon heute überfüllt sind

Von Ellen Draxel, Freiham

So groß wie 250 Fußballfelder ist das Quartier, das auf der letzten großen, zusammenhängenden Fläche innerhalb der Münchner Stadtgrenzen im Westen entsteht. Bis zu 20 000 Menschen sollen in Freiham einmal leben, 7500 arbeiten. Das 350 Hektar große Areal teilt sich in zwei Bereiche: Der Gewerbestandort südlich der Bodenseestraße wird seit 2005 realisiert. Der Norden mit Wohnungen, einem Schulcampus und einem Landschaftspark soll noch in diesem Jahr baulich erschlossen werden. An der neuen S-Bahn-Haltestelle ist ein Stadtteilzentrum geplant als Element, das beide Seiten verknüpft.

Der nördliche Bereich entsteht in mehreren Realisierungsabschnitten. Für den ersten, 85 Hektar umfassenden Bauabschnitt mit rund 4000 Wohnungen für 10 000 Einwohner, dem Quartierszentrum, dem Bildungscampus, einem Sportpark und vielen Grün- und Freiflächen liegt von diesem Mittwoch, 8. April, bis Freitag, 8. Mai, jeweils montags bis freitags von 6.30 Uhr bis 18 Uhr im Planungsreferat an der Blumenstraße 28 b, Raum 071, der Entwurf des Bebauungsplanes öffentlich aus. Während dieser Frist können von Bürgerseite Stellungnahmen abgegeben werden. Der Entwurf basiert auf dem Sieger-Konzept des Berliner Architekturbüros Ortner & Ortner mit der Beratungsgesellschaft für Stadterneuerung und Modernisierung mbH (BSM) und dem Landschaftsbüro Topotek 1, wurde aber erweitert.

Bildungscampus Freiham

Im ersten Bauabschnitt sollen in Freiham-Nord rund 4000 Wohnungen entstehen. Die Billigung durch den Stadtrat gilt als gewiss.

(Foto: Visualisierung: Georg-Scheel-Wetz)

Vom Bezirksausschuss Aubing-Lochhausen-Langwied geäußerte Wünsche sind in der ausgelegten Version bereits eingearbeitet. Vorgesehen sind zum einen nun kleinteilige Strukturen: Kompakte, frei stehende, in ihrer Silhouette sich unterscheidende Punkthäuser mit zwölf bis 24 Wohnungen sollen neben 60 Meter langen Reihenhäusern mit aufgelockerter, kammartiger Fassade und Atriumhäusern mit bis zu 45 Wohnungen die Optik prägen. Dagegen sind am Rand mehrspännige Blocks geplant - aber auch sie sollen mit torähnlichen Durchgängen, unterschiedlichen Gebäudehöhen und versetzten Flächen variabel gestaltet werden. Die Wohnquartiere befinden sich östlich und westlich der Haupterschließungsachse Freihamer Allee. 50 Prozent der Wohnungen sind frei finanziert, 30 Prozent sozial gefördert. Und 20 Prozent werden nach dem "München-Modell" vergeben. 2017, so die Terminübersicht, sollen die ersten Bewohner in Freiham einziehen können. Bis der erste Bauabschnitt aber komplett bezogen ist, kann es sechs bis zehn Jahre dauern.

Zum anderen ist in unmittelbarer Nachbarschaft zum kulturellen Bürger-, Kinder- und Familienzentrum und dem Einzelhandel in der Quartiersmitte jetzt ein Alten- und Servicezentrum vorgesehen. Weitere Angebote der Altenhilfe und Pflege, so das Planungsreferat, seien in den Wohngebieten "jederzeit möglich". An diesem zentralen Stadtplatz, der nach Norden in eine Fußgängerzone mündet, finden sich alle Funktionen mit innerstädtischem Charakter - Gastronomie, Dienstleistungen, Läden und Büroflächen. Dazu ein Hotel und eine Außenstelle der Volkshochschule.

Bildungscampus Freiham

Trägt seinen Namen zu Recht: Auf dem Bildungscampus sind eine Grund- und eine Realschule, ein Gymnasium sowie ein Förderzentrum geplant.

(Foto: orla connolly + jens weber photo)

Grün- und Freiflächen, auch das eine Bitte der Lokalpolitiker, sind im neuen Quartier untereinander und mit angrenzenden Gebieten vernetzt. Bäume, versprechen die Planer, würden lediglich im Bereich der künftigen Straßen und Freiflächen gefällt.

Besonders zügig wird der Bildungscampus realisiert. Im 22. Stadtbezirk herrscht immense Raumnot an Schulen, deshalb sollen die ersten Schüler in Freiham bereits mit Beginn des Schuljahres 2018/19 unterrichtet werden. Auf dem rechteckigen Areal direkt an der S-Bahn finden eine fünfzügige Grundschule, eine fünfzügige Realschule, ein sechszügiges Gymnasium sowie ein sonderpädagogisches Förder- und Kompetenzzentrum für 19 Klassen mit Doppelsporthalle Platz. Durch eine Unterführung ist der Bildungscampus mit dem benachbarten Sportpark verbunden. Der Sportpark wird für den Schul- wie auch den Breitensport errichtet. Neben Freisportanlagen und Sporthallen sind ein Schulschwimmbad, eine Kletter- und Boulderanlage sowie ein Vereinsheim mit Gaststätte geplant.

Bauchschmerzen aber hat der Bezirksausschuss nach wie vor wegen des Verkehrs. Eine "vernünftige Verkehrserschließung" sei "nicht ersichtlich", kritisierten die Stadtteilvertreter im Vorfeld. Bereits heute seien die an Freiham angrenzenden Straßen überfüllt, die S-Bahn längst über ihre Kapazitätsgrenze hinaus belastet. Und die Anbindung an die Innenstadt durch den öffentlichen Nahverkehr bedürfe einer nachhaltigen Verbesserung. Das Planungsreferat hat zwar ein "Verkehrsgutachten unter besonderer Berücksichtigung der Nahmobilität" in Auftrag gegeben, außerdem werde der Baustellenverkehr über die A 99 und nicht durch Aubing geleitet. Im Übrigen rechnet die Stadt aber mit einer "verträglichen Abwicklung des zukünftigen Verkehrsaufkommens".

Dass die Politiker skeptisch bleiben, beweist ein Termin, den die lokale CSU für Donnerstag, 16. April, angesetzt hat. Um 19 Uhr sollen die Bürger im Aubinger Wirtshaus an der Kastelburgstraße 25 über die Verkehrsplanung für Freiham informiert werden. Einen Tag, nachdem der Stadtrat den ersten Realisierungsabschnitt zu Freiham-Nord gebilligt hat.

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