Freibäder:Der Manager am Beckenrand

Bademeister Stephan Krüger im Schyrenbad

Stephan Krüger arbeitet im Schyrenbad als Bademeister und Schwimmbadleiter.

(Foto: Florian Peljak)

Die Sonne steht am Himmel, die Freibäder sind voll - das sind die Tage, für die Bademeister Stephan Krüger lebt. Dabei ist er im Schyrenbad für weitaus mehr als nur nur für die Sicherheit zuständig.

Von Inga Rahmsdorf

Offene Brüche, Platzwunden, ausgekugelte Arme, Kinder, die alten Damen auf den Rücken springen und ertrinkende Badegäste. Das hat Stephan Krüger alles schon erlebt. Viermal hat er Menschen aus dem Wasser gezogen und ihnen das Leben gerettet. Was eben so zu einem Freibadalltag gehört.

Man könnte denken, dass der Bademeister ganz froh ist über Tage, an denen Wolken über München hängen und das Thermometer unter 24 Grad bleibt. Man könnte vermuten dass es für ihn besonders stressig ist, wenn es sommerlich heiß ist und die Menschenmassen sich in den Becken und auf den Liegewiesen drängen. Doch Krüger freut sich, wenn sich 6000 bis 7000 Menschen am Tag im Schyrenbad tummeln. "Ich mag es, wenn was passiert. Dann haben wir was zu tun", sagt er. "Dann kann ich mein Fachwissen anwenden."

Anstrengend dagegen findet er Tage, an denen nur Vögel auf der Liegewiese herumhüpfen und nach Regenwürmern picken, während vereinzelte Schwimmer ihre Bahnen ziehen. Besonders für die Rettungskräfte am Beckenrand könnten solche Tage sehr fad werden. "Man braucht Aufgaben", sagt Krüger.

Der 36-Jährige ist schließlich nicht Bademeister geworden, um im Plastikstuhl am Beckenrand zu sitzen und sich die Sonne auf den Bauch scheinen zu lassen. "Das ist ein ganz falsches Bild von unserer Arbeit", sagt er. "Es ist ein verantwortungsvoller Beruf." Krüger ist Meister für Bäderbetriebe und er leitet seit 2013 das Schyrenbad. Es war das erste Freibad der Münchner Stadtwerke (SWM), in dem die Saison in diesem Jahr am 29. April begonnen hat. Mittlerweile sind sieben der acht Sommerbäder geöffnet und im ersten Monat kamen insgesamt 48 000 Badegäste. Weil es jedes Jahr schwieriger wird, Mitarbeiter für den Sommer zu finden, und den Stadtwerke noch 20 Rettungskräfte fehlen, ist die Eröffnung des Bads Georgenschwaige auf den 16. Juni verschoben worden.

Er sei im Schyrenbad personell noch ganz gut aufgestellt, sagt Krüger. Zu seinem Team gehören acht Rettungsschwimmer, zwei Auszubildende, eine Fachkraft und ein weiterer Meister. Eine der neuen Rettungskräfte ist Sabine. Die 45-Jährige möchte nicht, dass ihr Nachname in der Zeitung steht. Fast 30 Jahre lang hat sie als Näherin gearbeitet. Dann wollte sie raus aus ihrem Beruf, wusste aber nicht, was sie stattdessen machen sollte, bis eine Freundin sie fragte, warum sie nicht ihr Hobby zum Beruf mache. Die Entscheidung habe sie keinen Tag bereut, sagt sie. Es mache ihr so viel Spaß, dass sie künftig nicht nur als Saisonkraft, sondern hauptberuflich im Bad arbeiten möchte.

Eine Leidenschaft fürs Schwimmen und Feingefühl im Umgang mit Menschen seien wichtig bei der Arbeit, sagt Krüger. "Meine Gäste sollen hier abschalten können vom alltäglichen Stress und sich wohlfühlen." Abschalten, Sonne tanken, sich sportlich betätigen oder anbandeln, dafür gehe man doch schließlich ins Freibad.

Krüger und seine Kollegen in den türkisfarbenen T-Shirts sind aber nicht nur verantwortlich für das Wohlergehen der Badegäste, sondern auch für die Technik, Filteranlage, Pumpen, Heizung und für 33 000 Quadratmeter Liegefläche. Es gibt keinen Gärtner, der den Rasen im Schyrenbad mäht und keine Subunternehmen, die Mitarbeiter schicken, um abends die Eisverpackungen von der Liegewiese aufzuheben. Hier wird nichts outgesourcet, das machen alles Krüger und seine Kollegen. Sie schneiden den Schilf an der Wasserrutsche, mähen den Rasen, fischen Blätter aus den Becken, schneiden die Bäume, reinigen die Filteranlage, bereiten das Wasser auf und regulieren den Chlorgehalt.

"Das Wasser in den Becken hat fast Trinkwasserqualität"

Wenn Krüger durch die Technikräume des Schyrenbads führt und den niedrigen Chlorgehalt erläutert, wenn er im Kellerraum gegen den ohrenbetäubenden Lärm der Pumpen anbrüllt, um zu erklären, wie das Wasser aus dem Becken in die Filteranlage fließt, dann gerät Krüger, der sonst eher bedächtig und ruhig spricht, richtig in Fahrt und ins Schwärmen. "Das Wasser in den Becken hat fast Trinkwasserqualität."

Krüger ist selbst leidenschaftlicher Schwimmer, vor der Arbeit oder in den Pausen zieht er gerne einige Bahnen. "Des ist herrlisch", sagt er mit seinem sächsischen Akzent. "Ich könnte wochenlang einfach im Wasser bleiben." Schon als Kind war er ständig im Schwimmbad, hat dann seine Ausbildung zum Fachangestellten für Bäderbetriebe vor 20 Jahren in Dresden gemacht. Danach ist er nach München gezogen, hat zunächst jahrelang im Dante-Bad der Stadtwerke gearbeitet und schließlich seinen Meister für Bäderbetriebe absolviert. Und er ist Freibadler. Durch und durch. Im Hallenbad arbeiten? Nee, nee. "Ich schätze die frische Luft."

Seine Freibadsaison dauert von März bis Ende November. Zwei Monate vor Öffnung des Schyrenbads beginnt er mit den Vorbereitungen. Und nach der Schließung dauert es zwei Monate, bis das Bad winterfest ist. Klar, habe er auch Anspruch auf Ferien während der Saison. "Aber warum sollte ich denn dann Urlaub machen?" fragt er. Den nimmt er sich von Dezember bis Februar und fährt in den Süden. Natürlich ans Wasser. Zum Schwimmen? Na ja, schnorcheln, baden und planschen.

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