Frauenfriedhof in München:Nachbarinnen für immer

Münchens erster Frauenfriedhof ist die gemeinsame letzte Ruhestätte der Mitglieder eines Riemer Wohnprojekts. 240 Frauen haben schon Anteilsscheine gezeichnet.

Renate Winkler-Schlang

Bis dass der Tod sie scheidet - und noch länger: Auf dem neuen Riemer Friedhof gibt es jetzt einen eigenen Frauenfriedhof. Initiiert haben ihn zehn Münchnerinnen, die in der Messestadt Riem in einem speziellen Wohnprojekt zusammenleben. Ihr Haus ist anders als die anderen Häuser in dem großen Neubaugebiet: Die Wohnungen wurden speziell für Frauen geschaffen - und auch nur von Frauen: der selbstverwalteten Wohn- und Baugenossenschaft Frauen-Wohnen. 240 Frauen haben Anteilsscheine gezeichnet, viele wohnen selbst in einer der Wohnungen - mit lebenslangem Wohnrecht.

München, Neuer Friedhof Riem

Anke Geisler, Barbara Yurtdas und Inge Raisig (von links) haben die ganze Beerdigungssache mit organisiert und wollen auch hier bestattet werden, anonym oder mit Namenstäfelchen.

(Foto: ANGELIKA BARDEHLE)

Doch die Frauen in Riem wollen dort nicht nur zusammenleben, vor einiger Zeit kam ihnen die Idee, dass sie auch nach dem Tod zusammenbleiben wollen. Sie gründeten eine Arbeitsgruppe, zogen von Amt zu Amt - und bekamen von der städtischen Friedshofsverwaltung tatsächlich eine Fläche zugewiesen. Die Behörde habe auf die Idee eines Frauenfriedhofs sehr aufgeschlossen reagiert, sagt Barbara Yurtdas, Aufsichtsrätin bei Frauen-Wohnen. Ähnliche Ruhestätten gebe es schon für kirchliche Ordensleute.

"Schiefe Kiefer" heißt der eingetragene Verein, den die Frauen gegründet haben. Früher wuchs auf dem Friedhofsgrundstück tatsächlich eine Kiefer, heute steht dort eine Stahlskulptur, die der Verein in Auftrag gegeben hat. "Raumzeichnung" heißt das sehr moderne und sehr blaue Kunstwerk - nicht die einzige Besonderheit dieser letzten Ruhestätten: Auf ihrem kleinen Friedhof wollen die Frauen sich später einmal anonym bestatten lassen, ohne Grabsteine: "Einzelne Gräber fanden wir spießig", sagt Yurtdas. Allenfalls kleine Schilder, doppelt so groß wie ein Klingelschild, werden an die Bestatteten erinnern, mit Namen, Geburts- und Sterbedaten oder einem selbst gewählten Spruch.

Zehn Frauen gehören der "Schiefen Kiefer" an, sie haben sich zehn Gräber reservieren lassen. Zwei Särge und acht Urnen können in jedem bestattet werden - nicht nur von Bewohnerinnen der Messestadt. Die Frauen wollten wissen, wo sie ihre letzte Ruhe finden, sagt Yurtdas. Beim Vereins-Grab hätten sie Gewissheit, dass sie von den Mitgliedern besucht werden - ein schöner Gedanke für jene, die keine Familie haben. Beschaulich ist der Ort, meditativ und irgendwie auch heiter. Das gemeinsam bestellte Kunstwerk jedenfalls, sagt Yurtdas, wurde mit Prosecco begossen.

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