Forstenried:Geschäftsgrundlage entfallen

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Ein Bild aus dem Jahr 2010: hartnäckiger Protest der Anwohner gegen eine Verlängerung der Stäblistraße bis zur A95. (Foto: Alessandra Schellnegger (Archiv))

Das Projekt "Stäbli-Durchstich" ist längst vom Tisch, laut Gerichtsurteil muss die Stadt nun ein Grundstück zurückgeben

Von ANDREAS salch, Forstenried

Die autogerechte Stadt ist heute passé. Vor fast vierzig Jahren dachten die Planer der Stadt München aber noch anders. Mit dem Bau einer Straßentrasse als Verlängerung der Staatsstraße 2344 von der Forstenrieder Allee bis zur A 95 sollte der sogenannte Stäbli-Durchstich entstehen. Der Plan ist längst vom Tisch. Anfang April 2014 hatte der Stadtrat die Verlängerung der Stäblistraße aufgegeben, sich damit aber prompt eine Klage eingehandelt. Denn der ehemalige Grundstückseigentümer, der der Stadt 1979 ein Areal an der Bauweber-/Neurieder Straße mit rund 1100 Quadratmetern für das Projekt "Stäbli-Durchstich" verkauft hatte, wollte die Fläche nun wieder zurückhaben.

Sein Argument für die von ihm angestrebte Rückübertragung: Die Geschäftsgrundlage für die damalige Grundstücksübereignung an die Stadt sei mit der Entscheidung des Stadtrats entfallen. Es folgte ein zweijähriger Rechtsstreit durch zwei Instanzen, den jetzt das Oberlandesgericht München entschieden hat. Laut Urteil der Richter des 7. Senats muss die Stadt fast die ganze Fläche in der Gemarkung Forstenried, die sie 1979 erworben hat, an den Kläger, einen Immobilienhändler aus Grünwald, zurückübertragen. Die Stadt München hatte indes damit argumentiert, dass die Geschäftsgrundlage für den Vertrag nur die Verwendung der Flächen als öffentlicher Straßengrund gewesen sei. Außerdem käme nur eine "grundstücksbezogene Rückabwicklung" in Frage. Da das "Stammgrundstück" des Klägers 1984 in eine 1034 Quadratmeter und eine 52 Quadratmeter große Fläche geteilt worden war, vertrat die Stadt zudem die Meinung, dass nur eine "grundstücksbezogene Rückabwicklung" in Betracht komme. Und zwar bezogen auf das "Stammgrundstück". Rechte und Ansprüche hieran hätten die späteren Erwerber der restlichen 52 Quadartmeter großen Teilfläche des Grundstücks, nicht aber der Kläger.

Bereits das Landgericht München I hatte die Klage des Immobilienhändlers als zulässig und begründet angesehen. Die Richter hatten die Stadt zur Rückübereignung der 1034 und der 52 Quadratmeter großen Fläche verurteilt. Rechte Dritter sahen sie nicht betroffen. Darüber hinaus gingen sie in ihrem Urteil davon aus, dass die Geschäftsgrundlage für die Übereignung der Fläche im Jahr 1979 allein die Verwirklichung des Stäbli-Durchstichs gewesen sei. Andere Gründe für die Übereignung durch den Kläger habe es seinerzeit nicht gegeben. Wenn schon damals absehbar gewesen wäre, dass das Vorhaben scheitert, wäre auch der Übereignungsvertrag nicht geschlossen worden. Aus diesem Grund sei der geschlossene Vertrag nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage "rückabzuwickeln", heißt es im Urteil.

Auch die Richter des 7. Senats am Oberlandesgericht, wo die Stadt München Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I einlegte, teilten diese Einschätzung aus der ersten Instanz nahezu uneingeschränkt. Das mit 1034 Quadratmetern größere der beiden Grundstücke sei "zurückaufzulassen". Ferner müsse die Stadt dem Kläger einen Eintrag im Grundbuch als Grundstückseigentümer bewilligen. Die Klage auf Rückübertragung auch des kleineren, 52 Quadratmeter großen Grundstück, wiesen die Richter des 7. Senats allerdings ab.

© SZ vom 21.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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