Forstenried:Die große Kontaktbörse

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An der Forstenrieder Allee feiert der Bürgertreff München Süd, das "treff und tee", sein 30-jähriges Bestehen. Die Einrichtung steht wie kaum eine zweite für den sozialen Zusammenhalt im Stadtviertel

Von Jürgen Wolfram, Forstenried

Welch ein Widerspruch: An der langen Forstenrieder Allee ist es eine der unscheinbarsten Adressen, doch dahinter verbirgt sich eine Einrichtung, die wie wenige andere für den sozialen Zusammenhalt im Stadtviertel steht. Im Bürgertreff München Süd, dem "treff und tee", finden junge und neu zugezogene Mütter Anschluss und Entlastung, Jung und Alt tauschen sich in entspannter Atmosphäre bei offenen Frühstücksrunden aus, es gibt Vorträge, Flohmärkte, Tanz- und Kulturveranstaltungen, Feste, Koch- und Sprachkurse, Krabbel- und Spielgruppen - soweit ein Auszug aus dem bunten Programm.

Hier ist der "Kunde" noch König: Leyla von der Kinderbetreuung im Bürgertreff Forstenried liest Mikail etwas vor. (Foto: Catherina Hess)

Derzeit hält noch ein anderes Ereignis die gut zwei Dutzend ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und das halbtags besetzte Büro auf Trab: "treff und tee" feiert am Freitag, 19. Februar, sein 30-jähriges Bestehen. Auf dem Programm stehen ein Empfang mit städtischen Offiziellen sowie ein Tag der offenen Tür mit Kasperltheater für Kinder und ein volksmusikalischer Auftritt der "Forstenrieder Borschtigen".

Es wäre kein bisschen übertrieben, Maja Meimberg und Friedel Reimann vom Vorstand des Bürgertreff-Vereins als Mütter der Bewegung zu bezeichnen. Beide sind schon bei der Gründung von "treff und tee" vor drei Jahrzehnten dabei gewesen. Ihr Urteil lässt Zweifel an der Bedeutung der zeitgemäß ausgestatteten Begegnungsstätte an der Forstenrieder Allee 65 b gar nicht erst aufkommen. "So etwas wie unseren Treff braucht die Gesellschaft", sagt Meimberg. Und Reimann schwärmt davon, was sie in all der Zeit ehrenamtlichen Engagements "in Sachen Motivation und Organisation" gelernt hat. Es auch mal zu versuchen, sich mit seinen Fähigkeiten einzubringen und beispielsweise eines der offenen Angebote mitzugestalten, kann sie jedem Bürger und jeder Bürgerin in Fürstenried, Forstenried und Solln nur empfehlen. Und wenn die wichtigste Zielgruppe auch Mütter mit kleinen Kindern sein mögen, so sind doch alle Altersgruppen gern gesehen. Eine regelmäßige Besucherin sei sogar schon 90, berichtet Mitarbeiterin Ursula Kreh. Ob Teamtreffen oder Bastelstunden, die Resonanz nimmt sich meistens erfreulich aus. "Noch nach einem Jahr ertappe ich mich dabei, wie ich im Bus nach Hause sitze und einfach nur zufrieden und glücklich bin", schrieb unlängst eine "treff und tee"-Freundin an die Leiterinnen.

Starker Stamm mit vielen Trieben: Maja Meimberg, Ursula Kretz und Friedel Reimann zeigen den Mitarbeiterbaum des Bürgertreffs. (Foto: Catherina Hess)

Beim Jubiläum wird zu reden sein von den bescheidenen Anfängen, wie sie bereits in der Chronik zum Zehnjährigen anschaulich beschrieben sind. Zunächst war "treff und tee" in einer Art Holzhütte untergebracht, vor der Eröffnung am 19. Februar 1986 kaufte man mit dem Geld aus einem Selbsthilfefonds rasch noch "einen Tisch, Stühle, ein Regal und Spielsachen". Es sollte dann zwölf Jahre dauern, ehe der Bürgertreff in die ehemaligen Posträume an der Forstenrieder Allee umziehen konnte. Städtische Unterstützung machte es möglich, auf diese Weise den Bestand des Vereins langfristig zu sichern. Im Münchner Rathaus weiß man eben, was man an Mütter- und Bürgerzentren dieser Art hat - heute gibt es im Stadtgebiet 17 davon.

Mit den Jahren hat sich die Klientel erweitert. Nicht mehr nur Hausfrauen, denen die Decke auf den Kopf fällt, schauen vorbei und finden vor allem die Handarbeitsgruppe bestrickend. Mehr und mehr kommen auch ausländische Mitbürger und Flüchtlinge ins Spiel, die Kontakte suchen. Zum Stammpublikum gehören Frauen aus Italien sowie der Türkei, und auch zwei Südamerikanerinnen freuen sich, mal wieder Spanisch reden zu können. Kurse wie "Spielerisch Deutsch lernen" sollen bei der Integration helfen. Mit Hilfe einer Sprachpädagogin wird sogar Einzelbetreuung angeboten. Nebenbei dient "treff und tee" als Informationsplattform. Man ist gut vernetzt mit der Arbeitsgemeinschaft Forstenrieder Vereine, den Nachbarschaftshilfen, der Stadtbücherei und dem Alten- und Servicezentrum (ASZ). In den nahen ASZ-Räumen hält "treff und tee" regelmäßig seine großen Kleidermärkte ab. Alles stimmig also? Nicht alles: Tatsächlich wird viel mehr Kaffee als Tee getrunken, wie Maja Meimberg einräumt. Der Name des Bürgertreffs stamme nur zufällig aus einer Zeit, in der Teestuben angesagt waren.

© SZ vom 15.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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