Forschungszentrum:Wie BMW den Münchner Norden prägt

  • BMW prägt das Stadtbild im Münchner Norden mit seinen architektonischen Aushängeschildern, aber vor allem mit riesigen Werkshallen und seinem Forschungszentrum.
  • Das soll bis zum Jahr 2050 noch weiter wachsen.
  • Allerdings: An der Verkehrsanbindung nach Norden hapert es.

Von Thomas Kronewiter

Was tut man, wenn man zehn Jahre lang einen derartigen Ladenhüter im Immobilien-Bestand hat? Einen problematischen obendrein - 25 Hektar groß, in direkter Nachbarschaft zum Automobilkonzern BMW, mit baulichem Altbestand, womöglich sogar mit Altlasten im Boden. Die Antwort auf diese Frage fanden im Jahr 2005 der Eigentümer, die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima), und der Nachbar BMW: Der Autobauer kaufte die ehemalige Kronprinz-Rupprecht-Kaserne kurzerhand selbst.

Ein Win-win-Geschäft war das, obwohl es das Unternehmen nach Schätzungen zwischen 20 und 50 Millionen Euro gekostet haben soll. Zufrieden war aber nicht nur die Bima, zufrieden waren auch die Politik und vor allem der Autobauer, der sich zuvor schon einen kleinen Teil des Kasernen-Areals zwischen Knorrstraße und Schleißheimer Straße gesichert hatte.

Masterplan bis 2050

Dass der Deal ein knappes Jahrzehnt später Voraussetzung war, einen Masterplan für den Forschungsstandort München bis ins Jahr 2050 starten zu können, sahen damals wohl noch nicht einmal diejenigen ab, die das Geschäft eingefädelt hatten. FIZ Future 2050 - unter diesem Kürzel verbirgt sich die technologische Zukunft der BMW Group.

Bis Mitte des 21. Jahrhunderts wird das Forschungs- und Innovationszentrum im Münchner Norden massiv ausgebaut - auf eben jenen Kasernenflächen, ohne die das gerne wiederholte Bekenntnis der BMW-Verantwortlichen zum Standort München vermutlich nur schwer mit Leben zu füllen wäre. So aber kann der Autobauer mit derzeit gut 40 000 Beschäftigten und einer Gesamtnutzfläche von münchenweit 3,3 Millionen Quadratmetern weiter wachsen.

Zehn Prozent des Verkehr im Norden verursacht BMW

Welche Bedeutung den von BMW veranlassten Verkehrsströmen im Münchner Norden zukommt, hat BMW-Immobilien-Chef Herbert Grebenc schon einmal im September 2014, am Rande der Bürgerbeteiligung zum FIZ-Ausbau, erläutert: Neun bis zehn Prozent des Verkehrs im Münchner Norden gehen direkt oder indirekt auf BMW zurück. Auf den Straßen im direkten Firmen-Umfeld, der BMW-Allee etwa oder der Knorrstraße, ist dieser Anteil natürlich noch höher.

Und diese Dominanz dürfte mit dem steten Ausbau noch steigen. Das Stammwerk zwischen Lerchenauer und Riesenfeldstraße bekommt gerade eine neue Lackiererei, der Karosseriebau wird erweitert - alles auf bestehenden Flächen. Gesamtinvestition bis 2018: 700 Millionen Euro. Aufbruch herrscht auch in Freimann: Die dort verstreuten Vertriebsstandorte und die BMW-Bank werden im Bereich Lilienthalallee und Alois-Wolfmüller-Weg zusammengezogen.

Zusammenschluss der einzelnen Orte

FIZ, Forschungs- und Innovationszentrum von BMW von der Schleißheimer Straße aus fotografiert

Das Forschungs- und Innovationszentrum von BMW (FIZ) von der Schleißheimer Straße aus gesehen. Bis Mitte des 21. Jahrhunderts wird es massiv ausgebaut

(Foto: Florian Peljak)

Entwickelt aber werden sämtliche Modelle der Gruppe in jenem 2005 erweiterten FIZ-Areal. Vor Jahren schon einmal ausgebaut, etwa um das heute zentrale Projekthaus und den Windkanal, steht aktuell das Vorhaben FIZ Nord auf der Agenda. Mitte 2016 soll es mit dem Bau der ersten Werkstattgebäude und weiterer Prüfstände losgehen, 2019 soll etwa die Abteilung Motorenentwicklung dort einziehen, die jetzt noch weiter östlich in Milbertshofen untergebracht ist.

Kommenden April wird der Münchner Stadtrat dann auch über das FIZ Nord-Nord entscheiden, den nördlichsten Abschnitt bis zur Rathenaustraße. Baurecht muss dort erst noch geschaffen werden, von 2022/23 an rechnet man bei BMW mit den ersten Fertigstellungen. Dort wird der bisher zersplitterte Versuchsfahrzeugbau konzentriert, damit das letztlich als Einheit konzipierte Werk 0 Gestalt annehmen kann. Letztlich sollen bei BMW, wo jetzt schon gut 20 000 Ingenieure forschen, bis 2050 noch einmal 15 000 dazukommen.

Gebäudekomplexe mit einer Bruttogeschossfläche von bis zu 800 000 Quadratmetern werden bis dahin nach den Plänen von Henn Architekten neu errichtet, so groß etwa ist das Stammwerk an der Lerchenauer Straße. Angst vor dem Lieferverkehr rund ums Werk 0 braucht niemand zu haben. "Die Ingenieure im Werk 0 bauen in einem Jahr soviel, wie die Kollegen im Stammwerk in zwei Tagen fertigen", sagt FIZ-Projektchef Markus Baumgartner.

Pläne jenseits des Jahres 2050

Was jenseits der magischen Jahreszahl 2050 geschieht, zeichnet sich allenfalls schemenhaft ab. Klar ist aber, dass die Wachstumsgeschichte enden wird, sollten die von BMW massiv geforderten Verkehrsverbesserungen nicht kommen: allen voran die inzwischen beschlossene Anbindung der Schleißheimer Straße an den Autobahnring A 99. Trotz der politischen Absicht fällt es Baumgartner bei diesem Projekt "schwer, überhaupt Bewegung festzustellen". Aber auch der S-Bahn-Nordring mit Bahnhof vor dem FIZ-Haupteingang und die U-Bahn-Spange zwischen Am Hart und Kieferngarten sind dringend erwünscht.

Diesbezüglich ist Baumgartner guter Dinge, weil Freistaat und Stadt "sehr deutlich positive Signale" gesendet hätten. Den S-Bahn-Halt mit Zugang zum künftigen Haupteingang des Forschungszentrums hat BMW in einer Pressemitteilung im Herbst 2014 zum Ende des Ideenwettbewerbs für den nördlichsten FIZ-Abschnitt einfach schon einmal vorweggenommen.

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