Schmerzensgeld:Lokführerin verklagt 23-Jährige nach Suizidversuch

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  • Eine 23-Jährige Münchnerin wollte sich mit einem Sprung vor die S-Bahn das Leben nehmen. Sie überlebte schwer verletzt.
  • Nun muss sie der Lokführerin Schmerzensgeld bezahlen, da diese seitdem unter einer Posttraumatischen Belastungsstörung leidet.
  • Nach Meinung des Gerichts muss vor einer solchen Tat klar sein, dass dadurch bei Zugführern ein psychischer Schaden verursacht wird.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Mit einem Sprung vor die S-Bahn wollte sich eine junge Münchnerin das Leben nehmen. Sie überlebte schwer verletzt. Nun muss sie der Lokführerin, die den Zug gefahren hatte, Schmerzensgeld bezahlen: Nach Meinung einer Münchner Amtsrichterin muss Menschen vor einer solchen Tat klar sein, dass sie bei Zugführern einen psychischen Schaden verursachen.

Die damals 23-Jährige war im Februar 2012 nach Karlsfeld gefahren und gegen Mitternacht vor eine S 2 gesprungen. Die Eisenbahnerin im Fahrerstand erlitt einen schweren Schock: Sie leidet seitdem an einer Posttraumatischen Belastungsstörung, kann das schreckliche Erlebnis einfach nicht vergessen. Nun klagte sie auf Schmerzensgeld.

Die 23-Jährige litt unter einer psychischen Krankheit

Die 23-Jährige, die unter Betreuung steht, wies das zurück: Sie sei zum damaligen Zeitpunkt nicht in der Lage gewesen, eine freie Willensentscheidung zu treffen, da sie an einer psychischen Krankheit gelitten habe. Der Fall kam vor das Amtsgericht. Die Richterin verurteilte die Beklagte nun zur Zahlung von 1500 Euro Schmerzensgeld.

Im Urteil heißt es, dass die Beklagte durch ihren Suizidversuch bei der Eisenbahnerin eine Körperverletzung verursacht habe. Die mentale Fehlverarbeitung des Unfalls durch die Zugführerin sei eine ganz typische Reaktion auf Unfälle dieser Art und durch das Ereignis ausgelöst. Für die Beklagte sei vorhersehbar und erkennbar gewesen, dass sie bei dem Sprung vor den einfahrenden Zug bei dem Zugführer einen solchen psychischen Schaden verursacht.

Das Gericht war nicht von der Krankheit überzeugt

Die Betreuerin der Beklagten konnte das Gericht von der behaupteten Erkrankung nicht überzeugen. Sie legte nur das Schreiben des behandelnden Arztes vor, wonach ihr Schützling schon 2011 in einer Klinikambulanz war und stationär wegen einer Tablettenvergiftung behandelt wurde. Außerdem habe sie sich selbst mit Rasierklingen verletzt. Die Patientin leide unter einer Borderline-Störung.

Aus Sicht des Gerichts reichte das nicht als Nachweis dafür aus, dass die junge Frau zum Zeitpunkt ihrer Tat so sehr erkrankt war, dass sie keinen freien Entschluss fassen konnte. Daher ging das Gericht davon aus, dass die Beklagte schuldhaft gehandelt hat.

Das Urteil (Az.: 122 C 4607/14) ist rechtskräftig.

© SZ vom 25.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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