Blogs:München ist die deutsche Hauptstadt der Food-Blogger

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Die Freude am Kochen, die Freude am Genuss ist in München offenbar stark ausgeprägt. Wohl ein Grund für die große Zahl an Food-Bloggern in der Stadt. Illustration: Dennis Schmidt (Foto: N/A)

Ein Allerweltsbegriff wie "lecker" käme ihnen nie aus der Tastatur. Für die meisten ist ihr Food-Blog ein Hobby, doch viele betreiben es sehr professionell.

Von Franz Kotteder

Neulich hat die Münchner Plattform Isarnetz, ein Zusammenschluss von Münchner Unternehmen, Startups und Vereinen, wieder ihren lokalen Blog-Award vergeben. Für die Kategorie "Food Blogs" hatten sich doch tatsächlich fast 60 Autoren beworben. Das zeigt: München ist so etwas wie die deutsche Hauptstadt der Food-Blogger, denn so viele digitale Magazine über Essen, Trinken und das Essengehen daheim und auf Reisen gibt es sonst nirgendwo, auch wenn sich Blogs schlecht geografisch abgrenzen lassen.

Food-Blogs sind eigentlich leicht zu machen, denkt sich der Laie: Man geht mit einer teuren Kamera ins Restaurant, fotografiert das Essen, sobald es auf den Tisch kommt, wird vom Geschäftsführer eingeladen, weil man ja berichtet, schreibt dann irgendwas ins Internet und verdient nebenbei einen Haufen Geld mit Werbebannern auf der eigenen Homepage.

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Soweit die Theorie. In der Praxis ist alles ein bisschen komplizierter. Die wenigsten Blogger können tatsächlich von ihrem Blog leben; dazu darf man keine Scheu vor dem Kommerz haben, und ganz ohne Kompromisse geht es auch nicht. Viele wollen aber einfach keine Kompromisse eingehen, weil sie ihren Blog immer noch als Hobby sehen und ihren Anspruch nicht absenken wollen.

Ein Allerweltsbegriff wie "lecker" in Verbindung mit Speisen oder Getränken käme ihnen nie aus der Tastatur. Bei vielen Food-Blogs ist das immer noch anders, aber es gibt eben auch eine ganze Reihe sehr professionell gemachter Online-Auftritte, die den Vergleich mit klassischem Food-Journalismus keineswegs zu scheuen brauchen.

Die Münchner Bloggerin Dorothee Beil zum Beispiel wollte eigentlich immer Köchin werden, hätte diesen Job aber aus gesundheitlichen Gründen gar nicht ausüben können: "Langes Stehen wäre schwierig für mich." So lebt sie ihre Leidenschaft eben am Computer aus, mit ihrem Blog "Bushcooks kitchen", den es bereits seit sechs Jahren gibt. Zuvor war sie in den damals zahlreichen Foren der Plattform chefkoch.de unterwegs, in einer Gemeinschaft von sehr ambitionierten Hobbyköchen.

"Die anderen fanden uns dann irgendwann aber zu arrogant", erzählt sie freimütig, "weil wir gesagt haben: Bruschetta, Lasagne und Tiramisu, das ist noch kein Menü." Vor ziemlich genau sechs Jahren machte sie dann ihren eigenen Blog auf und postet seither mit schöner Regelmäßigkeit vor allem Rezepte: "Ich komme ja vom Kochen, nicht vom Bloggen." Eine schöne Belohnung für sie ist jetzt, dass es Gerichte von ihr von April an auch zwei Monate lang in den ICE-Bordrestaurants zu essen gibt: Die Bahn macht nämlich ein Jahr lang eine Aktion mit Speisen von Bloggern aus ganz Deutschland, und Dorothee Beil darf den Anfang machen.

Der ehemalige Fernsehjournalist Harald Scholl hat seinem Blog "Tellerschubser.de" auch schon eine ganze Reihe von Jobs zu verdanken. Das war aber auch der Grund, warum er damit begann. Denn er arbeitet als Journalist zu den Themen Essen und Trinken, speziell auch zum Thema Wein. "Für die Miete" hat er einen Zweitjob in der Weinhandlung Weinreich in der Isarvorstadt, ansonsten arbeitet er hauptsächlich als freier Journalist, überwiegend für Zeitschriften.

"Der Blog ist für mich ein wunderbares Marketing-Instrument für meinen eigentlichen Beruf", sagt er. Durch den "Tellerschubser" seien schon des öfteren Auftraggeber aus der Branche auf ihn zugekommen. "Das sind dann zum Beispiel große Unternehmen, für deren eigene Blogs ich dann wiederum Beiträge verfassen soll." Wichtig sei es, die eigene Veröffentlichungsplattform regelmäßig zu pflegen, sagt Scholl: "Acht bis zehn Stunden die Woche bin ich damit schon beschäftigt."

Auch Petra Hammerstein gehört zu den Fleißigeren in der Münchner Blogger-Landschaft. Hauptberuflich führt sie das Antiquariat ihrer Familie in der Türkenstraße, und 2010 meinte ihr Freund zu ihr: "Mach' doch einen Blog darüber." Sie fand aber, zehn bis zwölf Stunden Antiquariat am Tag seien genug und lenkte ihren Mitteilungsdrang in Richtung ihrer großen Leidenschaften: kochen, essen und trinken. Ihr Blog "Der Mut anderer" läuft recht gut, pro Tag hat sie etwa 3000 Seitenaufrufe.

Das ist auch ein Pfund, mit dem man wuchern kann, wenn man irgendwo einen Termin haben will bei einem Erzeuger oder einem Restaurant: "Die sehen dann, dass es ihnen auch was bringt, weil mehr Leute als nur ich davon erfahren." Besonders gern kümmert sie sich "um die unpopuläreren Stücke vom Fleisch" in ihrem Blog, etwa den Ochsenschwanz oder den Schweinehalsgrat oder auch den Brustkern. Daraus wird jetzt auch ein ganz klassisches Buch, ein Fleischkochbuch, das im August erscheinen wird. So wächst Digitales und Analoges dann wieder zusammen.

© SZ vom 21.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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